Mannheim – Gemeinsam gegen AIDS

Mannheim / Metropolregion Rhein-Neckar –  Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember – Bis zum 1. September 2009 wurden dem Robert Koch Institut (RKI) für das Jahr 2008 insgesamt 2.838 neu diagnostizierte HIV-Infektionen gemeldet. Gegenüber dem Jahr 2007 mit 2774 Neuinfektionen ist somit nur eine minimale Veränderung bei der Gesamtzahl der HIV-Neudiagnosen festzustellen. Für das Jahr 2009 werden ähnliche Zahlen prognostiziert. Der seit dem Jahr 2001 (1443 Neuinfektionen) beobachtete starke Anstieg der HIV-Neudiagnosen hat sich damit erfreulicherweise etwas verlangsamt. Nach wie vor jedoch nimmt, trotz eines relativ hohen Informationsgrades über Risiken und Schutz, das Gefahrenbewusstsein ab, obwohl das Risiko einer Infektion eher zunimmt. Insbesondere im Bereich „Männer die Sex mit Männern haben“ (MSM) liegt die Zahl der Neudiagnosen weiterhin auf sehr hohem Niveau. Ein Schwerpunkt in der Präventionsarbeit in Mannheim ist es daher, verstärkt die entsprechenden Botschaften in die Lebenswelten dieser Zielgruppe zu transportieren.

Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, führt die AIDS–Beratungsstelle in Zusammenarbeit mit „LASH“, einer Initiative der Psychologischen Lesben- und Schwulenberatung Rhein-Neckar e. V. (PLUS), am 27. November 2009 und am 5. Dezember 2009 zwei Testaktionen in den Räumlichkeiten von „LASH“ (Alphornstraße 2a, 68169 Mannheim) durch. Die primäre Zielgruppe hierbei sind Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Neben dem HIV-Test wird die Möglichkeit geboten, sich auf weitere sexuell übertragbare Erkrankungen (engl.: STD) wie Syphilis, Chlamydien und Hepatitis anonym und kostenlos testen zu lassen.

Zusätzlich veranstaltet die AIDS–Beratungsstelle am 1. Dezember 2009 in Kooperation mit der Luzenbergschule einen Informationstag zu den Themen AIDS und sexuell übertragbare Krankheiten.
Im Folgenden Informationen zur Situation von HIV und AIDS

weltweit
in Deutschland
in Mannheim

Weltweite Entwicklung von HIV und AIDS
AIDS ist eine globale Katastrophe. Die Vereinten Nationen schätzen:

Über 33 Millionen Menschen sind weltweit HIV-infiziert!
Im Jahr 2008 starben über zwei Millionen Menschen an AIDS; darunter 420.000 Kinder unter 15 Jahren
Mehr als zwei Millionen Kinder leben weltweit mit HIV und AIDS, 90 Prozent von ihnen südlich der Sahara
2008 haben sich über 2.5 Millionen mit HIV angesteckt: d.h. ca. 5 Menschen in jeder Minute!
besonders viele Menschen sind in den Ländern des südlichen Afrikas infiziert (67% der weltweit betroffenen Menschen). 75 % der AIDS-Toten stammten aus Afrika.
auch die weiterhin stark steigenden Infektionszahlen in Osteuropa und Asien sind besorgniserregend, es fehlt in den meisten Ländern an Aufklärung und Hilfe

Entwicklung von HIV und AIDS in Deutschland
In Deutschland gibt es im internationalen Vergleich relativ günstige Zahlen zu HIV und AIDS – aber trotzdem steigen auch bei uns die Infektionen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) macht folgende Angaben:

In Deutschland leben ca. 63.500 Menschen, die mit dem HI-Virus infiziert oder an AIDS erkrankt sind. Im Jahr 2008 wurde 2.838-mal die Diagnose „HIV-positiv“ gestellt (Zunahme um ca. 2 % im Vergleich zu 2007).
Anstieg um ca. 96% bei den Neudiagnosen im Vergleich zum Jahr 2001!
87 % der Neudiagnosen sind Männer, 13% Frauen.
91 % der HIV-Infektionen werden sexuell übertragen.
Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), stellen nach wie vor die größte Gruppe. Rund 72 Prozent aller Infektionen sind auf ungeschützten Sex zwischen Männern zurückzuführen.
Bei Personen mit Angabe eines heterosexuellen Infektionsrisikos ging die Zahl der HIV-Neudiagnosen etwas zurück (von 418 Fällen im Jahr 2007 auf 403 Fälle im Jahr 2008). Sie sind zu 14% an der Gesamtzahl der Neudiagnosen beteiligt. Der Anteil der Männer beträgt 60%. Personen, die aus Ländern mit einer hohen Infektionsrate stammen (sogenannte Hochprävalenzländer), stellten im Jahr 2008 ca. 10,5 % der Neudiagnosen.
Menschen, die ihre HIV-Infektion über das Injizieren von Drogen mit unsauberen Nadeln und Spritzen erworben haben, haben einen, leicht rückläufigen, Anteil von ca. 4,3% der Neudiagnosen. Hierbei erreichte der Anteil der HIV-Neudiagnosen bei denen als Herkunftsregion Osteuropa beschrieben wurde im Jahr 2008 mit 22% seinen bisherigen Spitzenwert.
Der Anteil von Kindern bei den Neuinfektionen beläuft sich auf unter 1 % (2008: 21 Kinder)

