unsplash.com unsplash.com/@sctgrhmLudwigshafen / Metropolregion Rhein-Neckar – In Deutschland werden Jahr für Jahr hunderte Milliarden Euro vererbt. Das Vermögen der älteren Generation in Form von Immobilien, Barvermögen, Edelmetallen oder sonstigen Wertanlagen geht in der Regel an die nächsten Verwandten über. Allerdings üben große Vermögen immer wieder einen besonderen Reiz auf Personen aus, die eigentlich nicht oder nicht im gewünschten Umfang erbberechtigt sind. So kommt es regelmäßig zu versuchen, sich das Vermögen durch Betrug oder Manipulation anzueignen. Das Wort Erbschleicherei ist fast schon ein beschönigender Ausdruck für eine Verhaltensweise, die in den meisten Fällen den Tatbestand einer Straftat erfüllt.
Die Rechtslage:
Die Erbschleicherei wird hauptsächlich durch zwei Faktoren begünstigt. Zum einen sind die rechtlichen Gegebenheiten in Deutschland so, dass eine sogenannte Testierfreiheit herrscht. Der Erblasser kann also in seinem Testament seinen freien Willen zum Ausdruck bringen, wer erben soll. Es gibt nur wenige Grenzen dieser freien Willensäußerung wie zum Beispiel die Berücksichtigung von Pflichtteilsansprüchen oder das sogenannte Heimgesetz, in welchem untersagt ist, dass Bedienstete von Alten- oder Pflegeheimen im Testament eines Bewohners bedacht werden dürfen. Zum anderen wird die psychologische Karte gespielt und aus der Tatsache Nutzen gezogen, dass viele ältere Menschen wenig Kontakte haben und aufgrund ihrer Einsamkeit besonders schnell Vertrauen zu Personen fassen, die es vermeintlich gut mit ihnen meinen.
Erbschleicherei selbst ist im Gesetz nicht bekannt. Allerdings kommen verschiedenen Straftaten wie Betrug, Urkundenfälschung oder Nötigung als Straftaten in Betracht, die alle mit dem Ziel verübt werden, sich in das Testament des Erblassers quasi hinein zu manipulieren. Das Hauptproblem, mit dem sich die nächsten Verwandten in solchen Fällen konfrontiert sehen, ist die Beweislast. Zwar können die schlimmsten Auswüchse von Betrug, wie beispielsweise das Fälschen des Testaments relativ einfach anhand eines Schriftgutachtens von Experten erkannt werden, doch nicht immer ist die Sachlage so eindeutig. Dennoch gibt es verschiedene Möglichkeiten, potenzielle Fälle von Erbschleicherei rechtzeitig zu erkennen, damit entsprechende Handlungsmaßnahmen ergriffen werden können.
Wie erkennt man Erbschleicherei?
Wenn auffällt, dass sich ältere Personen plötzlich zurückziehen und einen allzu vertrauten Umgang mit Betreuungspersonen wie Haushaltshilfen oder entfernten Verwandten, die plötzlich auftauchen, pflegen, sollten die Alarmglocken schon anfangen, leise zu erklingen. Oft verstehen die Erbschleicher es vortrefflich, die eigentlich Erbberechtigten zu diskreditieren und sich selbst als hilfsbereite Betreuer zu positionieren. So entsteht oft eine emotionale Abhängigkeit. Es ist also wichtig, die Augen offen zu halten und genau zu beobachten, wer sich im Umfeld des möglichen Opfers aufhält. Auch wenn ein Testament keinen besonderen Formvorschriften genügen muss, ist es sinnvoll, dieses im Beisein eines Notars aufzusetzen und damit einem potenziellen Betrug zuvor zu kommen. Auch ein sogenanntes Ehegattentestament, welches dem überlebenden Ehepartner das Alleinerbe sichert, kommt in Betracht. Für den länger lebende Ehepartner werden Schlusserben eingesetzt. Dieses Testament kann nachträglich nicht mehr abgeändert werden und schützt somit besonders vor späteren Betrugsversuchen.
Sollte es dennoch dazu kommen, dass ein Testament vorliegt, welches Anlass zum Verdacht der Erbschleicherei gibt, kann dieses unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden. Es ist möglich, die Testierfähigkeit des Erblassers aufgrund Krankheit oder Alter in Zweifel zu ziehen und damit das Testament für ungültig erklären zu lassen. Aber auch hier besteht eine Beweispflicht seitens der Kläger, welche in der Regel nur mit Hilfe eines ärztlichen Gutachtens erbracht werden kann.