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NS-Zeitzeugin Karla Spagerer bei Anpfiff ins Leben: „Ich spreche gegen das Vergessen.”

Mannheim / Metropolregion Rhein-Neckar

„Ich erinnere mich noch, wie damals in F2 die Synagoge brannte. Und ich wünsche Euch und Eurer Generation, dass ihr nie wieder solche Zeiten erleben müsst.“ Es ist still im Raum, als Karla Spagerer aus der Zeit des Nationalsozialismus erzählt. Die Jugendlichen der U15 vom SV Waldhof Mannheim sind sichtlich gebannt von den Einblicken in das Leben der Mannheimerin. Der Zeitzeugenbericht von Karla Spagerer ist der zweite Teil des Anti-Rassismus-Projekts von Anpfiff ins Leben, das in Kooperation mit dem Fanprojekt Mannheim stattfindet. Unterstützt wurde das Projekt von der GBG Wohnungsbaugesellschaft Mannheim.

Zeitzeugin Karla Spagerer berichtet von ihren Kindheitserlebnissen in der NS-Zeit.

Karla Spagerer ist etwas jünger als die U15-Spieler, die ihr heute gegenübersitzen, als der Zweite Weltkrieg beginnt. „Erst dachte man, Hitler geht vorbei“, sagt sie. Aber dann kam die Machtergreifung und es hätten sich Widerstandsgruppen gegen das Regime der Nationalsozialisten gebildet. Viele ihrer Mitglieder wurden verfolgt, eingesperrt oder, wie die vier Mitglieder der Mannheimer Gruppe um Georg Lechleitner, hingerichtet.

Reichsprogromnacht: Überall braune Uniformen in der Stadt

Die Reichsprogromnacht erlebt Karla Spagerer mit ihren Eltern in der Mannheimer Innenstadt. „Überall waren SA-Männer in ihren braunen Uniformen. Wir sahen, wie sie Möbel, Bilder, Kinderspielsachen, alles auf die Straße warfen. Und wir sahen, wie sie Frauen und Männer abführten.“ Sie seien dann nach F3 zu dem Betrieb gegangen, in dem ihr Vater gearbeitet hat. Doch die beiden Inhaberinnen waren nicht mehr dort. Gegenüber, in F2, brannte die Synagoge.

Unvergessen für die heute 93-Jährige ist auch der Moment als die Gestapo ihre Großmutter, eine überzeugte Kommunistin, verhaftete. „Meine Großmutter war eine herzensgute Frau. Sie war in der Gartenstadt dafür bekannt, dass sie allen Menschen geholfen hat. Dann hat man sie abgeholt, weil sie die anderen nicht verhungern lassen wollte.“ 18 Monate Zuchthaus lautete damals das Urteil für ihre Oma, weil sie Geld und Lebensmittel für die Familien der Widerstandskämpfer gesammelt hatte.

Gespräch mit Jugendlichen ist Karla Spagerer wichtig

Die Jugendlichen hören aufmerksam zu. Das Thema Nationalsozialismus kennen sie natürlich aus der Schule, aber aus erster Hand etwas über die damalige Zeit zu erfahren, ist etwas Anderes. „Am meisten hat mich beeindruckt, die Perspektive von früher zu sehen. Zu hören, dass es so schlimm war. So hat man mehr Respekt davor.“ So wie Philipp geht es auch den anderen in der Runde. Genau deswegen geht Karla Spagerer seit einigen Jahren in Schulen und Vereine und erzählt von der Zeit des Nationalsozialismus – niemals soll diese schlimme Zeit in Vergessenheit geraten.

Ob sie Hitler mal gesehen hätte, möchte einer der Jugendlichen wissen. In Mannheim war Hitler aber nie – „da waren ihm zu viele Sozialdemokraten“, sagt Spagerer, die selbst seit vielen Jahren in der SPD ist. An die Jugendlichen appelliert sie: „Passt auf, hört genau hin. Auch jetzt sind die Rattenfänger wieder unterwegs.“ Deswegen sind für sie die Vereine so wichtig. Dort sei es „egal, ob jemand evangelisch, katholisch oder Moslem ist – es kommt doch auf den Menschen an. Und im Verein knüpft man Freundschaften fürs Leben.“

