Ludwigshafen / Ludwigshafen-Rheingönheim / Metropolregion Rhein-Neckar.
An die Fraktionen des rheinland-pfälzischen Landtags
Umgang mit Bürgerbeteiligung in Ludwigshafen
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Bürgerinitiative “Unser Süden muss grün bleiben” wenden wir uns an Sie, um auf eine grundlegende Problematik aufmerksam zu machen, die weit über die lokalen Gegebenheiten in Ludwigshafen-Rheingönheim hinausgeht: der Umgang mit Bürgerbeteiligung und demokratischen Prinzipien in der kommunalen Entscheidungsfindung. Der geplante Aufstellungsbeschluss für das Neubaugebiet „Im Kappes“ steht dabei exemplarisch für ein größeres strukturelles Defizit.
Die Problematik: Ignoranz gegenüber lokaler Mitbestimmung
In Ludwigshafen-Rheingönheim hat der Ortsbeirat, das demokratisch gewählte Vertretungsgremium der Bürgerinnen und Bürger, wiederholt und letztlich eindeutig gegen die Ausweisung des Neubaugebiets „Im Kappes“ gestimmt. Dennoch setzt die Stadtverwaltung ihre Pläne unbeirrt fort – ein Vorgehen, das das Subsidiaritätsprinzip, einen Grundpfeiler unserer Demokratie, massiv untergräbt.
Dieses fordert, dass Entscheidungen dort getroffen werden, wo ihre Auswirkungen am unmittelbarsten spürbar sind – auf lokaler Ebene. Doch in Ludwigshafen erleben wir das Gegenteil: eine Zentralisierung von Macht, die die gewählten Vertreter vor Ort faktisch entmachtet und das Vertrauen der Bevölkerung in die demokratische Willensbildung erschüttert.
Zudem lässt sich die ablehnende Haltung der Rheingönheimer Bevölkerung klar belegen:
– Beschlüsse des Ortsbeirats: Wiederholte Abstimmung gegen das Neubaugebiet.
– Wahlergebnisse: Parteien, die sich gegen weitere Neubaugebiete ausgesprochen haben, erhielten in Rheingönheim zusammen über 52 % der Stimmen.
– Öffentliche Resonanz: Breiter Widerstand und zahlreiche Stellungnahmen der Bürgerschaft.
Veraltete Planungsgrundlagen: Ein demokratisches und ökologisches Risiko
Die rechtliche Grundlage für die Planungen der Stadtverwaltung, der Flächennutzungsplan aus dem Jahr 1999, ist völlig überholt.
Seit seiner Erstellung haben sich die Rahmenbedingungen drastisch verändert:
– Klimawandel: Dringender Schutz von Grünflächen und Biotopen.
– Veränderte Infrastruktur: Neue Verkehrs- und Siedlungskonzepte.
– Gesellschaftliche Prioritäten: Wachsende Bedeutung von Naherholung und Biodiversität.
– Es ist untragbar, dass ein 25 Jahre alter Plan, der die heutigen Herausforderungen in keiner Weise berücksichtigt, als Basis für Entscheidungen herangezogen wird, die das Gesicht eines Stadtteils auf Jahrzehnte prägen könnten. Eine grundlegende Überarbeitung solcher Planungsdokumente ist im Vorfeld zwingend erforderlich.
### Vertrauensverlust in die Demokratie: Ein gefährlicher Trend
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Friedrich-Naumann-Stiftung (April 2024) zeigt, dass 85 % der deutschen Bevölkerung das Gefühl haben, keinen Einfluss auf kommunale Entscheidungen zu haben. Diese Wahrnehmung trägt zur Politikverdrossenheit bei.
In Rheingönheim wird dieser Vertrauensverlust greifbar: Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich von der Stadtverwaltung ignoriert. Dieses Gefühl der Ohnmacht ist gefährlich – es schwächt nicht nur die etablierten demokratischen Institutionen. Es öffnet auch Tür und Tor für teilweise unhaltbare Zustände im Stadtteil über die keiner mehr spricht, da sich sowieso nichts ändert!
### Die Demokratie stärken, extremen Kräften entgegentreten
Die Missachtung demokratischer Prinzipien ist ein direkter Angriff auf unsere Werte. Sie liefert extremistischen Bewegungen Argumente, um das Vertrauen in unsere Demokratie zu untergraben. Die Stärkung der lokalen Ebene und der Bürgerbeteiligung ist daher nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern auch ein essenzieller Beitrag zur Verteidigung unserer demokratischen Ordnung.
### Schlusswort
Demokratie lebt von Mitbestimmung und Bürgernähe. Wenn Verwaltungen lokale Beschlüsse ignorieren und Bürgerbeteiligung ins Leere läuft, die lokale Infrastruktur keinen weiteren Zuzug mehr verkraftet verlieren wir das Vertrauen der Menschen in unsere demokratischen Institutionen. Ludwigshafen-Rheingönheim ist ein warnendes Beispiel – aber diese Problematik betrifft viele Gemeinden in Rheinland-Pfalz.
Wir bitten Sie eindringlich, sich im Landtag für die Stärkung der Demokratie und des Subsidiaritätsprinzips einzusetzen.
Bürgerinitiative Rheingönheim „Unser Süden muss grün bleiben“
Quelle Bürgerinitiative “Unser Süden muss grün bleiben”