Mannheim/ Metropolregion Rhein-Neckar, 10. November 2015. „Wir haben eine gute Ausgangslage und als Wirtschaftsstandort exzellente Perspektiven beim Thema Industrie 4.0“, so Irmgard Abt, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar bei der Vorstellung einer Studie zu Industrie 4.0 in der Pepperl+Fuchs GmbH. „Wir dürfen diese Chancen nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, sondern müssen uns in allen Unternehmen, der Regionalentwicklung und auch bei den Industrie- und Handelskammern intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen. Rasante technologische Veränderungen, neue Geschäftsmodelle und das Verschmelzen von Produkten und Dienstleistungen stellen unseren Wirtschaftsstandort vor große Herausforderungen, die wir anpacken müssen“, fasst Abt die Ergebnisse der von den Industrie- und Handelskammern Rhein-Neckar, Pfalz und Darmstadt beauftragten Studie zusammen.
Abt fügt hinzu: „Industrie 4.0 ist ein schleichender Vorgang, der in unserer Wirtschaft schon lange begonnen hat. Es geht bei diesem Vorgang nicht nur um die Optimierung von Maschinenprozessen, sondern er reicht bis hin zur digitalen Vernetzung und Optimierung auch von Prozessen im Marketing, im Vertrieb und in der Kommunikation. Allerdings ist das Thema noch bei weitem nicht bei allen Unternehmen erkannt oder gar umgesetzt worden.“
Das Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, hat die Aussagen von ca. 200 Unternehmen der Region und die Ergebnisse eines Workshops mit mittelständischen Betrieben ausgewertet und daraus Handlungsempfehlungen für die Mitgliedsunternehmen der IHKs, aber auch die Partner auf Seiten der Kommunen und Politik abgeleitet.
Informationstechnik und Internet werden, so Fraunhofer IPA, die Produktions- und Wertschöpfungsprozesse revolutionieren. Die Zauberworte heißen Vernetzung und Digitalisierung. Durch das Zusammenspiel von Hochtechnologie und Informationstechnik entstünden neue Geschäftsmodelle und die Wettbewerbspositionen der Betriebe würden neu gemischt. „Zukünftig wird sich zeigen, ob wie bisher der Maschinenbauer einen Auftrag bekommt oder der IT-Dienstleister, der die Steuerung dieser Maschinen verantwortet“, macht Abt diesen rasanten Wandel deutlich.
Die Fraunhofer IPA-Studie bescheinigt der Metropolregion eine exzellente wissenschaftliche Infrastruktur für diese neuen Technologien. Dies gelte für den engeren Kernraum mit seinen technologieorientierten Hochschulen und Institutionen, insbesondere aber auch bei Einbeziehung der Wissenschafts- und Hochschuleinrichtungen in Kaiserslautern, Darmstadt und Karlsruhe. Hier sehen die Gutachter auch ungenutzte Potentiale für eine noch intensivere Kooperation zwischen mittelständischen Betrieben und Wissenschaftseinrichtungen. Ein weiterer Trumpf der Region: Die gute Mischung von Anbietern und Anwendern von Industrie 4.0. Und: Im europäischen Vergleich zählt die Region zu den Top-3-Standorten im Softwarebereich. Diese Branche ist Innovationstreiber und unterstützt Produktivitätssteigerungen in praktisch allen Branchen. Auch der breite Branchenmix unterstreiche die gute Ausgangslage der Metropolregion. Die Gutachter sehen aber auch, dass sich viele Unternehmen noch sehr vorsichtig dem Thema Industrie 4.0 nähern, mit wichtigen Investitionsentscheidungen zurückhalten und die Tragweite möglicher Veränderungen ihrer Geschäftsmodelle vielfach noch nicht erkannt haben.
„Die Herausforderungen im Bereich der modernen Technologien, Prozesse, IT-Sicherheit, Mitarbeiterqualifikation und des Aufbaus neuer Geschäftsmodelle werden von den Unternehmen in vielen Fällen als „sehr komplex und anspruchsvoll“ bewertet, formuliert Michael Lickefett, Abteilungsleiter Fraunhofer IPA, ein wichtiges Ergebnis der Studie. „Gerade unsere mittelständischen hidden champions wünschen sich hier aktive Hilfe aus den regionalen Netzwerken, von den drei IHKs und auch den Partnern in der Wissenschaft.“
Den IHKs zeigt die Studie wichtige Felder auf, um Mitgliedsbetrieben bei der Bewältigung der neuen Herausforderungen zu helfen. „Die Betriebe erwarten Unterstützung bei der Ausbildung und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter insbesondere in der digitalen Welt, einen noch besseren Zugang zu regionalen Hochschulen, Angebote für den Erfahrungsaustausch, Best Practice Beispiele und Hilfen im rechtlichen Bereich“, unterstreicht IHK-Präsidentin Abt die Handlungsfelder. „Wir wollen die Angebote in diesem Bereich weiter ausbauen und müssen auch die Berufsbilder in der Ausbildung noch schneller den sich rasant verändernden Anforderungen anpassen.“
Ganz oben auf der Wunschliste der befragten Unternehmen steht der zügige Ausbau von Highspeed-Internet und mobilem Internet. Mit der digitalen Infrastruktur in den Ballungszentren seien die befragten Unternehmen, so Fraunhofer IPA, aktuell zumeist noch zufrieden. Allerdings wird häufig die digitale Infrastruktur in einzelnen Teilräumen, insbesondere in ländlichen Gebieten, beklagt. „Wir brauchen hier einen breit angelegten Ausbau der digitalen Infrastruktur für die gesamte Metropolregion, um im zukünftigen Standortwettbewerb mithalten zu können, an innovativen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben teilnehmen zu können und als Bildungsstandort vorne mitzuspielen“, appelliert Abt an Kommunen, Land und Bund.