Neustadt / Speyer / Metropolregion Rhein-Neckar.
Das Betreten von Pausenräumen für Prostituierte in einer Prostitutionsstätte durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu den üblichen Geschäftszeiten zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften ist rechtlich zulässig. Das hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. in einem am 26. Januar 2023 verkündeten Urteil entschieden.
Die Klägerinnen betreiben eine Prostitutionsstätte in Speyer, die neben zehn Arbeitszimmern zur Erbringung sexueller Dienstleistungen, einem Lagerraum, drei Bädern und zwei Empfangsräumen auch einen mittels Vorhang und Tür abgetrennten und als „Privat“ gekennzeichneten Sozialraum mit Küche und Wintergarten sowie 11 Ruheräume und ein großes Bad für die Prostituierten und sonstigen Beschäftigten umfasst. Bei einer Routinekontrolle zur Überwachung der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften am 13. Juni 2022 betraten Mitarbeiter der beklagten Stadt Speyer auch diese als „Privat“ gekennzeichneten Räumlichkeiten, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, ob dies mit Erlaubnis einer Mitarbeiterin der Klägerinnen geschah. Dies halten die Klägerinnen für rechtswidrig, da die Beklagte bei den Kontrollen im Rahmen ihrer Überwachungspflichten auf den „konzessionierten Bereich“, d.h. den auch für Kunden zugänglichen Bereich, in dem sexuelle Dienstleistungen erbracht werden, beschränkt sei. Das Betreten der als „Privat“ gekennzeichneten Räumlichkeiten stelle indes eine Verletzung ihres Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz dar. Dem trat die Beklagte insbesondere unter Berufung auf die seitens einer Mitarbeiterin der Klägerin erteilte Erlaubnis zum Betreten der Räumlichkeiten entgegen.
Die 4. Kammer des Gerichts wies die Klage mit folgender Begründung ab:
Auch Aufenthalts- und Ruheräume für Prostituierte und sonstige Beschäftigte stellten Geschäftsräume dar, zu deren Betreten die Beklagte im Rahmen ihrer Überwachungspflichten berechtigt sei. Geschäftsräume seien nicht nur öffentlich bzw. für Kunden zugängliche Räume, sondern alle abgeschlossenen Räumlichkeiten, die jedenfalls überwiegend und für eine gewisse Dauer für gewerbliche, wissenschaftliche, künstlerische und ähnliche, nicht notwendig auf Erwerb gerichtete Geschäfte benutzt würden. Dafür, dass darunter auch die als „Privat“ gekennzeichneten Räumlichkeiten der Klägerinnen zu fassen seien, spreche bereits der Umstand, dass schon die Erlaubnis zum Betrieb der Prostitutionsstätte auf den Grundrissplan des Betriebs verweise und dabei keine Unterscheidung zwischen einem „Privatbereich“ und einem Geschäftsbereich treffe. Auch kenne weder das Prostituiertenschutzgesetz noch die Gewerbeordnung einen Unterschied zwischen einem konzessionierten und einem nicht konzessionierten Bereich. Darüber hinaus sei die Vorhaltung von Ruheräumen zum Betrieb einer Prostitutionsstätte verpflichtend und bei dem Antrag auf Erlaubniserteilung nachzuweisen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Mitarbeiter der Beklagten diese Räumlichkeiten zu einem anderen Zweck als dem der gewerberechtlichen Überwachung betreten hätten. Vor diesem Hintergrund stelle das Betreten der Räume der Prostitutionsstätte auch keinen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung dar. Zwar unterfielen auch reine Betriebs- und Geschäftsräume diesem Grundrecht, ein – grundsätzlich dem Richtervorbehalt unterliegender – Eingriff liege aber dann nicht vor, wenn Kontrollbehörden diese auf Grundlage einer konkreten Ermächtigungsgrundlage zu den üblichen Geschäftszeiten lediglich zu dem Zweck der Überwachung betreten würden.
QUelle:
Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 26. Januar 2023 – 4 K 602/22.NW