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Heidelberg – Diskriminierung eines Schwerbehinderten? Verfahren nach Kündigung während einer Erkrankung mit Vergleich beendet

Edingen-Neckarhausen / Heidelberg – In einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Mannheim – Kammern Heidelberg – ging es am Dienstag um Fragen der Abfindung und Diskriminierung eines schwerbehinderten Elektrofachmonteurs, der während einer Erkrankung gekündigt worden war.

A. arbeitete im vergangenen Jahr als Elektronik-Facharbeiter in der Elektromontage für einen Personaldienstleister aus der Metropolregion Rhein-Neckar. Nach rund einem halben Jahr erkankte A. an einer Lungenentzündung, ging zunächst jedoch weiter arbeiten und wurde im November dann langfristig krankgeschrieben. Der arbeitgebende Personaldienstleister kündigte ihm während seiner Krankschreibung.

Die Kündigung wurde im Februar zunächst fristlos und ersatzweise ordentlich zum 15.02.2023 ausgesprochen.

Dagegen ging A. mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht vor. A. klagte gegen die Kündigungen und verlangte zudem Schadensersatz wegen Diskriminierung.

Aus A.s Sicht, war der Kündigungsgrund, dass er zu Beginn seiner Arbeitstätigkeit nicht angegeben hatte, dass er als Dialysepatient, seit seinem 8. Lebensjahr, als 100% schwerbehindert gilt.

Er machte geltend, dass er die Schwerbehinderung nicht angegeben habe, da er Diskriminierung fürchtete und rechtlich dazu nicht verpflichtet gewesen sei, seine Schwerbehinderung bei der Bewerbung anzugeben. Auch habe er ein halbes Jahr ohne Einschränkungen arbeiten können. Der Arbeitgeber sah darin eine arglistige Täuschung und sprach die fristlose Kündigung aus, der die ordentliche Kündigung folgte. Die für die Krankschreibung verantwortliche Erkrankung stehe nicht in Zusammenhang zum Grund seiner Schwerbehinderung, stellte A. klar.

Zudem sei der Arbeitgeber unter dem Vorwand ein “Genesungsgeschenk” vorbeizubringen zur Kontrolle der Krankschreibung zu A. nach Hause gekommen und habe sich als “Postbote” an der Klingel ausgegeben.

Laut A., der sich vor Gericht selbst vertrat, habe der Arbeitgeber ihm wegen seiner Schwerbehinderung gekündigt, nachdem dieser von ihm selbst davon erfahren hatte. Er weigerte sich seinen Schwerbehindertenausweis dem Arbeitgeber vorzulegen.

Sein Arbeitgeber wiederum machte geltend, dass A. durch die Nichtvorlage des Schwerbehinderten-Ausweises als normaler Arbeitnehmer gegolten und damit Ausgleichszahlungen wegen der gesetzlichen Regelung zur Schwerbehindertenquote fällig geworden seien. Diese entsprächen in etwa dem Betrag von 2500 € Mehrkosten im Laufe des Arbeitsverhältnisses. Man wundere sich, warum A. seinen Schwerbehindertenausweis nicht vorlegen wolle, zog aber dessen Schwerbehinderung nicht in Zweifel.

Vor der Kammer des Arbeitsgerichts wurde die Sache mehrfach verhandelt.

Die vorgeschlagenen Vergleiche wurden von A. zunächst abgelehnt, da diverse Punkte des vorgelegten Angebots des Arbeitgebers deutlich von seinen Vorstellungen abwichen. Zudem sei aus seiner Sicht der Diskriminierungsfaktor der Kündigung nicht ausreichend berücksichtigt worden.

In einem letzten Termin wurde die Sache dann am 25. Juli 2023 erneut vor Richter Obst und den ehrenamtlichen Richtern Langer und Straub am Arbeitsgericht verhandelt.

Hierbei gingen beide Parteien letztlich aufeinander zu.

