Mannheim / Metropolregion Rhein-Neckar – 25 Jahre Aids-Beratung nahm der Fachbereich Gesundheit zum Anlass, zurückzublicken und Entwicklungen in Prävention, Beratung und Behandlung aufzuzeigen. Die Jubiläumsveranstaltung fand am 8. Dezember in den Räumen des Fachbereichs statt.
„Es war eine total hysterische Zeit“, blickte dessen Leiterin, Dr. Holle Engler-Thümmel, auf die Achtzigerjahre zurück. Heute sehe es ganz anders aus. Inzwischen gelte Aids zumindest in den reicheren Ländern der Welt als behandelbare, chronische Erkrankung. „Das ist ein Riesenfortschritt“, er berge aber auch Gefahren, die Aufmerksamkeit lasse nach. „Wir müssen Anstrengungen unternehmen, um das Thema wieder auf die Agenda zu bringen.“
Neben Prävention und Beratung bietet die Aids-Beratungsstelle HIV-Tests, über 30.000 führte sie von 1985 bis 2010 durch, über 240 positive Befunde musste sie mitteilen. „Sie arbeiten seit 25 Jahren mit einer Kontinuität, die nicht selbstverständlich ist“, meinte Prof. Dr. Ursula Rieke, Leiterin der Infektionsberatungsstelle im Gesundheitsamt Montabaur.
1985 wurde eine Informationsbroschüre des Ministeriums für gesundheitliche Aufklärung an alle Haushalte verteilt, 1987 startete das Bundesmodellprojekt Aids. Damit etablierte sich eine neue Form von Public Health. Statt auf staatliche Kontrolle, so Rieke, setzt sie auf Aufklärung, Beratung und Eigenverantwortung. Eine weitere Wende brachte das Jahr 1995. „Damals waren erste effektive Therapien verfügbar“, erläuterte sie. Eine frühe Testung sei deshalb wichtiger denn je.
Stand beim alten Aids, dem Aids vor den Therapien, noch die Sterbebegleitung im Vordergrund, gehe es beim neuen Aids zunehmend um Lebensbegleitung. Nicht nur deshalb will Rieke die psychosoziale Arbeit weiter voranbringen. „Seit 2006 steigen die Neuinfektionen wieder an.“ Präventionsbedarf sieht Rieke vor allem bei besonders gefährdeten Personengruppen, zu denen homosexuelle Männer, sozial benachteiligte Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund gehören.
„Ein Drittel aller HIV-Infektionen werden zu spät festgestellt“, erklärte Dr. Jürgen Brust von der Mannheimer Schwerpunktpraxis Aids, damit sind „sie schwerer behandelbar“. Er sprach sich für die Sensibilisierung von Hausärzten für Begleiterkrankungen und die Ermutigung zum Test aus. Die Behandlung der HIV-Infektion bezeichnete er als „wahnsinnige Erfolgsgeschichte“. „Mit den Kombinationstherapien ist die Sterblichkeit drastisch gesunken, neue Substanzen bieten Optionen für Menschen, bei denen sich Resistenzen gebildet haben.“ Doch eine HIV-Infektion erhöht das Risiko für andere, nicht Aids-assoziierte Erkrankungen, etwa für Malignome. Über Langzeitnebenwirkungen der Medikamente ist noch wenig bekannt. Abschließend stellte Brust fest: „Trotz fortgeschrittener Therapie birgt HIV immer noch hohe medizinische und soziale Nachteile.“