Ludwigshafen / Metropolregion Rhein-Neckar.(Harald Huber) Die Bürgerinitiative Lebenswertes Ludwigshafen kritisiert die Planung und Umsetzung der Helmut-Kohl-Allee, da sie eine deutliche Verschlechterung des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) mit sich bringt.
Sie vermisst genau den von der Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck gerade beworbenen Interessenausgleich verschiedener “Anspruchsgruppen“, denn die Helmut-Kohl-Alle wird nur dem Autoverkehr nutzen. Neben Anwohnern, Fußgängern und Radfahrern werden die ÖPNV-Nutzer nach einer jahrelangen belastenden Bauzeit zu den Verlierern dieses Projekts.
Die Stadtverwaltung gibt an, dass sie an den Planfeststellungsbeschluss gebunden ist, will aber aktuell mit der Haltestelle Ludwigsplatz selbst davon abweichen. Diese beabsichtigte Verlegung der Straßenbahnhaltestelle vom Rathaus auf den Ludwigsplatz würde den ersatzlosen Wegfall des zentralen
Verkehrsknotens am Rathaus bedeuten und wäre ein klarer verkehrspolitischer Rückschritt, da dort kein direkter Umstieg mit kurzen Wegen zwischen der Straßenbahn und den Buslinien mehr möglich wäre.
Damit werden die Attraktivität von Bus und Bahn dauerhaft gemindert und Fahrgästen erhebliche Nachteile
bereitet. Diese Sparmaßnahme gefährdet zudem die einzige grüne Oase im Herzen Ludwigshafens und das
Bestehen des Restaurants „La Casa di Laul“. Auch die City West und der Hemshof bleiben damit außen vor.
Zudem riskiert die geplante vierjährige Sperrung der Kurt-Schumacher-Brücke für den Bahnverkehr einen
vollständigen Kollaps/ Ausfall der Straßenbahnverbindungen zwischen Ludwigshafen und Mannheim. Ein
gangbares Konzept zur Beherrschung dieses Risikos fehlt vollständig.
Autoverkehr im Fokus – ÖPNV vernachlässigt
Das Projekt zeigt einmal mehr, dass über Jahre hinweg fast ausschließlich zugunsten des Autoverkehrs
geplant wurde. Der ÖPNV wurde in den Entwürfen viel zu wenig berücksichtigt:
Unzureichende Infrastruktur für Busse: Die geplante Bushaltestelle am ehemaligen Rathausstandort reicht offenbar lediglich für einen einzigen Bus. Die bisherige Endstelle dreier Linien mit Platz für 2 – 4 Busse, wie sie heute besteht, entfällt vollständig.
Fehlende Verknüpfung von Bahn und Bus in der Planfeststellung zur Helmut-Kohl-Allee: Am gerade rückgebauten Rathaus war für die Zukunft kein schnelles Umsteigen zwischen den weiterhin in Tieflage haltenden Straßenbahnlinien 6, 7 und 8 zu den dann oberhalb korrespondierenden Buslinien 70 -71 und 74 -76 vorgesehen. Stattdessen war geplant, dass Umsteigende weite Wege zurücklegen und über Treppen eine zwei Etagen hohe Abfangwand überwinden müssen. Mit dem Planfeststellungsbeschluss von 2023 sollte zudem die ursprünglich geplante ebenerdige Querung der Haltestelle vor der Tunneleinfahrt entfallen.
Neue Haltestellenplanung verschärft die Probleme
Anstatt diese Mängel zu beheben – etwa durch eine Ampelquerung sowie eine direkte Rampe oder gleich
eine flachere Böschung für offene Sichtbeziehungen und kürzere barrierefreie Wege – soll nun, wie erst
kürzlich bekannt geworden, die Bahnhaltestelle auf den Ludwigsplatz verlagert werden. Damit wird der
ehemalige Verkehrsknoten Rathaus komplett aufgegeben. Dies soll der Kosteneinsparung dienen, verschärft
jedoch die Situation für ÖPNV-Nutzer nochmals: Die Wege für Umsteiger von Straßenbahn auf Busse
verlängern sich weiter auf jetzt bis zu 350 Meter. Da hierzu die sehr breite Helmut-Kohl-Alle gequert werden muss, falls man den Bus Richtung Westen nehmen will, ist ein erhöhtes Unfallpotenzial gerade für Kinder absehbar.
