Mannheim/Metropolregion Rhein-Neckar. In der Neckarstadt haben die Franziskaner über Generationen hinweg Menschen begleitet, Trost gespendet, Fragen ausgehalten und Gemeinschaft gestiftet. Jetzt feiern sie 100 Jahre gelebten Glauben – dankbar und einladend. Am 10. Mai um 16 Uhr beginnt in St. Bonifatius (Friedrich-Ebert-Straße) der Jubiläumsreigen mit einem festlichen Gottesdienst, gefolgt von einem Fest der Begegnung. Mit dabei: die aktuelle Hausgemeinschaft – Markus Steinberger (Guardian), Franz-Leo Barden (Hausvikar) und Raphael Kaltenecker – und ein paar Brüder, die die Seelsorge, das Gemeindeleben und die Entwicklung der Kommunität in der Quadratestadt geprägt haben.
Kommunität mit Geschichte
Die Geschichte der Kommunität begann 1925. Am 7. Mai dieses Jahres zogen die ersten fünf Franziskaner in die Stadt ein und stellten sich bereits drei Tage später im Sonntagsgottesdienst der Gemeinde vor. Von Anfang an wurde ihnen die seelsorgliche Verantwortung für die Pfarrei St. Bonifatius übertragen, deren Pfarrkirche bereits 1914 im Jugendstil erbaut worden war. Zwischen 1928 und 1930 errichteten die Franziskaner neben der Kirche ein eigenes Pfarrkloster, das zum Zentrum ihres Wirkens in Mannheim wurde. Die Zeit des Nationalsozialismus war dramatisch: 1940 wurde das Kloster Frauenberg in Fulda – der Sitz des Provinzialats der Thüringischen Provinz – vom NS-Regime beschlagnahmt. Daraufhin wurde es bis Kriegsende in die Mannheimer Neckarstadt verlegt. 1943 traf eine Bombe die Kirche, die Kuppel stürzte ein, Fenster wurden durch Brandminen zerstört. Kurz vor Kriegsende, im Dezember 1944, wurde St. Bonifatius zur Pfarrei erhoben. Die Franziskaner blieben.
Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau. Die Kommunität wuchs mit den Aufgaben: 1949 gründete die Gemeinde das „Studio für zeitgenössische geistliche Musik“, das bundesweit bekannt wurde und vielen jungen Künstlern als Sprungbrett diente. 1954 kam ein Gemeindehaus mit großem Saal und Jugendräumen hinzu, was die Rolle der Franziskaner als Anlaufstelle für Gemeindeleben und soziale Aktivitäten weiter stärkte. Mit dem Wachstum der Gemeinde auf 11.000 Mitglieder entstand 1959 die Kuratie St. Bernhard, die 1970 zur eigenen Pfarrei wurde, aber noch nicht Teil des pastoralen Raums der Franziskaner-Kommunität war.
Ordensmänner schreiben Stadtgeschichte
Die hier wirkenden Ordensmänner sind Teil der Zeit- und Stadtgeschichte: 1940 wurde der frühere Kaplan P. Thaddäus Brunke ins KZ verschleppt und starb 1942 in Dachau – an ihn erinnert bereits ein Stolperstein. Eine echte Mannheimer Ehrung wurde dem Franziskanerpater Konstantin im Dezember 1982 zuteil – erhielt er doch den „Bloomaulorden“.
Die Franziskaner-Kommunität ist bis heute ein fester Bestandteil der Katholischen Kirche in Mannheim. Über die Jahrzehnte hinweg haben die Ordensmänner ihre Arbeit immer wieder den gesellschaftlichen Veränderungen angepasst, ohne ihre franziskanische Identität aufzugeben. Auch nicht, als sich ihr seelsorgerliches Gebiet ständig erweiterte: 2002 fusionierten St. Bonifatius und St. Bernhard zur Seelsorgeeinheit Neckarstadt-Ost. 2015 entstand mit Herz Jesu und St. Nikolaus die Seelsorgeeinheit Mannheim-Neckarstadt. Das Wirken der Franziskaner in Mannheim ausgehend von St. Bonifatius wird bei einem weiteren Jubiläumsevent am 18. Oktober durch eine dann angebrachte Gedenktafel – ähnlich der Stadtpunkte – deutlich sichtbar.
Denn die Franziskaner prägten die große Gemeinde durch ihre besondere Spiritualität, die sich an den Idealen des heiligen Franz von Assisi orientiert: Einfachheit, Armut, Offenheit und die Hinwendung zu den Menschen am Rand der Gesellschaft. Sie übernahmen die klassische franziskanische Aufgabe der Seelsorge, engagierten sich in der Jugendarbeit und schufen Räume der Begegnung für die Menschen in ihrem Seelsorgegebiet. Das Quartierbüro Wohlgelegen, das ebenfalls Jubiläum feiert (Seite 11) ist ein Beispiel, ebenso die Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung im Gemeindehaus von Herz Jesu oder als Zuhause des Ostergartens in der St. Nikolaus-Kirche.
Gemeinschaft über Pfarreigrenzen hinweg
Quicklebendig ist auch die Gemeinschaft der Ministrantinnen und Ministranten. Im Jubiläumsjahr bekommen diese vom 30. Mai bis 1. Juni Besuch aus der gesamten deutschen Franziskanerprovinz. Rund 100 Messdienerinnen und Messdiener werden hierfür in der Mannheimer Neckarstadt erwartet. Auch diese Treffen – ehemals auf Ebene der Thüringischen Franziskanerprovinz ausgehend von Fulda in den 1990ern initiiert – haben eine lange Tradition. „Gerne haben wir anlässlich unseres Jubiläums die Einladung in diesem Jahr übernommen“, berichtet Bruder Markus.
Die Gäste, die zum Teil aus Halle oder Dortmund anreisen, erwartet neben einem gemütlichen Grillabend zum Kennenlernen eine Stadtrallye durch die Quadrate, ein Impro-Theater-Wettbewerb, eine Party im Gemeindesaal und ein großer Festgottesdienst am 1. Juni um 11 Uhr. „Ihre Gewänder müssen die Minis aus ganz Deutschland dafür aber selbst mitbringen“, schmunzelt Bruder Franz-Leo, „so viele haben wir hier nicht vorrätig“.
Unterstützung für das große Treffen kommt unter anderem von der DJK, die die Halle an St. Laurentius für die Übernachtung zur Verfügung stellt. „Wer mit Salaten oder Kuchen unterstützen möchte, kann sich im Pfarrbüro St. Bonifatius (0621/300 85-204 – st.bonifatius@kath-ma-neckarstadt.de) gerne melden“. Das Team der Neckarstädter Ministrant:innen ist jetzt schon dankbar für den Rückhalt der Gemeinde. Denn auch für sie ist dieses Treffen im Jubiläumsjahr etwas ganz Besonderes. schu (aktuelle Bilder: kathma/schu I historische Bilder: St. Bonifatius – Franziskanerprovinz Deutschland)
Quelle: Stadt Mannheim