Worms / Metropolregion Rhein-Neckar – OB Kissel zur aktuellen Diskussion um die Zukunft des „unbequemen“ Bismarck-Denkmals und mit Vorschlag für neues Kulturprojekt im Jahr 2015.
Der bereits in der Vergangenheit geführten, kontroversen Diskussion um die Frage, ob das Bismarckdenkmal in Worms wieder aufgestellt werden soll oder nicht, gab der bundesweite Denkmaltag am vergangenen Sonntag neuen Nährboden. Und das Motto hätte nicht treffender sein können im Hinblick auf dieses „unbequeme“ Zeitzeugnis, das seit Jahren im Andreasstift aufbewahrt wird. Bismarck hat Patina angesetzt und die Zukunft des in Bronze geformten ehemaligen „eisernen“ Reichskanzlers ist noch ungewiss.
Zur wieder aktuell aufgeflammten Diskussion um den alten Bismarck meldet sich nun auch Oberbürgermeister Michael Kissel zu Wort und verleiht der Wiederaufstellungsfrage aus kulturpolitischem Blickwinkel eine neue Betrachtungsweise. „Zur Wiederaufstellung eines politisch motivierten Denkmals, das dem öffentlichen Raum entzogen war, bedarf es eines erneuten politischen Entscheidungsprozesses. Daher gibt es bei Dissens – und das könnte im Fall Bismarck erneut der Fall sein – im Grunde nur die Möglichkeit, es nicht mehr aufzustellen oder aber die Aufstellung zu kommentieren, zu bearbeiten, und zwar dem Denkmal angemessen in Art, Größe und Vermittlung“, verdeutlicht OB Michael Kissel die beiden aus seiner Sicht in Betracht zu ziehenden Varianten.
Und OB Kissel stellt zugleich einen konkreten Vorschlag zur Diskussion: Bismarcks (1815 – 1898) Gegenspieler in der Zeit der Sozialistengesetze (22.10.1878 bis 30.9.1890) war der SPD-Vorsitzende August Bebel (1840 bis 1913), auch “Gegenkaiser” oder “Arbeiterkaiser” im Volksmund genannt. Der Mitbegründer der SDAP von 1869 war 1890 nach der Entlassung Bismarcks und dem Ende der Sozialistengesetze einer der beiden SPD-Vorsitzenden – ab 1890 firmierte die SDAP als SPD.
„Es würde daher Sinn machen, einem wieder aufgestellten Bismarckdenkmal (Büste und Kopf) ein neues Bebeldenkmal gegenüberzustellen und das Ganze als heutigen Denkmalentwurf zu platzieren. Ein geeigneter Ort dafür könnte z. B. der Platz am Eingang des Kiautschau (Alicestraße) und dem Beginn der benachbarten Bebelstraße sein“, so die Überlegung von Michael Kissel.
Das Kiautschau stehe für die paternalistische Sozialpolitik Bismarcks, wie sie mit einer hessischen Variante in Worms vom Lederindustriellen von Heyl vertreten wurde, dem maßgeblichen Motor für die Arbeitersiedlung Kiautschau. Die Bebelstraße erinnere direkt an Bebel und damit an die von 1878 bis 1890 verbotene Sozialdemokratie und ihre Verwurzelung in der Wormser Arbeiterschaft, beleuchtet Kissel die Zusammenhänge.
Als Termin für eine Wiederaufstellung des Bismarckdenkmals wurde jetzt sein 200. Geburtstag im April 2015 vorgeschlagen. „Das wäre durchaus auch ein geeigneter Termin für ein “Bismarck trifft Bebel”-Denkmal, denn Bebel würde am 22.2.2015 seinen 175. Geburtstag feiern und am 30.9.1890, also 125 Jahre zuvor, wurden die Sozialistengesetze aufgehoben“, sieht der Wormser Oberbürgermeister das Jahr 2015 als geeignet an für ein solches denkbares “Bismarck trifft Bebel”-Projekt, das unter Federführung von Kulturkoordinator Volker Gallé und unter Einbindung des Kulturbeirates geplant und organisiert werden könnte.
Allerdings seien diese Überlegungen zunächst mit der Denkmalpflege und dem Altertumsverein eingehend zu erörtern und im Kulturausschuss zu beraten, erklärt OB Kissel, der bei positivem Signal die weitere Behandlung und Beschlussfassung dieses Projekts im Haupt- und Finanzausschuss sowie im Stadtrat anstrebt.