Mannheim / Metropolregion Rhein-Neckar – Neue Helfer der Vesperkirche eingeführt Hassgesellschaft – das Trendwort der letzten Wochen, mit dem von fremdenfeindlichen Übergriffen in Deutschland über Pöbeleien in Online-Foren bis hin zur Trump-Wahl in den USA verschiedenste Phänomene zusammengefasst werden. Dass aber die Gesellschaft mehr zu bieten hat als Hass, zeigte sich am gestrigen Donnerstag im Turmsaal der CityKirche Konkordien: Hier wurden die neuen ehrenamtlichen Helfer der Mannheimer Vesperkirche auf ihre Aufgabe vorbereitet. Auch 2017 werden sich dabei wieder Menschen für andere einsetzen. Darunter sind Schüler und Rentner, Hausfrauen und Berufstätige, Familienväter und Alleinstehende – kurz: Vertreter aus allen gesellschaftlichen Gruppen und Schichten. Insgesamt treten 368 Menschen an, um die CityKirche Konkordien vom 6. Januar bis zum 5. Februar täglich in ein Restaurant zu verwandeln, das für kleines (oder auch gar kein) Geld jeden willkommen heißt. 100 von ihnen sind neu dabei – noch mal eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr, in dem etwas mehr als 60 Neuzugänge verzeichnet wurden. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass 268 Ehrenamtliche schon zum wiederholten Male helfen. Ihre Motive sind dabei so unterschiedlich wie die Menschen selbst. So sagt Tamara Kessler, die seit vier Jahren dabei ist: „Man sieht so gerne, wenn so viele unterschiedliche Menschen zusammenkommen.“ Sie
selbst hat über die Arbeit in der Vesperkirche schon einige Bekanntschaften geschlossen. Karlfried Steigleder hat einen ganz schlichten Grund dafür, dass er nun schon zum dritten Mal hilft: „Mich hat es so überrascht, wie dankbar die Leute waren, wenn man ihnen in die Augen guckt und sie normal behandelt.“ Silvia Dietzel dagegen ist schon zum sechsten Mal dabei – und sieht die Sache ganz pragmatisch: „Das ist eine Notwendigkeit. Man kann nicht immer nur nach dem Staat rufen, sondern muss selbst mit anpacken.“ Und angepackt wird kräftig in der Vesperkirche: Insgesamt verteilen sich auf die Teilnehmer 1711 Helfertage von je fünf Stunden Arbeit; alleine beim Bedienen innerhalb der Kirche legen die Kräfte pro
Tag fünf bis sechs Kilometer zurück. Diakoniepfarrerin Anne Ressel ist aber nicht nur von ihrer Tatkraft beeindruckt: „Das Maß an Verständnis und Zuwendung, das die Helferinnen und Helfer an den Tag legen, ist bewundernswert. Sie schenken den Gästen nicht nur ihre Zeit und ihre Kraft, sondern auch ihre Geduld und ihre Freundlichkeit.“ Beim Einführungskurs erklärte Ressel deshalb eher nebenbei die Logistik und Abläufe in der Arbeit; Hauptthema war der Umgang mit den Gästen. Darunter Pragmatisches, etwa die richtige Ansprache (laut und von vorne, weil gerade viele der älteren Besucher nicht mehr gut sehen und hören), aber auch Zwischenmenschliches wie ein besonderes Augenmerk auf gerechte Verteilung – selbst
die Größe eines geschenkten Stücks Kuchen kann sonst zum Streitpunkt werden. Die richtige Vorbereitung der Helfer ist enorm wichtig, denn sie spielen die wichtigste Rolle, findet Ressel: „Ohne die Ehrenamtlichen wäre die Vesperkirche nicht möglich. Zum einen, weil sie die Hauptarbeit tragen, zum anderen, weil es uns wichtig ist, die Gründe für Armut deutlich zu machen. Ehrenamtliche verstehen die Umstände besser, die zu Armut und Ausgrenzung führen, weil sie ihnen in den
Begegnungen und Gesprächen mit den Gästen in persönlichen Geschichten nahe kommen.“