Weinheim – Arbeitseinsatz für die Schwächsten

Weinheim / Metropolregion Rhein-Neckar – Junge Männer des türkisch-islamischen Vereins als fleißige Helfer bei der Nikolauspflege – WUB vermittelte – So sieht Geben und Nehmen aus. Aus dem Rollstuhl heraus überreichte Sabrina Giessen an die freiwilligen und ehrenamtlichen jungen „Schaffer“ des türkisch-islamischen Vereins in Weinheim die Dankeschönurkunden. Und war dann ganz gerührt, als der Chor der jungen türkischen Männer ihr zuliebe ein „Happy Birthday“ anstimmte, denn Sabrina Giessen hatte Geburtstag.
Dieser Moment auf dem Dach des Paul- und Charlotte-Kniese-Haus der Nikolauspflege hatte eine passende Symbolik. Von diesem Projekt hatte jeder etwas. „In der Wirtschaft würde man von einer win-win-Situation sprechen“, freute sich Einrichtungsleiterin Michaela Samietz.
Hintergrund: Seit dem letzten Jahr baut die Nikolauspflege auf der Weinheimer Einrichtung, in der großteils Menschen mit schweren Behinderungen leben, einen Sinnesgarten – mit einem Barfußpfad, einem Klangwald, einer so genannten Körperdusche aus Bändern und Bürsten und anderen Gegenständen, die man fühlen kann. Die Planung hierzu hat der Stuttgarter
Architekt Wolfgang Zaumseil übernommen, für wesentliche Arbeiten wurden auch Profi-Firmen engagiert, aber der ehrenamtliche Arbeitseinsatz der jungen türkischen Männer wurde gebraucht und ihre Eigenleistung sorgte dafür, dass sich diee Einrichtung den neuen Dachgarten in dieser Ausführung überhaupt leisten konnte.
Allerdings steckt auch noch mehr dahinter, wie Michaela Samietz erklärt. „Wir wollen uns in die Bevölkerung hinein öffnen und empfangen gerne Gäste, unsere Bewohner mögen den Kontakt sehr gerne“, beschreibt sie und zeigte sich begeistert von der Hilfsbereitschaft der jungen Leute: „Es ist ein schönes Gefühl, zu sehen, wie unser Gemeinwesen funktioniert, wenn es darum geht, den Schwächsten in der Gesellschaft zu helfen.“ Und zwar ganz ungeachtet von Religion und Kultur.
Schon zuvor hatte das Paul-und-Charlotte-Kniese-Haus gute Erfahrungen mit ehrenamtlichen Helfern und Spendern aus der Stadt gemacht. Die Dietrich-Bonhoeffer-Schule hat das Haus schon unterstützt, der Serviceclub „Ladies Circle“ ebenso. Mit dem Kontakt zum türkisch-islamischen Verein hat die Nikolauspflege jedoch Neuland betreten.
Die ersten Verbindungen hatte Dr. Ditmar Flothmann geknüpft, der selbst schon lange zu den Unterstützern der Einrichtung gehört, gleichzeitig ein Vertrauter der türkisch-islamischen Gemeinde und Mitglied im Sprecherteam des Weinheimer Unterstützerkreis Berufsstart (WUB) ist. Da passte alles zusammen.
An drei Wochenenden leisteten die jungen Männer ihren Arbeitsdienst, werkelten am „Sinnesgarten“, verschönerten die Außenanlage und konnten mit Hilfe des WUB gleich noch in die Themen Berufserkundung und Berufsvorbereitung hineinschnuppern. So wie zum Beispiel Ramazan Aydogan, der später Architektur studieren will. Die eigene Kreativität, das eigene Geschick zu spüren, dabei dem Architekten über die Schulter zu schauen, das hat ihm geholfen. „Etwas Gutes zu tun“, findet er, „tut allen gut, jenen, die geholfen bekommen und jenen, die helfen.“ Anderen Jugendlichen halfen die WUB-Paten bei Bewerbungen und knüpften Kontakte zu Handwerksfirmen.
Die jungen türkischen Männer könnten sich vorstellen, nun öfter im Paul- und Charlotte-Kniese-Haus zu helfen. Sie sind jedenfalls ab sofort gern gesehene Gäste. Und Mitarbeiter wie Bewohner wollen in Weinheim weiter Präsenz und Offenheit zeigen. Am Sonntag beteiligt sich die Einrichtung erstmals mit einer eigenen Gruppe am Sommertagszug. Motto: „Den Frühling mit allen Sinnen erleben.“