Mannheim / Metropolregion Rhein-Neckar – Etwas mehr als ein Jahr ist die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise nun alt, und während mancherorts schon wieder von ersten Aufschwungsignalen gesprochen wird, trifft sie die Kommunen erst in den kommenden Jahren mit voller Härte. Auch Mannheim ist dabei keine Ausnahme.
Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz hat deshalb am Mittwoch, 14. Oktober, eine Bürgerversammlung zur Mannheimer Haushaltssituation einberufen. „Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger fundiert informieren, ihnen eine Grundlage zur eigenen Meinungsbildung geben und die Pläne der Stadtverwaltung für die nächsten Jahre vorstellen“, erläutert der Oberbürgermeister die Beweggründe. Außerdem sei es ein erklärtes Ziel, die Bürger generell stärker einzubeziehen.
Erster Bürgermeister und Kämmerer Specht fand gleich zu Beginn der Veranstaltung deutliche Worte: „Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise ist auch in Mannheim mit voller Wucht angekommen: Wir verzeichnen derzeit einen historischen Einnahmeeinbruch um 6,1 Prozent – oder 26,7 Millionen Euro – bei den Steuereinnahmen für das Gesamtjahr 2009!“ Zum Vergleich: einen ähnlichen Konjunktureinbruch gab es nur zur Zeit der Großen Depression in den Dreißiger Jahren.
2009 steht Mannheim dennoch besser da als viele andere Kommunen. Seit 2006 wurden keine neuen Schulden mehr gemacht, sondern Jahr für Jahr die Kämmereischulden reduziert – um insgesamt 73,6 Millionen Euro, beziehungsweise mehr als 14,1 Prozent. Und bereits im Mai hat die Stadtverwaltung Sofortmaßnahmen auf den Weg gebracht und die Haushaltsreste des Jahres 2008 überprüft, so dass 2009 auch ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden kann. Mannheims Wirtschaft ist wegen ihres breiten Branchenmixes weniger krisenanfällig als andere Standorte. Dennoch erwartet der Kämmerer einen weiteren Rückgang der Einnahmen, vor allem bei der Gewerbesteuer: „Wir haben die Talsohle bei den Steuereinnahmen noch nicht erreicht: Für 2010 gehen wir derzeit von einem weiteren Rückgang der Steuereinnahmen um insgesamt 9,9 Prozent auf dann 376,3 Millionen Euro aus“, so Specht.
„Dazu kommen steigende Sozialausgaben auf Grund steigender Arbeitslosigkeit, höhere Personalkosten durch die Tarifabschlüsse der vergangenen Jahre und anstehende Investitionen vor allem in den Bildungs- und Betreuungsbereich“, ergänzt der Experte aus den Bereichen Kommunalwirtschaft und Kommunalfinanzen, Prof. Dr. Martin Jungkernheinrich, von der Technischen Universität Kaiserslautern. Dabei sei eine mögliche Unterstützung durch Bund und Länder derzeit noch nicht klar; vielmehr müsse man in der aktuellen Situation mit einem weiteren Rückgang der staatlichen Zuwendungen rechnen.
Die von der Stadt Mannheim geplanten Investitionen im Rahmen des Konjunkturpakets und die Investitionen im Bereich Bildung kommen trotzdem zur richtigen Zeit. „Eine antizyklische Investitionspolitik ist ein notwendiger Impulsgeber für die regionale Wirtschaft. Davon wird die Kommune dann in der Zukunft profitieren“, ist Gerhard Stratthaus, Finanzminister a.D. und Mitglied des Leitungsausschusses der Finanzmarktstabilisierungsanstalt, überzeugt.
Für Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz ist ein klares Investitionskonzept ein wichtiges Instrument in der Krise. „Investitionen in Bildung und Betreuung sind Investitionen in die Zukunft. Zukünftige Sozialausgaben können gesenkt werden und die Stadt wird für Familien interessanter – das hat auch positive Effekte auf die Wirtschaft“, erläutert der Oberbürgermeister. Allerdings müsse ganz genau geprüft werden, wo effizient investiert werden könne. Einschnitte bei anderen Investitionen, gezielte Ansatzkürzungen bei den laufenden Ausgaben sowie die Ausschöpfung „klassischer“ Finanzierungsinstrumente wie Entnahmen aus Rücklagen wie auch Neuverschuldung seien unumgänglich.
„Um die Kommunen in der nahen Zukunft in die Lage zu versetzen, genehmigungsfähige Haushalte zu beschließen, müssen die Bedingungen angepasst werden“, formuliert Kurz seine Erwartungen an Bund und Land. Schnelle Entscheidungen für eine wirksame Entlastung bei den steigenden Sozialausgaben und beim Ausbau der Kinderbetreuung sowie die Weiterentwicklung des Finanzausgleichs seien unumgänglich. „Funktionierende Kommunen sind gerade in der Krise entscheidend. Wir werden in Mannheim alles dafür tun, unsere Handlungsfähigkeit zu erhalten und auszubauen, um die Herausforderungen der Krise zu meistern.“