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Worms – Arminius ist Geschichte, Siegfried Literatur

Worms / Rhein-Neckar – Der 2000. Jahrestag der Varusschlacht im Jahre 9 n. Chr. hat es nahe gelegt, im Kulturprogramm der Nibelungenfestspiele eine Tagung zur nach wie vor populären These von Arminius als historischem Vorbild Siegfrieds anzubieten. Die gut besuchte Veranstaltung im Rathaus der Stadt Worms entzauberte die These mit wissenschaftlicher Akribie und überzeugenden Alternativen. Prof. Mertens (Freiburg) wies nach, dass die antiken Autoren, die von Arminius und der Varusschlacht erzählen wie Tacitus, der ihn als „Liberator Germaniae“ stilisierte, im Mittelalter nur in wenigen Handschriften überliefert waren – Arminius nahmen die Chronisten des 9. bis 13. Jahrhunderts gar nicht wahr. Erst die Wiederentdeckung der Antike durch die Humanisten im 15. und 16. Jahrhundert und die antirömische Wendung der Reformation zu einer deutschen Identität begründeten die moderne Arminiusrezeption. Die anonymen Autoren der mittelalterlichen Heldenepik wussten von Siegfried, nicht aber von Arminius. Dr. Losemann (Marburg) beschrieb, wie im 19. und 20. Jahrhundert aus dem deutschen Hermannmythos ein antifranzösischer Gründungsmythos des Kaiserreichs von 1870/71 wurde, der auf der Propaganda der preußischen Befreiungskriege gegen Napoleon aufbaute. Insofern kann man auch von einem norddeutsch-protestantischen Mythos reden, der vor allem die lokalpatriotische „Niedersachsenideologie“ bis in die Gegenwart speist. Im Nationalsozialismus konkurrierte der Germanenmythos mit der von Hitler bevorzugten Anlehnung an den römischen Imperialismus. Das sei kein Wunder, führte Volker Gallé (Worms) aus, denn der in der Aufklärung von Montesquieu entwickelte Begriff deutscher Freiheit sei – schon von Tacitus her – durchweg republikanisch, der moderne Nationalismus in Deutschland aber caesarisch zu verstehen. Gallé erzählte zudem die Geschichte der Arminius-Siegfried-These von Mone (1830) und Giesebrecht (1837) über Höfler (1959/78) bis hin zu Spiegel und Terra-X. Auch wenn es Namen mit der anlautenden silbe sig- in der cheruskischen Fürstensippe gegeben habe, kenne man den germanischen Namen des Arminius nicht und der Name Siegfried tauche erst in Quellen des 7. Jh. auf. Der Stammesname der Cherusker könne überzeugender von heru (Schwert) wie von cherut (Hirsch) abgeleitet werden. Die Hirschsymbolik der Siegfriedfigur, in der der Jäger im Wald zum Gejagten werde, sei ein altes mythisches Motiv, das man bereits in der griechischen Sage finde. Kurz und gut: Siegfried ist eine mythisch-literarische Figur, Arminius eine historische Figur. Dass man Siegfried aus propagandistischen Zwecken politisiert habe, z.B. in Bismarck als Schmied der deutschen Einheit und Arminius mythisiert als Vaterfigur einer germanisch-deutschen Ahnenreihe, ändere an dieser durchaus verschiedenen Geschichte gar nichts. Ende des Jahres soll im Worms-Verlag eine Dokumentation der Tagung mit dem vollen Text der drei Vorträge erscheinen.
 

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