Ludwigshafen / Metropolregion Rhein-Neckar – Langstielige Blumen mit kreisrunden Blüten wachsen seit kurzem aus dem flachen Betonsockel vor der Polizeiinspektion 2 (PI 2) in Ludwigshafen-Oppau. Die hohen Stiele und verschieden geneigten Blüten sind allesamt aus Edelstahl, die Blütenköpfe sind mit roter und oranger Folie überzogen. Was tagsüber als bunte Tupfer vor dem Po li zei gebäude wahrgenommen wird, wirft in der Dämmerung und des Nachts das Licht zurück in Richtung der Lichtquelle. Das Geheimnis liegt in der Verwendung retroreflektierender Folien, wie sie auch bei Strassenschildern oder auf Schutzkleidung verwendet werden. „Katzenaugen-Feld“ heisst das Kunstwerk der in Ludwigshafen geborenen und in Berlin lebenden Künst lerin Anke Mila Menck. Mit dem Titel bedient sie sich einer heute eher ungebräuchlichen, uns noch aus Kindertagen bekannten Bezeichnung für die sen magischen Effekt. Mit einem Entwurf der Skulptur gewann Anke Mila Menck den Reali sierungswettbewerb für die Kunst am Bau der PI 2 und überzeugte die Jury unter anderem durch den freundlichen Bezug zu den Aufgaben der Polizei. „Kunst am Bau ist ja weder allein für die Kunst, noch allein für den Bau gemacht. Sie ist für alle, die dort arbeiten, hingehen oder vorbeikommen. Im besten Fall kann die Kunst dazu beitragen, einen Ort mit anderen Augen zu sehen, als es der Arbeitsalltag oder der notwendige Polizeibesuch erlauben“, so Anke Mila Menck. Man kann der Künstlerin hier durchaus ein Augenzwinkern unterstellen, spielt doch das „Katzenaugen-Feld“ mit einigen für diesen Ort spezifischen Grenzziehungen und Gegensatzpaaren – räumlich wie inhaltlich:
Mit der pflanzlichen Form wird ein klarer Bezug zu den angrenzenden land wirtschaftlichen Flächen gesetzt, während das Folienmaterial durch seine Herkunft auf den vorbeifliessenden Verkehr verweist. So kennzeichnet Menck zugleich den für diesen Ort prägnanten Übergang von Stadt zu Land. Sie nimmt Vorhandenes auf und arbeitet das Spezifische des Ortes nuanciert heraus. Mencks Arbeit markiert auch die Grenze von Tag und Nacht. Nachts sind die Stiele unsichtbar und nur die Blüten strahlen das einfallende Licht zurück. Die Folien kom men zum Einsatz, üblicherweise sorgen sie für Sicherheit. Vor den Türen der Polizei weist das „Katzenaugen-Feld“ dadurch auf zwei mit der Nacht einhergehende qualitative Veränderungen hin: Da ist zum einen unser Bedürfnis nach Sicherheit – oder unser “Katzenaugen-Feld”, 2010 subjektives Gefühl der Unsicherheit – das in der Nacht besonders stark ausgeprägt ist.
Zum anderen haben es auch die Polizisten nachts mit ganz anderen Einsätzen zu tun als am Tage. Der Künstlerin gelingt es hier auf besondere Weise, diese beiden Aspekte in Einklang zu bringen. Die Arbeiten von Anke Mila Menck lassen sich vielleicht am besten als ein Dreiklang aus spie lerischer Abstraktion, konkreter Plastik und einem Purismus beschrei ben, wie er in der Arbeit „Chanson des Jumelles“ aus dem Jahr 2006 zum Ausdruck kommt, einem schwarzen Quadrat aus über 20.000 Legosteinen und mit einer Breite und Höhe von zweieinhalb Metern bei einer Tiefe von nur einem Zentimeter (s. Abb.)
Mit dem „Katzenaugen-Feld“ verläßt Menck diesen Weg nur unwesentlich, indem sie die Arbeit durch eine zwar abstrahierte aber doch klar erkennbare Pflanzenform aus Stängel und Blüten kopf für unsere Betrachtungen öffnet. Ihre Kreis- und Linienformen ergeben ein Bild größtmöglicher Klarheit. Eine Klarheit, die sich in den verwendeten Materialien Stahl und Beton fortsetzt.
Auf ganz andere Weise – sozusagen innerhalb des Systems Kunst – ist da auch wieder das erwähnte Augenzwinkern: Man mag Edelstahl ja für ein äußerst robustes Material halten. Im öffentlichen Raum aber sind Mencks Blumen von einer Fragilität, wie man sie sich als Künstler wohl nur unter den Augen der Polizei erlauben kann. Anke Mila Menck, 1973 geboren in Lud wigs hafen, aufgewachsen in Wachenheim an der Weinstrasse, studierte an der Hochschule der Bildenden Künste Saarbrücken, zuletzt als Meister schülerin von Prof. Christina Kubisch.
Seit 1999 zahlreiche Gruppen- und Einzelausstellungen, u.a. im Kunst verein Ludwigshafen (2003, 2008; G), in der Stadtgalerie Saar brücken (2006; E), im Georg-Kolbe-Museum Berlin
(2007; G), im Kunstverein Bochum (2008; E/G), im Kunstverein Viernheim (2009; E), im Arp Museum Bahnhof Rolandseck (2010; G) sowie Arbeits stipendien im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf (2007) und im Künstler dorf Schöppingen (2010). Anke Mila Menck lebt und arbeitet in Berlin. Weitere Informationen/Kontakt www.ankemilamenck.de “Chanson des Jumelles”, 2006