Auf 50 Jahre und 1.000 Auszubildende kann die Heidelberger Louise von Marillac-Schule für Pflegeberufe zurückblicken. Dieses Jubiläum feierten Lehrkräfte, die Verantwortlichen des St. Josefskrankenhauses, Schüler sowie zahlreiche Gäste in der vergangenen Woche mit einer zweitägigen Festveranstaltung. Freitags war zu einem offiziellen Festakt geladen. Anschließend gewährten Lehrkräfte und Schüler beim Tag der offenen Tür einen Einblick in die Ausbildungswege. Am Samstag waren ehemalige Auszubildende eingeladen, um sich bei Kaffee und Kuchen über vergangene Zeiten zu unterhalten.
Der Geschäftsführer des St. Josefskrankenhauses Manfred Albrecht nannte während dem Festakt mit Stolz beachtliche Zahlen zur Schule: Mehr als 1.000 Gesundheits- und Krankenpfleger haben die Ausbildung seit Bestehen der Louise von Marillac-Schule durchlaufen. 50 einstige Auszubildende sind heute noch am St. Josefskrankenhaus in der Pflege tätig. Damit wies er auf die Wichtigkeit der Pflege hin und appellierte an die Gäste aus Politik und öffentlicher Verwaltung: „Wir sind alle sehr froh, wenn wir in Krankheit oder im Alter kompetent und gut gepflegt werden. Bitte sorgen Sie dafür, dass die Pflege in der Öffentlichkeit den Stellenwert erhält, den sie verdient“. Um auch künftig gut ausgebildete Pflegekräfte zur Verfügung stellen zu können, werde man die Louise von Marillac-Schule im Sinne des Gründerordens weiterführen.
An die Anfänge der Krankenpflege-Ausbildung erinnerte Schwester Anna-Lioba Fackler, barmherzige Schwester vom Freiburger Orden des heiligen Vinzenz von Paul und selbst von 1970 bis 1986 Schulleiterin. In den ersten Jahren der Krankenpflegeausbildung am St. Josefskrankenhaus waren es noch Ordensschwestern, welche die Schüler ausgebildet haben. Zu diesen „Schulschwestern“ gehörte anfangs auch Schwester Anna-Lioba, welche die Schüler dazu brachte „Pflege zu verinnerlichen und ihren Kopf zu benutzen, um sich den Aufgaben der Pflege zu stellen“, so die Ordensfrau. „Pflegepersönlichkeiten“ habe sie ausgebildet. Und solche seien auch heute gefragt. Nach der ehemaligen sprach die derzeitige Schulleiterin Gisela Pittius, die das neue Krankenpflegegesetz von 2003 thematisierte. Damals seien fachübergreifende Themen zusammengeführt worden, um eine ganzheitliche und bessere Pflege zu ermöglichen. „Die Dozenten und Praxisanleiter versuchen, unseren Schülern in exemplarischen Lernsituationen Alltagskompetenzen zu vermitteln und sind stolz darauf, dass uns das in einer besonderen Atmosphäre gelingt“, so Pittius: „Kompetenz und Menschlichkeit ist unser Motto, das auch bei der Namensgebung in der Louise von Marillac-Schule Anwendung fand und sich in allen Ausbildungsbereichen widerspiegelt“.
Festrednerin Dr. Astrid Ohl-Loff von der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg warf ihren Blick auf Gegenwart und Zukunft potentieller Krankenpflegeschüler. Sie sprach über die „Generation Y“, jener jungen Menschen zwischen 16 und 31 Jahre, die ihr ganz eigenes Wertessystem haben und die überzeugt werden müssten, in der Pflege zu arbeiten. Durch den demografischen Wandel werde es künftig immer weniger junge Menschen geben, die immer mehr ältere Menschen pflegen müssen. Die Nachfrage nach Fachkräften wird steigen. „Deshalb“, so warnte Ohl-Loff: „wird sich der Arbeitsmarkt künftig umdrehen.“ Damit sprach sie das Wertesystem der Generation Y an, das dem der vorhergehenden Generationen zwar relativ ähnlich ist, sich aber in einem markanten Punkt unterscheide: Der Arbeitsplatz werde künftig nicht mehr automatisch der Lebensmittelpunkt sein. Viel mehr werden junge Menschen in der Arbeit Sinnhaftigkeit suchen, die weit über das Geldverdienen hinausgeht. „Die Generation Y hat die Idee des Baukastens fürs Leben – wie im Onlinecomputerspiel „Mindcraft“. Man baut sich aus den Teilen, die man hat, ein Leben, das man genau so will. Der Beruf wird da mit eingebaut. Und wenn er nicht passt, wird ein anderes Bauteil genutzt“, so die Expertin. Darin sah sie aber auch die Chancen des Pflegeberufs: Weil Pflege Sinn macht, absolvieren Schüler diese Ausbildungsgänge trotz hoher beruflicher Belastungen und geringen Verdienst- sowie Karrieremöglichkeiten. Hier aber sei der Arbeitgeber gefragt: Man müsse es den jungen Menschen ermöglichen, Sinn zu erfahren, Verantwortung zu übernehmen und möglichst viel Zeit zu haben. Dann könne man aber auch eine hohe Leistungsbereitschaft und viel Engagement erwarten.
