Mannheim/Metropolregion Rhein-Neckar.„Diesen wichtigen Dienst sichtbar machen“
TelefonSeelsorge Rhein-Neckar: Leiter Pfarrer Dr. Michael Lipps geht in Ruhestand. Gottesdienst am 21. September in der Schlosskirche
Am 1. November 2016 beginnt für Pfarrer Lipps eine neue Zeitrechnung. Dann geht der Leiter der ökumenischen TelefonSeelsorge (TS) Rhein-Neckar in Ruhestand. „Wie das sein wird, weiß ich nicht. Da bin ich Anfänger.“ In einem festlichen Gottesdienst in der Schlosskirche wird er am 21. September um 18 Uhr von Oberkirchenrat Dr. Matthias Kreplin verabschiedet.
Der Wechsel von der kollektiven Leitung bei sanctclara hin zur individuellen TS-Leitung war schon „ein Umkrempler“. Nun, erzählt Lipps, wechsele er „in eine Situation, die gesellschaftlich keine objektivierbare Relevanz mehr hat“. Wie er sich im Rentnerdasein in der Gesellschaft verorten werde, darüber denkt er noch nach. Die Neugierde darauf ist groß. So wird ein Abschied wieder zum Anfang.
Denn Anfänge liegen ihm. Nach einigen Jahren als Gemeindepfarrer fing der begeisterte Erwachsenenbildner in Mannheim etwas ganz Neues an und baute dort das Ökumenische Bildungszentrum sanctclara mit auf. Zwölf Jahre später, kurz vor 60, wechselte er zur TelefonSeelsorge (TS) Rhein-Neckar. Wieder ein Anfang. Als deren Leiter gab er der bundesweit größten TS-Einrichtung eine neue Prägung. Mit dem Umzug in repräsentative Räume im Zentrum Mannheims verband er das so notwendige Wirken der TS in der Anonymität mit einer Öffnung hinein in die Öffentlichkeit. „Mir war es wichtig, diesen Dienst sichtbar zu machen“, sagt Lipps. An einem neuen Ort war diese Neuausrichtung möglich. Die Räume am Wasserturm umfassen die Geschäftsstelle der TelefonSeelsorge Rhein-Neckar mit Seminarräumen. Im Gegensatz zur Geschäftsstelle bleibt der Ort, an dem die Notruftelefone stehen, von denen aus die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Dienst tun, geheim.
Ehrenamt ist auch ein Privileg
Die derzeit fast 160 Ehrenamtlichen tun ihren Dienst am Telefon, im Chat und per Mail rund um die Uhr. Der jüngste ist 20 Jahre alt, die älteste 84 Jahre. Mit einem umfangreichen internen Fortbildungsprogramm werden sie auch nach ihrer sorgfältigen Ausbildung in ihrem Dienst begleitet. „Das ist zusätzlich zur monatlichen Supervision ein Teil unserer Qualitätssicherung und ist auch immer ein großer Zugewinn für die Ehrenamtlichen“, weiß Lipps aus Rückmeldungen des TS-Teams. „Wer gut ausgebildet und gut begleitet ist, erhält im Ehrenamt mindestens so viel zurück, wie er oder sie an Engagement mit einbringt“, sagen die Ehrenamtlichen selbst.
Sinnfindung und Orientierung geben
„Es ist ein Privileg, bei uns mitarbeiten zu dürfen“, ist Lipps überzeugt und bezieht sich als Hauptberuflicher explizit mit ein. Seine Grundüberzeugung, dass Kirche partizipatorische Möglichkeiten schaffen und den Menschen Sinnfindung und Alltagsorientierung bieten solle, hat er auch als Leiter der TS umgesetzt.
Wir machen Seelsorge
Neben dem intensiven Austausch mit den Ehrenamtlichen, erzählt Lipps, war für ihn prägend, den Seelsorgebegriff in seiner Weite zu erleben und zu sehen. Das unterscheidet die TelefonSeelsorge von anderen Einrichtungen der Beratung: Als Seelsorgerin und Seelsorger, bereit zu sein, wahrzunehmen und ernst zu nehmen, was an Not oder Elend angetragen werde. „Das ist die profundeste Übung überhaupt: Nicht zu beurteilen oder zu bewerten, sondern da zu sein und präsent zu sein.“ Die Hilfe der TS sei das Gespräch. Die dafür notwendige Haltung formuliert Lipps so: „Ich muss die Menschen mögen.“
Bereits in seinen jungen Berufsjahren lernte Michale Lipps Mannheim als Vikar kennen. Anschließend arbeitete er sieben Jahre in Rastatt als Gemeindepfarrer, bevor er 1987 wieder in die Quadratestadt kam, um dort mit seinem katholischen Kollegen Stephan Leinweber zusammen das in seiner Konzeption bundesweit einzigartige ökumenische Bildungszentrum sanctclara aufzubauen. Von 1994-2002 war er Vorsitzender der Mannheimer Bezirkssynode und von 2002 bis 2008 beratendes Mitglied des Stadtkirchenrats der Evangelischen Kirche. Zudem ist er einer von weltweit rund 200 Lehrbeauftragten für TZI (Themenzentrierte Interaktion). Diese Kurse, so Lipps, werde er weiterhin geben. Er bleibt in der Erwachsenenbildung und Fortbildung der badischen Landeskirche verankert. „Mein Arbeitszimmer zu Hause ist schon eingerichtet“, sagt Michael Lipps.
Seine Nachfolgerin Pfarrerin Elke Rosemeier leitet ab 1. November 2016 die TS, an die sich jährlich aus dem Gebiet der ganzen Metropolregion Rhein-Neckar per Telefon, Mail und Chat über 40.000 Menschen in Not wenden. „Anonym – kompetent – rund um die Uhr“ ist zurecht der Slogan der Telefonseelsorge. Die Telefonnummern der Anrufenden erscheinen in keinem Display. Die bundesweit einheitlichen Rufnummern 0800-1110111 und 0800-1110222 sind gebührenfrei. Info: www.telefonseelsorge-rhein-neckar.de. Foto: Daniel Lukac. (dv/schu)
Mittwoch, 21. September 2016, 18 Uhr
Verabschiedungsgottesdienst Dr. Michael Lipps
Mitwirkende: Oberkirchenrat Dr. Matthias Kreplin, Karlsruhe; Dr. Georgios Basioudis, Dr. Esther Graf; Pastoralreferentin Dorothea Welle, ehrenamtlich Mitarbeitende der TelefonSeelsorge Rhein-Neckar
Schlosskirche
Bismarckstr. 14, 68161 Mannheim
Quelle Evangelische Kirche in Mannheim