Frankenthal / Metropolregion Rhein-Neckar.
Ein Vortrag mit zahlreichen Fotos zum Thema „Die Heil- und Pflegeanstalt Frankenthal von 1811 bis 1943“ setzt die Kooperation der Volkshochschule Frankenthal und dem Förderverein für jüdisches Gedenken Frankenthal auch im aktuellen Semester fort.
Referent am Mittwoch, 19. Oktober, 19 Uhr, im VHS-Bildungszentrum, Schlossergasse 10, ist Herbert Baum vom Förderverein. Der Eintritt ist frei.
Zum Beginn des 19. Jahrhunderts sah man die Versorgung psychisch kranker Menschen mehr und mehr als Aufgabe der Medizin an. Seit 1811 nutzte man das Armenhaus in Frankenthal als „erste öffentliche Anstalt zur Verwahrung“ der psychisch kranken Menschen in der Pfalz. Ab 1821 wurde an der „Kreis-Kranken- und Armenanstalt“ Frankenthal eine eigene „Irrenabteilung“ eingerichtet. Die Behandlung sollte dort von Ordnung, Milde, Arbeit und Reinlichkeit geleitet sein. Die Statuten sahen zur Beruhigung von „rasenden“ Kranken aber auch die Zwangsjacke und das Begießen mit kaltem Wasser vor.
Der Vortrag mit zahlreichen Fotos beschreibt die Entwicklung der Anstalt bis zu ihrer Auflösung 1943.
Zwischen 1918 und 1933 („Weimarer Republik“) verbreitete sich in der Medizin die Ansicht, dass viele psychische Leiden ebenso wie sozial abweichende Verhaltensweisen erblich seien. Dies begünstigte ein Denken, das die Isolierung der Kranken forderte. 1932 lag bereits ein Gesetzentwurf zur freiwilligen Sterilisation von „Erbkranken“ vor. Am 14. Juni 1933 verabschiedete das nationalsozialistische Regime das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, das ausdrücklich die zwangsweise Unfruchtbarmachung von Menschen vorsah. Alle Angehörigen von Heil- und Pflegeberufen wurden dazu verpflichtet, als „erbkrank“ angesehene Personen anzuzeigen.
Im Deutschen Reich wurden von 1934 bis 1945 etwa 400.000 Menschen „im Namen des Volkes“ zwangssterilisiert, davon 425 Patienten aus der Heil- und Pflegeanstalt Frankenthal und der Region. Dafür verantwortlich war das hiesige Erbgesundheitsgericht.
Die „Generalermächtigung“ vom 1. September 1939 erlaubte die Euthanasie: „Dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann“. Durch verschiedene Aktionen wurden in Deutschland und den besetzten Gebieten bis 1945 etwa 200.000 bis 300.000 Menschen ermordet.
Bomben zerstörten im September 1943 den größten Teil der Frankenthaler Anstalt. Heute befindet sich auf dem Gelände die Augustin-Violet-Schule (Pfalzinstitut für Hören und Kommunikation).
Foto: Das Krankenhaus der Heil- und Pflegeanstalt Frankenthal wird heute als Schulgebäude genutzt. (Foto: Stadtarchiv Frankenthal)
Quelle Text H.Baum