Mannheim/Metropolregion Rhein-Neckar-„Zur Kasse, Schnäppchen!“: Überlebensstrategien im Einkaufsdschungel
Die Marketingprofessoren Dr. Willy Schneider und Dr. Alexander Hennig vom Studiengang Handel der DHBW Mannheim beschäftigen sich in ihrem gerade erschienenen Buch „Zur Kasse, Schnäppchen!“ auf ebenso wissenschaftliche wie unterhaltsame Art mit der Frage, „warum wir immer mehr kaufen, als wir wollen“. Dass dabei neben Produktplatzierung und Größe der Einkaufswagen auch Sexualhormone und Neandertalerrelikte unser Kaufverhalten steuern, sind nur einige der verblüffenden Resultate der Shopping-Wissenschaftler.
Einkaufen, ein anspruchsloses Unterfangen? Wohl eher eine Wissenschaft für sich, das zeigt die neue Publikation der beiden Marketingexperten Professor Dr. Alexander Hennig und Prof. Dr. Willy Schneider von der Dualen Hochschule Mannheim. In ihrem Buch „Zur Kasse, Schnäppchen!“ zeigen die beiden Professoren des Studiengangs Handel die Fallstricke bei der alltäglichen Einkaufstour auf und durchleuchten mit Hilfe der Hirnforschung und der Verhaltenspsychologie das Einkaufsverhalten der Verbraucher.
Kombiplatzierungen mit höherpreisigen Markenprodukten, teure Produkte in Griff- und Sichthöhe, Quengelware an der Kasse – das sind nur einige Hindernisse, die uns von einem rationalen Konsum abbringen. Einkaufswagen, die nach den Gesetzen der optischen Täuschung konstruiert sind, „Bremszonen“ im Eingangsbereich, die den eilenden Schritt des Konsumenten auf entspanntes Schlendertempo zwingen oder Richtungsführung entgegen dem Uhrzeigersinn, aber entsprechend des natürlichen Bewegungsverlaufs, tun ein Weiteres. Hintergrundmusik zur Steigerung des Wohlbefindens, gewollt lange Wegstrecken zu Grundnahrungsmitteln wie Milch oder Butter und Cross-Selling-Analysen zum generellen Kaufverhalten ergänzen die lange Liste der Kaufbeschleuniger.
Auch gängige Rollenstereotypen zum geschlechtsspezifischen Käuferverhalten hinterfragen die beiden Wissenschaftler kritisch. Das überraschende Ergebnis: In den Klischees steckt viel Wahres: „Studien zeigen, dass Männer und Frauen tatsächlich unterschiedlich einkaufen“, so Schneider, „So kaufen Männer zielgerichteter und damit schneller ein, während Frauen herumstreifend Preise und Qualität vergleichen und entsprechend länger brauchen.“ Erklären lässt sich dieses unterschiedliche Einkaufsverhalten der Geschlechter mit durch die Sexualhormone – der höhere Anteil an Östrogen lässt Frauen stärker auf Verlockungen der Warenwelt reagieren, der hohe Testosteronspiegel macht den männlichen Kunden zu einem entschlossenen Einkäufer, aber auch anfällig für erotische Werbung – und durch unser Reptiliengehirn aus grauer Vorzeit. „Im Grunde sind wir beim Einkaufen nach wie vor Neandertaler“, sagt Hennig schmunzelnd. „Wir laufen immer noch mit dem Hirn eines Jägers und einer Sammlerin durch die moderne Einkaufswelt.“
Wie sehr sich das Einkaufsverhalten rationaler Kontrolle entzieht, zeigen auch die Ergebnisse der Hirnforschung: So aktivieren Rabattangebote und Schnäppchen unser Belohnungszentrum im Gehirn und verleiten uns zu unnötigen Spontankäufen, so wird das Schmerzzentrum bei Barzahlung ungleich stärker stimuliert, als bei Zahlung mit Kredit- oder EC-Karte.
Entsprechend formulieren die beiden Handelsexperten auch die Zielsetzung ihres Buches: „Nur 30 Prozent unserer Kaufentscheidungen sind wohlüberlegt, 70 Prozent dagegen fallen spontan aus. Dafür wollen wir ein Bewusstsein schaffen,“ sagt Hennig und Schneider ergänzt: „Wir wollen nicht den Spaß am Shoppen nehmen, sondern den Blick des Verbrauchers für die kleinen und großen Verführungen in der Warenwelt schärfen, ihn auf Augenhöhe zu den Handelsunternehmen bringen.“
Professor Dr. Willy Schneider leitet seit 1997 den Studiengang Handel an der DHBW Mannheim. Professor Dr. Alexander Hennig ist seit Oktober 2009 im selben Studiengang tätig. „Zur Kasse, Schnäppchen!“ ist bereits das vierte Fachbuch, das Schneider und Hennig zusammen erarbeitet haben. Es erschien Ende Juni im Südwest Verlag.
Schneider, Willy/ Hennig, Alexander: Zur Kasse, Schnäppchen! Warum wir immer mehr kaufen, als wir wollen. Südwest Verlag 2010, 9,95 €