Mannheim/Metropolregion Rhein-Neckar – Hallenbad Seckenheim: 12 Stunden schwimmen und Weltrekordjagd – Olympioniken unterstützen SVM und AMB – Spender stellt 500.000,- Euro in Aussicht
– Gegen eine Schließung des Seckenheimer Hallenbades demonstrierten am vergangenen Freitag über 560 Wassersportler und Bürger bei einem vom Schwimmverein Mannheim e.V. (SVM) gemeinsam mit dem Aktionsbündnis „Erhalt Mannheimer Bäder“ (AMB) dort organisierten „Aktionstag Hallenbad Seckenheim“. Mit vielen verschiedenen Programmpunkten, wie einem Zwölf-Stunden-Schwimmen und der Weltrekordjagd einer Staffel um Olympiateilnehmer Philip Heintz, sollte auf die Notwendigkeit des Erhalts dieses Mannheimer Bads hingewiesen werden.
„Ein perfektes Trainingsbecken, vor allem für den Nachwuchs“ und ein Wasser, „das sich gut anfühlt“, so beschrieb Philip Heintz, bei den olympischen Schwimmwettbewerben in London gestarteter Spitzensportler und Mannheimer Vorzeigeschwimmer, die Situation im Hallenbad Seckenheim. Während in der angrenzenden Schwimmhalle rund 560 Aktive der Mannheimer Wassersportvereine und Bürger ihre Bahnen zogen und Helfer für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung sorgten, machte der Schwimmer bei einer Pressekonferenz deutlich, dass es gerade diese einfachen Bäder sind, die für den Leistungssport in diesem Bereich die erforderliche Grundlage bilden. „Ich hatte hier die Möglichkeit, während meiner Schulzeit zu jeder Zeit zu trainieren und konnte damit ein Trainingspensum absolvieren, dass es mir heute ermöglicht, diese Leistungen zu erreichen“, zog Heintz seine persönliche Bilanz zum Seckenheimbad.
„Das ist unter aller Sau“, konnte auch Heintz nicht verstehen, dass Vertreter von Politik und Verwaltung dieser Aktion fern blieben und sich gegen einen Erhalt des Bades stellen. Weder Vertreter der Stadtspitze noch der Verwaltung sowie, mit Ausnahme von Rolf Dieter und Roland Weiß (beide Mannheimer Liste/Freie Wähler) sowie Ulrich Schäfer (SPD), keine politischen Vertreter aus Gemeinderat, Land- und Bundestag waren der Einladung gefolgt. Nur wenige Bezirksbeiräte und kein Vertreter der Sachkundigen Einwohner des Sportausschusses fanden den Weg zu der Protestaktion nach Seckenheim, um sich persönlich vom Engagement der rund 560 Teilnehmer zu überzeugen.
Aktiv waren indes Heintz und zahlreiche prominente Olympioniken und Hochleistungssportler aus der Metropolregion, die sich solidarisch für den Bäderkampf ins Wasser schwangen. Obwohl Heintz wegen des wetterbedingten Ausfalls von Clemens Rapp sogar zwei Mal ins Wasser steigen muss, gelingt es ihm und seinen Mitschwimmern Nicolas Heimerl und Alexander Müller den über vier Jahre bestehenden und vom Franzosen Yannick Agnel (3:32,25) bereits gebrochenen Weltrekord von Paul Biedermann über 400m Freistil (3:32,77 min) in einer 4x100m Staffel mit einer Glanzzeit von 3:32,14 min zu unterbieten. Die Solidaritätsstaffel der „Nichtschwimmer“ um den Olympia-Vierten im Weitsprung, Sebastian Beyer, Hürdensprinterin Caren Sonn, 100-m-Sprinterin Anne Cibis, Ironman-Triathlet Alexander Taubert, Ruderweltmeister und SV Waldhof-Geschäftsführer Andreas Laib, Paralympics-Judoka Oliver Upmann kann diese Zeit zwar nicht ganz erreichen, setzt mit ihrem Sprung ins Wasser aber ein umso bedeutenderes Zeichen.
Schon seit Anfang dieses Jahres kämpft das AMB um die Zukunft des Seckenheimbades. Die Stadt Mannheim sieht, basierend auf einem Bäderkonzept aus dem Jahr 2001 und des Haushaltsstrukturprogramms aus 2009 eine Schließung des Bades vor, da Kosten eingespart werden sollen. Bereits mehrfach hatte das Bündnis darauf hingewiesen, dass das Hallenbad durch den vom SVM organisierten Betrieb das für die Stadt kostengünstigste Bad sei und eine große Flächendeckung für Mannheims Wassersport unerlässlich wäre. Neben dem Gesundheitsaspekt, der für viele, vor allem ältere Mannheimer verloren gehen würde, sei es die umfangreiche Kinder- und Jugendarbeit, die von den Vereinen in den Bädern geleistet würde. Sie stünde mit einer Badschließung zur Disposition. Im Schulschwimmen gingen durch lange Fahrtwege der Schüler und den drohenden Ausfall der durch und durch sanierungsbedürftigen Bäder in massiver Weise Trainingszeiten zu Nichte. „Meine Kinder bekommen gerade mal noch zwanzig Minuten Schwimmunterricht, weil sie von der Neckarau ins Hallenbad Vogelstang fahren müssen“, wusste eine Mutter während der Pressekonferenz zu berichten.