Darüber hinaus gefährdet die Verlegung der Haltestelle die einzige innerstädtische grüne Oase, den Ludwigsplatz. Auch lokale Institutionen wie das “La Casa di Laul”, einer der letzten traditionellen
Treffpunkte in Ludwigshafen, sind von den Auswirkungen negativ betroffen.
Keine Perspektive für die City-West
Auch für die gewünschte gute ÖPNV-Anbindung der City-West, die als Vorzeigeprojekt beworben wird, fehlt
bislang ein schlüssiges Konzept. In einer seriösen Planung müssten die baulichen Voraussetzungen schon
längst vorgesehen sein. Platz für eine Straßenbahntrasse entlang der bis zu 30 m breiten Automagistrale
wird ebenfalls nicht vorgehalten. Stattdessen werden City-West und Hemshof außen vor gelassen.
Stark beeinträchtigter Betrieb während vier Jahren Bauzeit
Während des Baus der Helmut-Kohl-Allee wird für einen Zeitraum von ca. vier Jahren keine Straßenbahn
über die Kurt-Schumacher-Brücke nach Mannheim fahren können. Ob gleichzeitig die Konrad-Adenauer-
Brücke für Straßenbahnen zur Verfügung stehen wird, ist ungewiss: Wegen Brückenschäden wurde die Auffahrtsrampe gesperrt. Ob eine Sanierung möglich ist, ist noch unklar. Ein Wegfall beider Brücken für die Tram würde den vollständigen Ausfall der Straßenbahnverbindungen zwischen Ludwigshafen und
Mannheim bedeuten, was von Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck selbst als Katastrophe bezeichnet wird.
Es gäbe dann auch keine Wartungsmöglichkeit aller linksrheinisch verkehrenden Bahnen mehr, was zur
sukzessiven Einstellung des Ludwigshafener Betriebs führen könnte.
Versäumte Zukunftschance für nachhaltigen (Berufs-)Verkehr
Es wäre vermutlich mit geringem Mehraufwand möglich gewesen, eine Abbiegemöglichkeit für Straßenbahnen von der Kurt-Schumacher-Brücke Richtung Oppau einzuplanen und so eine direkte Verbindung zwischen Mannheims Zentrum und der BASF zu schaffen. Dies hätte auch die Bahnverbindung zwischen Mannheim und dem nördlichen Ludwigshafen durch Einbindung beider Brücken resilienter machen können. Nachträglich wird dies nicht mehr umsetzbar sein.
Appell für einen leistungsfähigen Nahverkehr
Die Bürgerinitiative Lebenswertes Ludwigshafen fordert ein Moratorium für die Helmut-Kohl-Alle, um die
Planungen zu überdenken und den Fokus auf einen leistungsfähigen, benutzerfreundlichen und weniger
störungsanfälligen öffentlichen Nahverkehr zu legen. Gerade für Pendler müssen Alternativen zum Auto
geschaffen werden, um eine wirkliche Wahlfreiheit der Verkehrsmittel zu ermöglichen. Die Anbindung der
geplanten City-West an den öffentlichen Nahverkehr und die Verknüpfung von Bus- und Bahnlinien sowie
Fahrradwegen müssen priorisiert werden. Der Betrieb mindestens einer Bahnverbindung über den Rhein
darf durch den Bau der Helmut-Kohl-Allee nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Wir rufen alle Bürger auf, sich unserer Petition „Helmut-Kohl-Allee stoppen“ anzuschließen, um gemeinsam
für eine nachhaltige und zukunftsfähige Verkehrspolitik in Ludwigshafen einzutreten.
Die Petition kann online unterschrieben werden unter:
www.openpetition.de/StopptHKAllee
Webseite:
www.bilelu.de/stadtstrasse.html
Quelle Die Bürgerinitiative Lebenswertes Ludwigshafen Foto Quelle (Harald Huber / BI Lebenswertes Ludwigshafen)