Diese Annahmen zur Generation Y bestätigte anschließend der Ärztliche Direktor des St. Josefskrankenhauses PD Dr. Erhard Siegel, der kurz seinen Sohn zitierte: „Papa, ich bin gar nicht anders als du. Nur kann ich meine Wünsche äußern und bekomme sie erfüllt“. Deshalb sei es wichtig, im St. Josefskrankenhaus den Pflegekräften Freude am Beruf zu vermitteln und eine Kommunikation aller Professionen auf Augenhöhe zu ermöglichen. Das Haus stehe für Kompetenz und Menschlichkeit, zwei von der Generation Y hoch eingeschätzte Werte, die hier weiterhin gelebt werden müssten. Auch er appellierte an die Politik und forderte dazu vernünftige gesetzliche Rahmenbedingungen für den Pflegeberuf.
Blick hinter die Kulissen beim Tag der offenen Tür
Am Nachmittag öffnete die Louise von Marillac-Schule ihre Pforten zum Tag der offenen Tür. Zahlreiche Schüler, die alle Poloshirts mit dem Motto „Kompetenz und Menschlichkeit“ trugen, sowie die Lehrkräfte führten Interessierte durch die Schulräume. Die Besucher konnten dabei Situationen der praktischen Ausbildung kennen lernen und erhielten einen Einblick in das notwendige, umfangreiche Theoriewissen einer Pflegekraft. Am bereit stehenden Pflegebett konnte man die richtige Lagerung eines Patienten üben, am Hygienetisch die korrekte Händedesinfektion lernen oder einem Arzt bei einer Doppleruntersuchung über die Schulter schauen. Themenspezifische Filme, zum Beispiel über Diabetes, ergänzten das reichhaltige Angebot der Schule. Für grundsätzliche Fragen zur Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung wie auch zum Pflege-Studium standen Schüler und Lehrer bereit.
Ein Blick zurück bei Kaffee und Kuchen
Am Samstag waren alle ehemaligen Auszubildenden eingeladen, sich einen Nachmittag in den Räumen der Schule zu treffen und bei Kaffee und Kuchen über alte Zeiten auszutauschen. Knapp 80 Ehemalige waren der Einladung gefolgt und hatten alte Fotoalben mitgebracht, um die Erinnerungen mit passendem Bildmaterial zu unterstützen. Wiedersehensfreude und angeregte Gespräche prägten den Nachmittag. So freute sich zum Beispiel Ingrid Müller, die 1977 bis 1980 ihre Ausbildung am St. Josefskrankenhaus gemacht hatte, drei Jahrgangskolleginnen wieder zu treffen. „Ich habe nach der Ausbildung 14 Jahre hier im Haus gearbeitet und bin dann an die Thoraxklinik gegangen“, blickt die heutige Erzieherin zurück. „Ich war damals aus einem Dorf im Fränkischen nach Heidelberg gekommen. Durch die Ordensschwestern war ich immer behütet und habe mich in der großen Stadt stets wohl gefühlt. Damals haben wir fürs Leben gelernt.“ Das bestätigt auch Lilli Burgid, die 1993 ihre Ausbildung an der Pflegeschule begann: „Für mich war die Ausbildung aufgrund meiner Sprachprobleme sehr schwierig. Aber es gab eine Ordensschwester, die mir immer geholfen hat, wenn ich nicht weiter wusste“, erzählt die Krankenschwester, die heute im Salem arbeitet. Mit diesem Treffen endete die zweitägige Jubiläumsfeier. Geschäftsführer Albrecht schaut zuversichtlich in die Zukunft: „Nun blicken wir gespannt auf die nächsten 50 Jahre“. (ckl)