Dirk Schulz, Abteilungsleiter Schwimmen beim Volkstümlichen Wassersportverein Mannheim e.V. (VWM) und einer der vier Sprecher im Aktionsbündnis resümierte in diesem Zusammenhang die Geschichte der drohenden Schließung und des AMB-Protests. In Vorlagen, die der Stadt seitens des AMB zur Verfügung gestellt wurden, konnte deutlich gemacht werden, dass 22 Übungsstunden wöchentlich den Vereinen fehlen, sollte an dem Schließungsbeschluss für das Seckenheimbad festgehalten werden. „Dies geht zu Lasten der Bevölkerung, die damit aus den Bädern herausgedrängt werden, zu Lasten der Gewerbetreibenden und deren Beschäftigten, die Aqua-Fitness-Kurse in den Bädern nicht mehr anbieten können und zu Lasten von Randsportarten“, beschrieb Schulz nur einige der Auswirkungen. So wurde in den Gesprächen des Arbeitskreises des Sportausschusses, der sich aufgrund der AMB-Proteste mit der Bäderthematik unter „optionaler Beteiligung“ von nur zwei der eigentlich vier AMB-Vertreter auseinandersetzen sollte, dass man billigend in Kauf nehmen würde, sollten gerade kleinere Vereine oder solche mit Randsportarten, ihren Sport künftig nicht mehr ausüben können. Dass jedoch durch die Schließung auch die größeren Vereine empfindliche Einbußen hinnehmen müssten, unterstrichen Schulz und Winfried Traub, Abteilungsleiter des Soprema-Triathlon-Teams des SVM. Jeder, bereits durch die zum Teil nur notdürftigen Sanierungen der Bäder bereits vollzogene Ausfall von Nutzungszeiten, brachte den Vereinen einen massiven Mitgliederschwund in den betroffenen Bädern. Die Stadt mache mit ihrer Bäderpolitik die Vereine kaputt, so die Schlussfolgerung.
Ob man sich dies künftig noch leisten könne, bezweifelten die Beteiligten indes. Denn bei der Pressekonferenz wurde schließlich ein Konzept vorgestellt, das den Erhalt des Seckenheimbades ermöglichen könnte. Seriöse, namentlich jedoch anonym bleibende Spender wollen 500.000 Euro zur Verfügung stellen unter der Bedingung, dass die Stadt Mannheim den Erhalt des Hallenbades Seckenheim für mindestens zehn Jahre zusichert. Gleichzeitig dürfe aber kein anderes Bad einer Schließung zum Opfer fallen, bis ein überarbeitetes Bäderkonzept den Bedarf der offensichtlich benötigten Wassersportflächen decke und die Maßnahmen umgesetzt wurden. Dieses Bäderkonzept müsse unter voller Einbeziehung der Nutzergruppen erarbeitet werden, so die Forderung von SVM und AMB.
Beginn des Zwölf-Stunden-Schwimmens war pünktlich um 12 Uhr. Bereits nach zwei Stunden konnte Wibke Ahrens, Fachwartin Schwimmen beim SVM, 111 km verzeichnen, die von Triathleten und Schwimmern für den restlichen Tag vorgelegt wurden. Mehr als 666 km wurden am Ende von Sponsoren in bare Münze umgewandelt. Denn für jede geschwommene 100 m spendeten diese einen Euro. Das Geld soll nun für kleinere Instandhaltungsarbeiten der Sanitäranlagen im Hallenbad Seckenheim und als Unterstützung für eine Ein- und Ausstiegshilfe für Senioren im Hallenbad Vogelstang eingesetzt werden.
Welches Herzblut von allen Beteiligten für diese Aktion eingebracht wurde, zeigte die Schilderung eines Teilnehmers während der Pressekonferenz. Er erzählte von der bewundernswerten Leistung eines neunjährigen Schwimmers, den er während der Veranstaltung kennen gelernt hatte und später völlig entkräftet nach dem Schwimmen wieder traf. Alle seine Energie hatte dieser junge Mann zusammengenommen und ganze vier Kilometer im Wasser zurückgelegt. „Ich muss doch etwas tun, damit ‚die‘ wissen, dass sie unser Hallenbad nicht zumachen dürfen“, habe der Schüler seine Motivation begründet.
Ebenso flammend war die die Lichterkette rund ums Hallenbad Seckenheim, bei der sich kurz nach 18 Uhr rund 300 Erwachsene sowie Kinder mit Fackeln und Kerzen um das Bad herumstellten. Mit der Parole „unser Bad“, die durch das winterliche Seckenheim erscholl, setzten sie ein mehr als symbolisches Zeichen.
Julia Ratzel/TA
Bild:„Schulterschluss für den Mannheimer Wassersport. Trotz Eiseskälte verzagten rund 300 Sympathisanten nicht, mit einer Lichterkette rund um das Seckenheimbad ihren Protest gegen Bäderschließungen zu äußern. Bild: Ahl/AMB“