Die bereits in den letzten Jahren zu beobachtende Zunahme anderer sexuell übertragbarer Erkrankungen hat sich auch 2008 fortgesetzt. Sexuell übertragbare Erkrankungen können eine HIV-Übertragung begünstigen und haben bei bestehender HIV-Infektion einen schwereren Verlauf. In der Gruppe der „Männer, die Sex mit Männern haben“ (MSM), liegt beispielsweise die Anzahl der Syphilisinfektionen weiter auf hohem Niveau. Im Jahr 2008 wurden dem RKI 3191 Neuinfektionen davon 2012 bei MSM gemeldet.
Entwicklung von HIV und AIDS in Mannheim
Entsprechend den Vorjahren ist ein weiterer Anstieg der neu diagnostizierten HIV-Infektionen nach derzeitigem Stand der Meldungen, wie in den meisten Regionen Deutschlands, auch in Mannheim zu beobachten. So belief sich die Anzahl der Neudiagnosen für den Einjahres-Zeitraum 2008 auf 37 Meldungen, verglichen mit 32 Meldungen im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Auch in Mannheim entfällt der größte Teil der Neudiagnosen auf die Gruppe der „Männer die Sex mit Männern haben“. Mit 24 Neudiagnosen stellt diese Gruppe somit ca. zwei Drittel der Neudiagnosen bei HIV. Die Gesamtzahl der HIV-Erstdiagnosen in den vergangenen 10 Jahren liegt bei 207 Fällen. In Mannheim und der angrenzenden Region gingen entsprechend dem bundesweiten Trend die AIDS-Todesfälle in den letzten Jahren zurück. Die Ursachen hierfür liegen vor allem in den erheblichen Fortschritten der modernen Kombinationstherapien, aber auch in der Entwicklung besserer Behandlungsmethoden im fortgeschrittenen Stadium von AIDS.
Zur Arbeit der AIDS-Beratungsstelle im Fachbereich Gesundheit
Das Beratungs- und Testangebot im Rahmen der AIDS-Sprechstunde wurde 2009 im Vergleich zum Vorjahr stärker nachgefragt. Hierbei wurde der, nach wie vor kostenlose, HIV-Test, durch das neue Angebot eines (kostenpflichtigen) HIV-Schnelltests ergänzt. Die Anzahl aller HIV-Tests in der AIDS-Beratung dürfte 2009 auf einem höheren Niveau als in den Vorjahren liegen (ca. 1.300 Tests jährlich). Neben der AIDS – Problematik berät die AIDS-Beratungsstelle auch zu anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen, wie z. B. Hepatitis, Syphilis und Chlamydien. Das dazugehörige Testangebot wurde sehr gut angenommen. Das Testangebot und die entsprechenden Präventionsbotschaften werden aufgrund der hohen Anzahl von Neuinfektionen mit HIV und Syphilis in der Szene der homosexuellen Männer durch Öffentlichkeitsarbeit und Streetwork nach wie vor verstärkt angesprochen. Einen weiteren Schwerpunkt bildete in diesem Jahr, wie auch schon 2008, die Präventionsarbeit im Bereich von sozial benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die oft auch einen Migrationshintergrund haben. Der Informationsgrad bezüglich der Themen AIDS, STD (sexuell übertragbare Krankheiten), Sexualität und Verhütung, ist unter jungen Menschen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Viele Präventions- bzw. Aufklärungsbemühungen scheitern, weil sie von falschen Voraussetzungen bei den umworbenen Zielgruppen ausgehen. Nach wie vor entscheidet oft der Bildungshintergrund der Adressaten, inwieweit Angebote wahrgenommen werden können. Da diese Gruppen durch die allgemeinen HIV/AIDS-Präventionsbotschaften weniger gut erreicht werden, wurde versucht, durch Multiplikatorenschulungen für Mitarbeiter in der berufsvorbereitenden Bildungsarbeit und in Berufsschulen, aber auch durch Präventionsveranstaltungen mit den Jugendlichen selbst, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Perspektiven
AIDS wird von immer weniger Menschen als ernsthafte Gefahr wahrgenommen, um die man sich sorgen müsste. Medienberichte über Erfolge im Zusammenhang mit HIV-Medikamenten werden von vielen zu positiv interpretiert. In den Industrieländern gibt es heute eine Tendenz, AIDS als „chronische Krankheit“ zu sehen, mit der man über viele Jahre leben kann. Behandelbar heißt aber nicht heilbar. Ein Erfolg versprechender Impfstoff ist weiterhin nicht in Sicht. Die Zahl der AIDS-Fälle in Deutschland bleibt mit 1.100 Fällen pro Jahr unakzeptabel hoch. Trotz verbesserter Behandlungsmöglichkeiten bei einer HIV-Infektion suchen nach wie vor ein Drittel der Infizierten erst im Vollbild AIDS eine Klinik oder eine Praxis auf. Bei etwa der Hälfte dieser spät diagnostizierten HIV-Infektionen erfolgt die HIV-Diagnose zusammen mit einer AIDS-Erkrankung oder so spät, dass eine AIDS-Erkrankung nicht mehr verhindert werden kann. Die späte HIV-Diagnose geht mit einer deutlich erhöhten Morbidität und Mortalität einher. Notwendiger denn je ist daher die stärkere Bewerbung der bestehenden HIV-Testangebote und die Initiierung von Informations- und Testkampagnen, in erster Linie von Testaktionen in den Lebenswelten der Zielgruppen. Hier insbesondere bei Personen und Personengruppen mit erhöhtem HIV-Infektionsrisiko, wie beispielsweise bei der Gruppe der „Männer, die Sex mit Männern haben“, bei der in den letzten vier Jahren ein deutlicher Anstieg der HIV-Neudiagnosen festzustellen ist.