Speyer / Metropolregion Rhein-Neckar – Stadtrechtsschausschuss beschäftigt sich mit Tempo-70-Limit auf der B9 – Widerspruch gegen Modellversuch stattgegeben
Der Stadtrechtsausschuss hat in seiner gestrigen Sitzung dem Widerspruch eines Germersheimer Arztes gegen das Tempo-70-Limit auf der B 9 stattgegeben, so eine Presseinformation der Stadtverwaltung. Der Ausschuss begründet seine Entscheidung mit fehlenden gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Modellversuch. Die Stadtverwaltung will jetzt die Bestandskraft dieser Entscheidung (Monatsfrist) abwarten und zwischenzeitlich im Lenkungsausschuss des Modellversuchs, in dem auch der Landesbetrieb Mobilität und die Polizeiinspektion Speyer vertreten sind, das weitere Vorgehen abstimmen.
Nach § 45 Absatz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs unter anderem zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen beschränken (sog. Modellversuch).
Diese Vorschrift setzt aber voraus, dass eine konkrete Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs vorliegt. Es genügt deshalb nicht, so die Begründung der Entscheidung, dass die Straßenverkehrsbehörde eine derartige Gefahr nur vermutet und durch den angeordneten Verkehrsversuch Aufschluss darüber erlangen will, ob eine Gefahr tatsächlich gegeben ist. Diese Voraussetzung ergibt sich so zwar nicht direkt aus dem Wortlaut des Gesetzes, aufgrund der jüngsten Rechtsprechung zu vergleichbaren Modellversuchen muss aber eine Gefahrenlage vor Anordnung eines Modellversuches geprüft werden.
Im Hinblick darauf, dass die Unfallzahlen im maßgeblichen Streckenabschnitt der B 9 seit 2003 rückläufig sind und auch im Kalenderjahr 2009 verhältnismäßig niedrig waren, liegen Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr, die ein Tempolimit begründen könnten, nicht vor. Die Strecke weist keine Besonderheiten auf, die Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr bieten, insbesondere gibt es keine gefährlichen Kurven, von denen ein erhöhtes Risiko bei Tempo 100 ausgehen könnte.
Auch ließ sich die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h nicht damit begründen, dass dies eine geeignete Maßnahme zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen darstelle. Davon abgesehen, dass das Tempolimit nicht mit dem Lärmschutzargument begründet wurde, würde die dadurch erreichte Lärmminderung nicht ausreichen, um die Geschwindigkeitsbeschränkung gerichtsfest zu machen. Denn die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung wäre nur zulässig, wenn dadurch eine Verbesserung des Lärmschutzes um mindestens 2,1 db(A) erreicht würde. Das ist aber nach den im Rahmen der Lärmaktionsplanung 2008 eingeholten Stellungnahmen nicht der Fall.