Die angehenden Fachkräfte, mit Kaffee, Blöcken und Stiften ausgerüstet, fanden sich in einem Klassenzimmer wieder, das an diesem Tag von einem anderen Thema geprägt war: der Arbeit im Strafvollzug.
Die Fachschule für Heilerziehungspflege bildet junge Menschen aus, die später Menschen mit Unterstützungsbedarf in verschiedenen Lebensbereichen begleiten sollen. In diesem Rahmen erhielten die Auszubildenden die Möglichkeit, ein Arbeitsfeld kennenzulernen, das ihnen ansonsten weitgehend unbekannt war: den Strafvollzug. Was auf den ersten Blick nach einer Welt der strengen Regeln und Grenzen klingt, entpuppte sich als ein äußerst vielseitiges Berufsfeld.
Im Mittelpunkt des Besuchs stand der Austausch zwischen den Auszubildenden und den Vollzugsbeamten. Diese lieferten wertvolle Einblicke in ihre tägliche Arbeit in den Bereichen Krankenpflege, Werkbetriebe und aus dem Vollzug. Der Besuch machte schnell klar, wie vielschichtig die Aufgaben im Strafvollzug sind. So berichteten die Beamten von der Möglichkeit der Strafgefangenen, während ihrer Haftzeit einen Schulabschluss zu erlangen oder sogar eine Ausbildung zu absolvieren.
„Es geht nicht nur darum, die Gefangenen zu beaufsichtigen, sondern sie auch in ihrem Lebenskontext zu unterstützen und ihnen Perspektiven zu bieten“, erklärte ein Beamter. „Jeder Insasse hat individuelle Bedürfnisse und Herausforderungen, die es zu adressieren gilt.“
Besonders spannend für die angehenden Heilerziehungspfleger war die Tatsache, dass auch in der JVA ihre Fähigkeiten gefragt sind. „Unsere Ausbildung bietet uns eine breite Palette an Kompetenzen – von Kommunikationsstärke über Beziehungsarbeit bis hin zu pflegerischem Wissen und der Arbeit mit psychischen Auffälligkeiten. Das sind genau die Fähigkeiten, die auch im Strafvollzug eine große Rolle spielen“, sagte eine der Auszubildenden.
Der Besuch zeigte, dass der Einsatz im Strafvollzug nicht nur von der Ausbildung und den Fachkenntnissen der Mitarbeiter abhängt, sondern auch von ihrer Fähigkeit, in herausfordernden Situationen zu agieren. Ein weiterer Beamter verdeutlichte: „Die Arbeit mit Gefangenen, besonders im Bereich der Ambulanz und Pflege, unterscheidet sich stark von der zivilen Pflege. Hier müssen wir immer auch psychische Belastungen und die besonderen Anforderungen der Haft berücksichtigen.“ Themen wie Telemedizin, Substitutionstherapie und Krisenintervention spielten eine zentrale Rolle im Alltag der Beamten.
Das Interesse der Auszubildenden war groß, und die Fragen, die gestellt wurden, zeugten von einer aufgeschlossenen und neugierigen Haltung. „Es war für uns eine wertvolle Gelegenheit, den Strafvollzug besser zu verstehen und die vielen Facetten dieses Berufs kennenzulernen“, so eine weitere Auszubildende.
Ob sich nun einige der Auszubildenden angesprochen fühlten, im Strafvollzug zu arbeiten, bleibt abzuwarten. Doch sicher ist, dass der Besuch die Gelegenheit bot, in ein ansonsten geschlossenes System einzutauchen, Hemmschwellen abzubauen und neue Perspektiven auf den Berufsalltag zu gewinnen. Der Austausch zwischen den Auszubildenden und den Beamten war ein gelungener Schritt in der Fachkräftegewinnung, der den angehenden Heilerziehungspflegern einen wertvollen Einblick in eine oft unbekannte, aber nicht minder wichtige Berufswelt ermöglichte.
Quelle: F+U Rhein-Main-Neckar gGmbH