Speyer / Metropolregion Rhein Neckar cr. – Es mögen wohl gut fünfzig bis sechzig Hunde der unterschiedlichsten Rassen und Größen gewesen sein. sowie zwei putzige Kaninchen, die letzten Sonntag, begleitet von ihren Frauchen und/oder Herrchen in den sonnendurchfluteten Innenhof vor der Tierarztpraxis von Heike Frese in die Speyerer Auestraße gekommen waren, um in ökumenischer Eintracht gemeinsam mit den Pfarrern Hubert Ehrmantraut von der katholischen Pfarrgemeinde St. Joseph und seinem evangelischen Amtsbruder Uwe Weinerth von der Gedächtniskirche den ersten Speyerer Tiergottesdienst mit angeschlossener Tiersegnung zu feiern.
Gleich zu Beginn des Wortgottesdienstes stellte dabei Pfarrer Weinerth mit seiner Begrüßung, in der er die „lieben Menschen“ in einem Atemzug und gleichrangig neben den „lieben Hunden und lieben Kaninchen“ willkommen hieß, die unauflösbare Gemeinschaft von Mensch und Tier in der Schöpfung Gottes heraus – das zentrale Thema dieser Feier, für die es bei den zahlreich gekommenen Tierfreunden, die trotz des überraschend „hereingebrochenen“ Sommers und der zahlreichen konkurrierenden Veranstaltungen an diesem Wochenende in Speyer und in der Region offensichtlich ein deutlich erkennbares Bedürfnis zu geben scheint.
Das zeigte sich dann auch in dem von den beiden Geistlichen im Wechsel mit der Gemeinde gesprochenen Psalm, in dem gemeinsam das Lob des Schöpfers und der von ihm erschaffenen Kreaturen gepriesen wird.
In seiner Predigt griff Pfarrer Weinerth dann auf einen Text zurück, der lange Zeit unter dem trockenen Sand der ägyptischen Wüste verborgen gelegen hatte und deshalb wohl nicht den Weg in eines der überlieferten Evangelien gefunden hat. Dieser Text, so Pfarrer Weinerth – er handelt von einem Maultier, das – unter Verweis auf das Verfügungsrecht seines Besitzers über das Tier – von seinem Eigentümer schwer mißhandelt wurde – belege, dass Jesus nicht allein Menschen, sondern auch Tiere geheilt habe. Diesem Vorbild sei dann auch der heilige Franziskus gefolgt, der auch den „Geschwistern Tiere“ gepredigt habe.
„Wir müssen deshalb auch heute die Bedürfnisse von Tieren ernst nehmen“, rief der Geistliche die Gläubigen auf und zitierte dazu den großen Humanisten, Friedensnobelpreisträger und „Urwalddoktor“ Albert Schweitzer, der „die Grundlage allen Seins in der Ehrfurcht vor jedem Leben“ festgemacht habe. Heute zur Gewohnheit gewordene Gepflogenheiten im Umgang mit Tieren jedoch wie Massentierhaltung, Tierversuche und Massentiertransporte seien mit dieser Überzeugung unvereinbar, betonte Weinerth, der sich auch nachdrücklich dagegen verwahrte, Tiere als „seelenlose Wesen“ zu diskreditieren. „Auch Tiere haben nämlich ein Empfinden“, betonte er und verwies auf „animal“, das englische Wort für Tier, das, abgeleitet vom lateinischen ‘anima’, d.h. „Seele’, beweise, dass schon unsere Altvorderen keinen Zweifel daran zuließen, dass auch Tiere über eine Seele verfügten.
Wenn deshalb die Ehrfurcht vor jedem beseelten Wesen das Handeln des Menschen bestimmen würde, dann gäbe es auch nicht solche Entgleisungen im Umgang mit Tieren“, stellte der Geistliche heraus, der folgerichtig und mit Nachdruck „für einen veränderten Umgang mit Tieren vor allem auch durch die Änderung unser aller Lebens- und Einkaufsgewohnheiten“ eintrat. „Statt an die Maximierung des Inhalts unserer Geldbeutel durch die Forderung nach immer billigerem Fleisch sollten wir die die Ehrfurcht für das Mitgeschöpf in den Mittelpunkt unserer Anstrengungen stellen“, rief Weinerth die Gemeinde auf, „Hierzu ist aber eine Umkehr dringend geboten – denn nur eine solche Umkehr führt uns weiter“.
Während im weiteren Fortgang des Gottesdienstes Helferinnen der Tierarztpraxis noch tierartgerechte „Leckerlis“ an die geduldig lauschenden, vierbeinigen Gottesdienstbesucher verteilten, versuchte sich die Gemeinde, unterstützt von einer um „den guten musikalischen Ton“ bemühten Viermann/Frau-Combo, die jeweils passende „Vorlage“ für drei gemeinsam gesungene Gemeindelieder zu liefern.
Und auch die Kollekte dieses Gottedienstes war den Tieren und dem Tierschutz gewidmet: der Aktion „Tierärzte ohne Grenzen“, die bedürftigen afrikanischen Bauern bei der Anschaffung eines Schafs oder einer Kuh behilflich ist und später auch dafür sorgt, dass diese Tiere ein gutes und gesundes Leben führen können.
Spenden für diese Einrichtung werden erbeten an „Tierärzte ohne Grenzen“ IBAN DE53 2519 0001 0434 3433 00 BIC VOHADE2HXXX
„Ein durchaus zum Nachdenken anregender Gottesdienst – eine höchst gelungene Feier“ – das war die einhellige Meinung vieler Teilnehmer an diesem stimmungsvollen, gut halbstündigen ersten Speyerer Tiergottesdienst, von dem sich die Anwesenden in ihrer Mehrzahl erhofften, das er keine „Eintagsfliege“ bleiben möge.
Dann aber wäre vielleicht doch ein anderer „Spielort“ zu empfehlen, einer, der – im Interesse von Mensch und Tier – mehr an „Natur und Gottes Schöpfung“ erinnert als der mit Verbundsteinpflaster belegte Parkplatz zwischen weiß gestrichenen Steinwänden in der Auestraße. Und hierzu kamen dann aus den Reihen der Anwesenden auch sogleich erste konkrete Vorschläge: Von der Walderholung über Grünanlagen rund um Speyerer Kirchen bis hin zu den öffentlichen Parks – die Auswahl hierfür jedenfalls ist in Speyer durchaus groß genug, um der guten Idee der Initiatoren dieses ganz besonderen Gottesdienstes einen noch besseren Rahmen zu verleihen. Foto: gc