Viernheim / Metropolregion Rhein-Neckar – „Jeder Schritt gegen Gewalt an Frauen und Mädchen ist wertvoll“ – Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Viernheim, Maria Lauxen-Ulbrich, zeigt sich erfreut über die Zustimmung des Bundesrates zum neuen Gewalthilfegesetz (GewHG). Nach jahrelangem Warten vieler Beratungsstellen, Frauen und Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten wurde am 14. Februar der Weg für einen umfassenderen Schutz Betroffener bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt geebnet.
„Jeder Schritt gegen Gewalt an Frauen und Mädchen ist wertvoll. Das neue Gesetz stellt sicher, dass Betroffene künftig einen bundeseinheitlichen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. Damit werden wichtige Lücken im Hilfesystem geschlossen“, betont Lauxen-Ulbrich.
Im Vergleich zum bisherigen Gewaltschutzgesetz (2002), das hauptsächlich auf akuten Schutz wie Kontaktverbote abzielte und weniger auf langfristige Prävention, haben erstmals Betroffene einen bundesweiten Rechtsanspruch auf Schutzplätze und Unterstützung – bisher war dies eine freiwillige Leistung der Kommunen. Außerdem erfolgt die Unterbringung in Frauenhäusern kostenfrei. Bisher mussten Betroffene oft einen Eigenanteil zahlen, der durch langwierige Kostenübernahmeprüfungen verzögert wurde. Mit dem neuen Gesetz werden finanzielle Barrieren abgebaut. Der Rechtsanspruch gilt allerdings erst ab dem 1. Januar 2032, während der Bund zwischen 2027 und 2036 den Ländern rund 2,6 Milliarden Euro zur Umsetzung bereitstellt.
Zahlreiche Beratungen für Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt
Seit vielen Jahren ist die städtische Gleichstellungsbeauftragte Anlaufstelle für Ratsuchende bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Widereinstieg in den Beruf oder für Menschen, die von beruflicher Diskriminierung, Benachteiligung oder geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind. Letzteres reicht von Auskunft und Unterstützung bei Mobbing, Stalking,
sexualisierte Sprüche/Anmache (Catcalling) über häusliche Gewalt und Beziehungsgewalt bis hin zur Vergewaltigung.
Neben individueller Beratung greift sie zusätzlich – auch mit einem kreisweiten Netzwerk – mehrmals im Jahr Aktionstage auf, um auf das Thema körperliche und/oder sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen aufmerksam zu machen. Dazu zählen der weltweite Aktionstag „One Billion Rising“ (Übersetzt: Eine Milliarde erhebt sich), der Internationale Frauentag mit zahlreichen Veranstaltungen oder der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen mit Fahnenhissung, Brötchentütenaktion, Film- und Tanzvorführungen.
Seit 2019 führt sie jährlich rund 200 Beratungen durch. Im Jahr 2024 waren es knapp 170 Beratungen, darunter 32 Fälle von Beziehungsgewalt und sechs Fälle mit direkter Krisenintervention, bei denen Betroffene in akuten Gefahrensituationen in Zusammenarbeit mit Polizei, Frauenhaus und anderen Institutionen in Sicherheit gebracht werden konnten. Im Vergleich zum Vorjahr 2023 war für Viernheim ein leichter Rückgang erkennbar. „Doch es gibt keinen Grund zum Aufatmen“, betont Lauxen-Ulbrich. „Von sexualisierter Gewalt betroffene Personen – rund 80 Prozent der Betroffenen sind Frauen – begleitet neben den physischen Folgen ein enormes Ausmaß an psychischen Folgen. Direkt nach der Tat verbunden mit einem extremen Schamgefühl. Letzteres ist oft auch ein Grund, warum Frauen nicht zur Polizei gehen.“ Umso wichtiger sei eine schnelle und unbürokratisches Hilfe, wie sie aktuell bei allen in Viernheim involvierten Institutionen im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten der Fall sei, wie zum Beispiel die Klärung der Kostenübernahme über das Jobcenter.
Trotz ihrer Zustimmung zum Gesetz betont Lauxen-Ulbrich die Notwendigkeit, gesellschaftliche Strukturen zu verändern: „Es braucht eine breite Diskussion über männliche Rollenbilder und patriarchale Denkmuster, die Gewaltbereitschaft fördern. Schutzmaßnahmen allein reichen nicht. Es muss frühzeitig in Bildung und Prävention investiert werden, um Respekt, Gleichberechtigung und gegenseitige Achtung zu fördern.“ Ein weiterer zentraler Punkt wäre gewesen, den Zugang auch für von Mehrfachdiskriminierung betroffene Gruppen wie Trans- und nicht-binäre Personen sicherzustellen, so Lauxen-Ulbrich. Dieser Punkt konnte aufgrund der Uneinigkeit der vorherigen Koalition nicht mehr durchgesetzt werden.
Hilfesystem für Betroffene in Viernheim
Ausführliche Informationen hat das städtische Gleichstellungsbüro auf der Homepage der Stadt Viernheim unter www.viernheim.de/schutz-vor-gewalt bereitgestellt:
• Frauen-Nachtfahrdienst: Sicherer Heimweg zwischen 19 und 6 Uhr (Winter) bzw. 20 und 6 Uhr (Sommer) für 6 Euro
• Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: Rund um die Uhr erreichbar unter 116 016 (in 18 Sprachen)
• Heimwegtelefon: Begleitung auf dem Heimweg unter 030 12074182, Sonntag bis Donnerstag von 21 bis 24 Uhr, Freitag und Samstag von 21 bis 3 Uhr
• Notruf im akuten Fall: Polizei 110