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Speyer – Die Kirche und (ihre) Tabus – Vortrag von Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann an der TU Kaiserslautern

Speyer/ Metropolregion Rhein-Neckar.(is). Die Kirche und (ihre) Tabus – unter dieser Überschrift referierte Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann am 16. Januar an der TU Kaiserslautern über bestehende und aufgebrochene Regeln, Grenzen und Verbote des Christentums. Und leistete damit einen religionswissenschaftlichen Beitrag zu dem aktuellen Semesterprogramm des Studiums Integrale, das sich mit Tabus in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen beschäftigt.
Die Schlange als Verführerin, die den Menschen dazu verleiten will, von Gott gesetzte Grenzen zu überschreiten: Mit diesem alttestamentarischen Bild eröffnete Dr. Karl-Heinz Wiesemann seinen Vortrag. „Vor diesem Hintergrund erscheint das Christentum als eine Religion der Verbote, vor allem, wenn sie den persönlichen Bereich betreffen“, sagte der Bischof. Doch in Wirklichkeit gehe es nicht um Verbote, sondern um den Menschen und seine Würde. Um sie zu wahren, dürften Grenzen nicht überschritten werden, denn der Mensch habe etwas Unantastbares, da er nach dem Bild Gottes geschaffen sei.
„Tabus haben eine starke Bindekraft, sie halten Gruppen zusammen.“ Indem die Menschen das Verbot der Berührung achten, wollten sie sich nicht der Strafe durch eine übergeordnete Macht aussetzen. „Doch was ist eigentlich das Religiöse?“ Mit dieser Frage leitete der Bischof über zu einem Blick auf die Religionsphänomenologie des 19. Jahrhunderts. „Sie hat die Vorstellung des Heiligen statt des Göttlichen. Das Heilige kann in Verbindung mit Gott stehen, muss aber nicht.“ Der Religionswissenschaftler und Theologe Rudolf Otto verstehe Heiligkeit als etwas, das nicht rational begrifflich zu beschreiben sei, wohl aber mit dem Gefühl. „Die Heiligkeit ruft ein Schaudern hervor, zieht einen gleichzeitig in den Bann und fasziniert. Eine Erfahrung, die Rudolf Otto als mysterium tremendum und mysterium fascinans beschreibt.“ Doch auch wenn die Begegnung mit dem Heiligen irrationale Elemente beinhalte, wende sie sich nicht gegen die Vernunft.
„Das Christentum hat eine besondere Stellung im Konzert der Religionen. Es bedeutet nicht die einseitige Zuwendung zum Heiligen. Durch die Menschwerdung in Christus wendet sich Gott den Menschen zu“, sagte der Bischof. „Damit findet eine Enttabuisierung statt. Denn Gott macht sich berührbar. Indem er sich selbst hingibt an das, was er selbst nicht ist, ein kleines schwaches Kind in der Krippe oder der Verwundete am Kreuz.“ Erfüllung finde auch der Mensch nur in der Lebenshingabe und „in der Hingabe der Liebe. Deshalb müssen Ehe und Familie unter dem Schutz der Gesellschaft stehen.“ Zu schützen seien ebenso die Schwachen und Wehrlosen. In diesem Zusammenhang gelte es vor allem, ungeborenes Leben vor dem Zugriff technischer Möglichkeiten zu bewahren. Und damit der „Allmachtsphantasie des Menschen, wie Gott zu sein, Grenzen zu setzen“, so Wiesemann. Denn der Familie als Leitbild gebühre Vorrang vor wirtschaftlichen Zwängen und Interessen.
„Auch Christus hat Tabus gebrochen und am Sabbat Kranke geheilt“, fuhr der Geistliche fort. „Denn die Liebe zu Gott hat Konsequenzen. Aus ihr ergibt sich die Liebe zum Nächsten, zu den Armen, Kranken, Hilflosen.“ Das Christentum könne demnach als Religion der Enttabuisierung verstanden werden. Es kenne nur zwei Tabus: die Heiligkeit Gottes und die Unantastbarkeit des Menschen.
„Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass nicht neue Tabus zu einer falschen Schutzfunktion errichtet werden“, betonte Wiesemann. So sei der Umgang mit dem Thema Suizid heute ein grundlegend anderer. Früher habe man Menschen, die ihrem Leben selbst ein Ende setzten, vom Friedhof ausgegrenzt, ohne ihre Beweggründe zu berücksichtigen. „Zum Glück sind diese Zeiten lange vorbei.“ Dennoch könne man bestimmte naturrechtliche Beziehungen nicht aufgeben, erklärte der Bischof und verwies in diesem Zusammenhang auf Homosexualität und künstliche Empfängnis. Auch wenn die Kirche sich gegen Diskriminierung stelle und technischen Fortschritt nicht grundsätzlich ablehne, ließen sich bestimmte Gebote gesellschaftlich nicht anpassen. Allerdings weiche die Kirche im Sinne von mehr Transparenz auch unangenehmen Fragen nicht aus. Diese Bereitschaft stellte der Bischof im anschließenden Austausch unter Beweis. „Ist Zölibat nicht auch ein Tabu?“, wollte eine Zuhörerin im voll besetzten Hörsaal wissen. „Tabu bedeutet, über etwas nicht zu reden. Wir versuchen, eine offene Debatte zu führen“, antwortete Wiesemann in dem Versuch, die Begrifflichkeit des Wortes zu verdeutlichen.
Auf das Thema Empfängnisverhütung – gerade in Ländern der Dritten Welt – angesprochen, meinte er, eine technische Verhinderung sei keine Lösung, sondern schaffe nur neue Probleme. Auch zum Umgang mit Geschiedenen bezog der Bischof Stellung. Das Problem liege im sakramentalen Bereich und ließe sich nur auf weltkirchlicher Ebene regeln.

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