A. machte deutlich, dass ihm diverse Punkte des vorangegangenen Einigungsversuches nicht zufriedenstellten. Es habe u.a. Diskrepanzen zur Höhe der Abfindung, da Brutto und Netto nicht entsprechend unterschieden worden seien und Unklarheiten zur Zahlung von Urlaubstagen und Überstunden gegeben. Darüberhinaus wollte A. Schadensersatz wegen Diskriminierung. Hierzu hatte er allerdings noch keinen rechtsgültigen Antrag gestellt, wie Richter Obst feststellte.

Für A. sei die Situation zuletzt besonders schwierig gewesen, da er aufgrund des schwebenden Verfahrens keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hatte und auch kein neues Arbeitsverhältnis beginnen konnte.

Zunächst stellte Richter Obst fest, dass die ordentliche Kündigung zum 15.2.2023 wirksam sei, da nachweislich betriebsbedingt. Die fristlose Kündigung sei hingegen ungültig.

Das Arbeitsverhältnis verlängerte sich durch die fortdauernde Krankheit noch bis zum 30.6., dem letzten Tag der Krankschreibung. In dieser Zeit erhielt A. auch entsprechendes Krankengeld.

Der Richter wies A. darauf hin, dass er sich vermutlich einem mehrinstanzlichen und langwierigen Rechtsstreit gegenüber sehe, wenn er das von ihm ins Auge gefasste Verfahren wegen des Diskriminierungsvorwurfes durchsetzen wolle und wirkte zudem auf den beklagten Arbeitgeber ein, A. nochmals etwas großzügigier entgegenzukommen. Er machte beiden Parteien zudem die Sinnhaftigkeit eines abschliessenden Vergleichs klar.

Nach Erörterung zwischen Richter Obst, der Klägerpartei A. und dem Rechtsanwalt des beklagten Personaldienstleisters, fand sich dann ein Kompromiss, dem beide Parteien zustimmten:

A. erhält eine Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts, brutto 2500 €, zudem erhält er die fälligen Urlaubstage und geleisteten Überstunden aus der Zeit seines Arbeitsverhältnisses bis zum 15.2.2023 erstattet. Desweiteren wird ihm der Arbeitgeber ein gutes Arbeitszeugnis ausstellen. Im Gegenzug verzichtet A. auf weitere Klagen wegen Diskriminierung und der Arbeitgeber auf die Einforderung von Schadensersatz wegen der Mehrkosten des Schwerbehindertenausgleichs. Das Arbeitsverhältnis ist offiziell zum 30.6. beendet und der Rechtstreit damit beigelegt.

Inwiefern seitens des Arbeitgebers letztlich eine Diskriminierung gegen den Schwerbehinderten A. vorlag, wurde im Rahmen des Gerichtstermins nicht mehr genauer erläutert und ist mit der Zustimmung beider Parteien zu dem Vergleich auch nicht mehr massgeblich.

Für beide Parteien ergeben sich aufgrund des Vergleichs keine Gerichtskosten, die bei einem richterlichen Urteil angefallen wären.

Anwalt Dr. Gaa, Vertreter der beklagten Firma, zeigte sich über die Beilegung des Rechtsstreits, der viel Korrespondenz beinhaltete, weitestgehend zufrieden: “Dieser Vergleich ist von großem Wohlwollen des Arbeitgebers getragen, im Hinblick auf eine gütliche Beilegung des Arbeitsverhältnisses.”, sagte er und betonte, dass sein Mandant, der Arbeitgeber, aus seiner Sicht, dem ehemaligen Arbeitnehmer A. sehr entgegengekommen sei.

Für A. bedeutet der abschliessende Vergleich, dass er neben den bereits genannten Punkten jetzt auch wieder die Möglichkeit hat, ein neues Arbeitsverhältnis zu beginnen und bis dahin Arbeitslosenhilfe rückwirkend zum 1. Juli erhalten kann. Er zeigte sich zwar nicht ganz glücklich mit dem Vergleich, allerdings froh darüber, dass die Sache nun beendet sei: “Ich finde den Vergleich zwar nicht ganz angemessen, gleichzeitig ist dies jedoch endlich ein Schlussstrich und ermöglicht mir, wieder in die Zukunft voranzugehen.”, sagte er.

(Verfahren: Arbeitsgericht Mannheim – Kammern Heidelberg – AZ 10CA 39/23)

Text und Bild: Raphael Ebler

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