Rechtsextremismus in Stadien ein Problem

Auch im ersten Teil des Anti-Rassismus-Projekts geht es darum, den Blick für Rassismus und Antisemitismus zu schärfen. Denn dass Rechtsextremismus in Stadien traurige Realität ist, weiß Tilo Dornbusch nur zu gut. Er ist Sozialarbeiter und Referent vom Fanprojekt Mannheim und zeigt den Jugendlichen, wie verbreitet rechtsextreme und rassistische Symbole in vielen Teilen der Fanszene sind. Seinen Vortrag beginnt er mit Beispielen von rassistischen Graffitis und Gesten in Stadien: Ein Spieler wird als Jude dargestellt, nachdem er den Verein gewechselt hat. Jüdische Vorfahren hat der Spieler gar nicht. Das Bild soll vielmehr für den von Teilen der Fans empfundenen „Verrat“ stehen, erklärt Dornbusch.

Auch das Schicksal von Anne Frank wird in der rechten Fanszene häufig missbraucht, sagt der Sozialarbeiter. So sieht man ihr Bild beispielsweise im gegnerischen Trikot. Immer wieder fragt Dornbusch, wie die Jugendlichen die Bilder und Gesten deuten. Von Anne Frank haben sie alle schon gehört und von ihrem Tagebuch, das sie geschrieben hat, als sie sich jahrelang in einer Wohnung vor den Nazis verstecken musste. Am Ende wurde sie doch noch entdeckt und getötet. Mit der Anspielung auf Anne Frank wolle man den Gegner einschüchtern, sagt Dornbusch. „Seht her, was ihr passiert ist. Das passiert Euch auch.“

Aber er hat auch Beispiele, wie Spieler kreativ mit Beleidigungen umgehen. Der Brasilianer Dani Alves hat eine an der Eckfahne liegende Banane einfach gegessen – um danach den Ball im Tor zu versenken. Für U-15-Spieler Memphis ist das genau die richtige Reaktion. „Wenn die so grob dumm sind“, sagt er, müsse man mit Humor antworten. Er selbst versucht es nicht so an sich heranzulassen, wenn ihm Rassismus begegnet: „Ich ignoriere das einfach und versuche ruhig zu bleiben. Am Ende können die doch kein ruhiges Gewissen haben.“ Den Workshop findet er sehr spannend und wichtig, dass das gemacht wird. „Ich habe viel gelernt“, sagt er, auch wenn er aus dem Geschichtsunterricht schon viel über die NS-Geschichte wusste.

Zahlen kann man nicht verbieten, aber der Zusammenhang zählt

„Nazis arbeiten mit Codes und Symbolen“, erklärt Tilo Dornbusch und verteilt Folien mit verschiedenen Beispielen. Jetzt sollen die Jugendlichen erklären, was es damit auf sich haben könnte. Manche sind sehr bekannt – wie die 88, die für den Hitler-Gruß steht. Bei der 14 dagegen herrscht großes Rätselraten. In diesem Fall sind nicht die entsprechenden Buchstaben aus dem Alphabet gemeint, sondern 14 Worte – eine Art rassistisches „Glaubensbekenntnis“, das im englischen aus 14 Wörtern besteht. „Kann man Zahlen verbieten“, fragt Dornbusch in die Runde. „Es könnte ja auch ein Geburtsdatum sein“, sagt Memphis, deswegen sei es schwierig zu verbieten.

Die 88 allerdings darf beispielsweise in Kennzeichen nicht verwendet werden. Ansonsten, so betont Dornbusch immer wieder, kommt es auf den Zusammenhang an, in dem die Zahl verwendet wird. Für Beko sind die meisten Symbole nicht neu, denn er sieht sich häufig Dokumentationen über Fußball und auch über den 2. Weltkrieg an. „Ich will wissen, warum Menschen so ticken“, erklärt er das. Dass es im Verein ein Anti-Rassismus-Projekt gibt, findet er super, denn in der Schule werde zu wenig dazu gemacht. Teamkollege Xanjo sieht das ähnlich: „In der Schule werden die schlimmen Sachen oft nicht erzählt. Es ist aber wichtig, etwas darüber zu wissen – so kann man es weiterreichen.“

Quelle: Anpfiff ins Leben e.V.

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