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Speyer – „Menschen mit Behinderung nicht ausschließen“ – Weihbischof Otto Georgens plädiert zum für mehr Inklusion in den Gemeinden

Speyer / Metropolregion Rhein-Neckar (is) – Am Samstag, den 27. April, veranstalten die beiden Kirchen rund um den Speyerer Dom einen Tag der Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung. Aus der ganzen Pfalz und dem Saarpfalzkreis kommen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die diesmal besonders der Frage nachgehen wollen, wie in den Kirchengemeinden ein unbehindertes Miteinander gelingt. Der Speyerer Weihbischof Otto Georgens ist auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz als Beauftragter für die Seelsorge für Menschen mit Behinderung tätig. Im Gespräch erläutert er seine Vorstellung, wie Menschen mit Behinderung stärker in das Gemeindeleben eingebunden werden können.

Der „Tag der Begegnung“ steht in diesem Jahr unter dem Thema „Wege in die Gemeinde“. Wie steht es aus Ihrer Sicht um die Inklusion in den Pfarrgemeinden?

Georgens: Gemeinden haben es mit allen menschlichen Lebenssituationen zu tun. Menschen in der Gemeinde erleben Krankheit, Heilung, Gesundheit und ebenso unterschiedliche Formen der Behinderung. Dennoch hört man häufig, auch von Hauptamtlichen in der Seelsorge, dass bei ihnen Menschen mit Behinderungen gar nicht vorkommen. Das kann selbstverständlich möglich sein, aber in vielen Fällen werden diese Menschen auch übersehen.

Erstkommunion und Firmung werden in der Gemeinde jenen Jugendlichen gespendet, die in die Regelschule gehen. Kinder und Jugendliche mit Behinderung sieht man in der eigenen Gemeinde nicht, weil man für sie möglichst frühzeitig eigene Lebens-, Lern-, Arbeits- und Wohnformen und häufig auch eigene Gottesdienst-, Sakramenten- und Seelsorgebereiche geschaffen hat. Dort werden beispielsweise auch Jugendliche eigens gefirmt, was mit einem gesonderten und speziell auf diese Menschen hin orientierten Eingehen begründet wird. In diesen Sonderbereichen kommt ihnen die bestmögliche Förderung zugute und sie sind dort nach Ansicht der Gesellschaft gut bis bestens aufgehoben.

Das klingt so, als seien Sie nicht davon überzeugt, dass das tatsächlich die beste Lösung ist.

Georgens: Ich gehe von einer guten Absicht aus, sehe jedoch auch den Haken: Viele von uns sind immer noch im Umgang mit Menschen mit Behinderung unsicher und als „Noch-nicht-Behinderte“ bisher mit der Möglichkeit eigener Behinderung noch nicht konfrontiert worden.

Man sagt oft „Wir haben doch keine Behinderten“, weil diese Menschen im Alltagsbewusstsein so gut wie nicht vorhanden sind – vielfach auch nicht im Bereich unserer Pfarrgemeinden. Das bleibt nicht ohne Auswirkung auf unsere Wahrnehmung, nämlich die, dass wir jene „geschönte“ Normalität zur Norm erheben.

Wo sehen Sie den Ansatzpunkt, um mehr Inklusion in den Pfarrgemeinden zu leben?

Georgens: Menschen mit Behinderung als ebenbürtige, gleichwertige und alltägliche Menschen zu sehen, kann gelingen, wenn wir es schaffen, uns frei zu machen von unseren langfristig kulturell wirksamen Voreingenommenheiten. Es sind die eigenen Normvorstellungen zu hinterfragen, um die eigenen Grenzen zu Menschen mit Behinderung in einem mühevollen Prozess fließend und transparent zu machen.

Es genügt nicht, Menschen mit schweren Beeinträchtigungen zum Fürsorgefall sozialer und caritativer Einrichtungen und Betreuung zu machen. Wir müssen sie in die Mitte stellen, auch in die Mitte unserer Gottesdienste, sie hereinholen in unser Gemeindeleben. Sie müssen – wie das Wort der Bischöfe „UnBehindert Leben und Glauben teilen“ aus dem Jahr 2003 sagt – mit und unter uns leben, und „Glieder einer Gemeinde mit Platz und Funktion im Gottesdienst und in den Aktivitäten einer Gemeinde“ sein.

Was würde sich durch ein Mehr an Inklusion in den Pfarrgemeinden konkret verändern?

Georgens: Es ist noch nicht lange her, da habe ich selbst ein Beispiel für gelungene Inklusion erlebt. Am Ende eines Firmgottesdienstes fällt mir spontan eine weitere Deutung des Kreuzzeichens ein, das ich den Firmlingen mit Chrisam auf die Stirn gezeichnet habe: „Denk positiv über dich! Das Kreuzzeichen ist ein Plus-Zeichen über dich und dein Leben.“ Ich empfinde es immer als Ausdruck besonderer Wertschätzung: Jugendliche mit Namen ansprechen, Kopf und Stirn berühren und sie mit dem Zeichen des Kreuzes besiegeln. Es ist ja nicht nur meine persönliche Zuwendung. Ich glaube, dass im Sakrament der Firmung Gottes Zuwendung zu den Jugendlichen spürbar und erfahrbar wird: „Du gefällst mir. Denk positiv über dich. Ich schenke dir mein Vertrauen. Du bist geliebt.“ Im Wissen darüber, dass wir alle – auch ich – von diesem Grundvertrauen leben, frage ich die Neugefirmten: „Und wer möchte mir jetzt ein Kreuzzeichen auf die Stirn machen?“ Zunächst herrscht betretenes Schweigen. Dann aber meldet sich Tim, ein Junge mit Behinderung, geht auf mich zu und zeichnet mir ein kleines Kreuz auf die Stirn. Tim hat mir geholfen, noch einmal tiefer zu verstehen, was ich als Firmspender im Wort und Zeichen des Sakramentes an Jugendliche vermitteln darf: „Du gefällst mir. Denk positiv über dich. Du bist geliebt.“

Reicht die individuelle Aufmerksamkeit oder sind auch strukturelle Veränderungen notwendig?

Georgens: Ich habe schon mehrfach Jugendlichen mit und ohne Behinderung in einer gemeinsamen Feier das Sakrament der Firmung gespendet. Bei meiner Nachfrage zur Vorbereitung habe ich dann oft gehört, dass diese „getrennt“ erfolgt sei. Umso mehr begrüße ich alle Versuche und Bemühungen um eine inklusive Firmvorbereitung. Ich möchte dazu ermutigen, es gemeinsam zu versuchen und Jugendliche mit Behinderung nicht auszuschließen. Es wäre ein Schritt nach vorn auf dem Weg in die Gemeinde, auf dem Weg, Menschen mit Behinderung eine selbstbestimmte Teilhabe am Gemeindeleben zu ermöglichen.

Weitere Informationen zum „Tag der Begegnung“ am 27. April:
http://cms.bistum-speyer.de/www2/index.php?myELEMENT=261133&cat_id=&mySID=b9430addfcd77d59ed6d8184072ef21f

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