Rhein-Neckar-Odenwald / Metropolregion Rhein-Neckar – Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar hat am 13. März 2013 Grundsatzpositionen zur Zukunft des Einzelhandels beschlossen. „Es geht vor allem darum, in einem schwieriger werdenden Umfeld die Branchenvielfalt und Nahversorgungsfunktion des Einzelhandels in der Region und damit auch die Attraktivität und Lebendigkeit unserer Städte und Gemeinden zu erhalten“, sagte IHK-Präsident Dr. Gerhard Vogel.
Der Einzelhandel hat schon seit Jahren mit einem stetigen Flächenwachstum bei gleichzeitig stagnierenden Umsätzen zu kämpfen. Dazu verdrängen zunehmend großflächige Einzelhandelsansiedlungen an der Peripherie kleine Händler in gewachsenen Innenstadtlagen. Hinzu kommen eine zunehmende Filialisierung und die „mächtige“ Konkurrenz aus dem Internet. Gleichzeitig führen veränderte Konsumentenströme und das veränderte Kaufverhalten zu Schwierigkeiten bei der wohnortnahen Versorgung gerade abseits der Zentren.
„Der Fachkräftemangel, der sich insbesondere auch im Handel seit Jahren bemerkbar macht, verstärkt die Sorgen der Händler“, fasst Vogel die Lage zusammen. Im Bezirk der IHK Rhein-Neckar seien rund 13.000 Einzelhandelsunternehmen von diesen Entwicklungen betroffen.
„Mit den im IHK-Handelsausschuss und auf baden-württembergischer Ebene erarbeiteten Grundsatzpositionen wollen wir auf die Lage des Einzelhandels aufmerksam machen. Die genannten Herausforderungen vor denen der Handel steht sind groß, sie betreffen aber auch unsere Kunden. Die Grundsatzpositionen richten sich nun vor allem an die Landespolitik, an Kommunen und die Verwaltung“, sagte IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des Handelsauschusses Manfred Schnabel. Die dreizehn Grundsatzpositionen, die von der Vollversammlung der IHK Rhein-Neckar nun verabschiedet wurden, enthalten neben Forderungen an die Kommunen nach umsichtigem Handeln bei der Erstellung von Einzelhandelskonzepten und der Sicherung der Grund- und Nahversorgung auch Forderungen wie die Abschaffung der existenzgefährdenden ertragsunabhängigen Besteuerung und die Ablehnung der City-Maut. „Wir wollen mit der Politik ins Gespräch kommen, aber auch deutlich machen, dass die Belastungsgrenzen für den Einzelhandel erreicht sind“, machte Schnabel deutlich, der sich auch als Präsident des Einzelhandelsverbandes Nordbaden engagiert.
Kontrovers diskutiert wurde das Modell der sogenannten BID´s (Business Improvement District). Sie sind eine private Initiative von Grundeigentümern, die sich unter Mitarbeit von Einzelhändlern, Gastronomen und Dienstleistern in einer besonderen Form des Public Private Partnership auf gesetzlicher Grundlage zusammenschließen. Die Akteure organisieren sich, teilweise unter kommunaler Beteiligung, in einem örtlich klar abgegrenzten Raum für üblicherweise drei bis fünf Jahre und verpflichten sich, die von ihnen selbst festgelegten Aufwertungsmaßnahmen für den Standort gemeinsam zu finanzieren. Anders als zu bisherigen Initiativen in Baden-Württemberg werden bei Erreichen einer gesetzlich festgelegten Zustimmungsquote auch diejenigen zur Mitfinanzierung verpflichtet, die sich gegen das Projekt ausgesprochen haben.
„BIDs können ein Instrument zur Stärkung und Revitalisierung von Geschäftsquartieren sein. Ihr Vorteil liegt darin, dass die Aufwertungsmaßnahmen und ihre Finanzierung von den Betroffenen selbst bestimmt werden und Trittbrettfahrertum damit ausgeschlossen wird.
Allerdings muss das gesetzlich festgelegte Quorum dergestalt sein, dass ein BID nur dann eingerichtet werden kann, wenn es bei den Betroffenen eine hohe Akzeptanz findet und die Beteiligten auch wirklich dahinter stehen“, sagte Schnabel. „Außerdem dürfen privat finanzierte Aufwertungsmaßnahmen nicht dazu führen, dass sich die Kommunen aus ihrer Daseinsvorsorgeverpflichtung im öffentlichen Raum zurückziehen oder Aufgaben der öffentlichen Hand auf Private abgewälzt werden“, warnt er abschließend. Das Gesetz soll laut grün-rotem Koalitionsvertrag jetzt auf den Weg gebracht werden. „Die Details werden am Ende entscheiden, ob es die gewünschten Ziele erreichen kann oder in Bürokratie erstickt“, so Schnabel.