Heidelberg / Metropolregion Rhein-neckar – Die junge Wissenschaft der Psychoneuroimmunologie (PNI), eng verwandt mit der Endokrinologie, zeigt unter anderem den Zusammenhang von (Dauer-)Stress und Entzündungsprozessen auf und hat eindrucksvolle Belege erarbeitet, dass insbesondere die Krebserkrankung durch Stress – hier sind auch Anspannung und Angst gemeint – angetrieben wird. Unbestritten hat also das innere Erleben, Denken und Fühlen, Einfluss auf hormonelle sowie neuronale Körper-prozesse und sogar auf unser Immunsystem.
Die GfBK begrüßt es daher, dass psychoonkologische Maßnahmen bereits seit einigen Jahren im onkologischen Leitlinienprogramm verankert sind, denn der Zusammenhang lässt sich auch in der umgekehrten Richtung beeinflussen: Entspannung fördert Regenerations-, Reinigungs- und Heilungsprozesse auf mikrobiologischer Ebene, Zuversicht erhöht die Chancen auf Therapieerfolg.
Doch wie immer, wenn der Faktor Mensch im Spiel ist: Körper, Geist und Seele reagieren individuell. „Für Patient:innen ist die Krankheit oftmals eine Gelegenheit, sich um Aufarbeitung spannungsreicher Beziehungen, oder vielleicht auch lang zurückliegender Erlebnisse in der Familie zu kümmern. Die Krankheit erlaubt ihnen den Blick zurück, und sie gewinnen Energie aus der Konfliktlösung,“ berichtet eine der GfBK-Beraterinnen aus langjähriger Praxis. Andere wollen den Blick aber lieber nach vorne richten, Chancen visualisieren, und sich so ihrer Gesundheit widmen. „Beides hat völlige Berechtigung, wenn es dem Kohärenzerleben der betroffenen Person dient. Eine kompetente psychoonkologische Betreuung kann in beiden Fällen große Dienste leisten für die Betroffenen und positiv zum Therapieverlauf beitragen“ ordnet Dr. med. Nicole Weis, beratende Ärztin und Vorstandsmitglied der GfBK ein.
Das Salutogenesemodell des Medizinsoziologen Aaron Antonovsky macht die Kohärenz, die subjektive Stimmigkeit, zum zentralen, psychisch fassbaren Faktor der Gesundheit. „Wir können sehr viel für Patient:innen tun, die sich einer onkologischen Therapie unterziehen müssen, wenn wir sie unterstützen, bei sich zu bleiben und die innere Übereinstimmung mit dem oftmals aggressiven Behandlungsregime zu verbessern“, so Dr. med. György Irmey, der Ärztliche Direktor der GfBK.
Eine Garantie auf Heilung gibt es nicht, und ebenso wenig eine Pflicht, gesund zu werden. „Die Kehrseite der guten Nachricht vom Einfluss der Psyche ist der Druck, der bei so viel Engagement und gutem Willen entstehen kann – Erwartungen der Betroffenen selbst oder aus dem Umfeld, von Familie, Freunden, aber auch von uns Therapeut:innen,“ warnt Dr. Weis. Auch eine positive Erwartung kann Stress auslösend wirken und damit pathogene Prozesse verstärken.
Die GfBK will dazu ermutigen, Patient:innen als Expert:innen ihrer selbst anzusprechen, die herausfinden können, welche Schritte und Maßnahmen in ihrer momentanen Situation stimmig sind. Zur Einordnung des Therapieerfolgs ist die Erhaltung und Steigerung der Lebensqualität zurate zu ziehen, und auch diese wird von unterschiedlichen Betroffenen divers erlebt und bewertet. Hier hilft letztlich nur der Dialog auf Augenhöhe: „Das sollte nicht zu viel verlangt sein, wenn wir bedenken, welche Maßnahmen wir Krebsbetroffenen zumuten,“ so das Fazit von Dr. med. Nicole Weis.
Quelle: Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e. V. (GfBK)