Mannheim / Metropolregion Rhein-Neckar. Insgesamt 21.000 Beschäftigte in Mannheim und der Region zur Teilnahme an Versammlungen und Kundgebungen vor den Betrieben aufgerufen
Die Bewertung des Arbeitgeberangebots: Zu spät, zu lang, zu wenig
Ende der Friedenspflicht in der Branche am 29.10.2024, 0:00 Uhr
21.000 Beschäftigte aus 23 Betrieben werden in den nächsten zwei Wochen zu temporären Warnstreiks aufgerufen
Warnstreiks u.a. bei Daimler Truck/ Daimler Buses, John Deere, Caterpillar, ZF WABCO, ABB uvm.
Thomas Hahl: Schlechtreden des Standorts Deutschland muss aufhören! Entgeltverzicht sichert keine Arbeitsplätze
Die Tarifauseinandersetzung in der Metall- und Elektroindustrie spitzt sich zu: Nach dem Ende der Friedenspflicht am Dienstag, den 29.10.2024, 0:00 Uhr, ruft die IG Metall Mannheim die Beschäftigten aus mehreren Betrieben Mannheims und der Region zur Teilnahme an Warnstreiks auf. Mit den befristeten Aktionen, die vor den Betrieben oder in der Nähe der Betriebe stattfinden werden, möchte die IG Metall den Druck auf die Arbeitgeberseite erhöhen. Die dritte Tarifverhandlung im Bezirk Baden-Württemberg ist für 31.10.2024 geplant. Weitere Gesprächstermine sollen folgen.
„Es kommen stürmische Herbsttage auf uns zu“, kündigt Thomas Hahl, 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Mannheim, an. „Das bisherige Angebot von Südwestmetall ist deutlich zu spät mit dem Zeitpunkt, wann die erste Entgelterhöhung wirksam werden soll. Es ist deutlich zu gering in der Höhe, darüber hinaus ist die Laufzeit viel zu lang! Das ist für uns absolut nicht akzeptabel.“
Die Belastungen für Beschäftigte seien größer geworden, ergänzt Hahl. „Eine Durchschnittsfamilie zahlt heute 33 % mehr für Nahrungsmittel als vor drei Jahren. Deshalb sind unsere Forderungen nach 7 % mehr Entgelt und einer besseren Ausbildungsvergütung mehr als gerecht.“
„Schaut man sich an, wieviel z.B. die Miete eines schlichten WG-Zimmers für einen Auszubildenden in Mannheim aktuell kostet und wieviel danach noch zum Leben bleibt, dann wird klar: Die Unternehmen müssen auch hier dringend etwas machen“, fordert Hahl. „Die Metall- und Elektroindustrie war einst Spitze bei der Ausbildungsvergütung. Das ist längt vorbei. Deshalb fordern wir mit Nachdruck 170 € mehr für Auszubildende und Dual Studierende.“
Noch könnten die Arbeitgeber in der dritten Tarifverhandlung, die für Donnerstag, den 31.10.2024, terminiert ist, ein besseres Angebot zur Lösung des Tarifkonfliktes vorlegen.
„Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Aber ich erwarte nicht, dass die Arbeitgeber sich in dieser Woche deutlich bewegen werden. Dazu braucht es wohl leider erst den massiven Druck der Metallerinnen und Metaller“, kommentiert Hahl, der selber Mitglied der kleinen Verhandlungskommission der IG Metall Baden-Württemberg ist.
Laut Hahl sind die Dividendenzahlungen der Unternehmen im Zeitraum 2021 bis 2023 um mehr als 52 % gestiegen. „Warum wurden die Rekordgewinne in Vergangenheit nicht für Investitionen für die Zukunft genutzt? Es geht jetzt auch darum, Sicherheit für die Beschäftigten zu erzeugen. Die Belegschaften brauchen wichtige Entscheidungen für die Zukunft. Ich kenne kein Land, in dem die Manager und Verbandsvertreter den Standort aktuell so schlecht reden wie in Deutschland. Diese bewusste Schwarzmalerei ist nicht nur unfair, sie ist verantwortungslos, vor dem Hintergrund, was die Beschäftigten in der Branche jeden Tag leisten. Wir fordern die Arbeitgeber daher auf, gemeinsam mit uns Zukunftslösungen zu vereinbaren, anstatt miese Stimmung zu verbreiten.“
Insgesamt etwa 21.000 Beschäftigte in der Branche im Zuständigkeitsbereich der IG Metall Mannheim werden an verschiedenen Tagen in den nächsten zwei Wochen aufgerufen werden, die Arbeit zeitweise niederzulegen. Die Mannheimer IG Metall plant aktuell 14 Warnstreiks mit Kundgebungen durchzuführen. Warnstreiks werden u.a. bei Daimler Truck/ Daimler Buses, John Deere, Caterpillar, ZF WABCO, ABB, Alstom, Pepperl+Fuchs, Walter Perske, GE Power, thyssenkrupp Materials oder Bopp & Reuther stattfinden. Der Schwerpunkt der Streiks liegt in Mannheim, aber auch Betriebe in Hockenheim oder Altlußheim werden in den Fokus genommen.
„Gewiss, die Herausforderungen der nächsten Jahre sind für alle groß, auch für die Metall- und Elektrounternehmen“, erläutert Hahl. „Aber diese lösen wir nicht mit billigen Antworten oder geschweige denn mit Entgeltverzicht. Im Gegenteil: Wir zahlen nicht für Managementfehler oder das Versäumnis, die Transformation vernünftig anzugehen. Wir müssen die Binnennachfrage stärken. Deshalb kämpfen wir für eine starke Entgelterhöhung!“
„Wir können nicht alle Themen in Tarifverhandlungen lösen. Vor dem Hintergrund der derzeitigen strukturellen Krise und der industriellen Veränderungen sind Manager und Politik gefragt, damit wir eine Zukunftsoffensive gegen die Deindustrialisierung gemeinsam erarbeiten. Dazu sind wichtige Investitionen in vielen Bereichen notwendig. Deshalb darf die sogenannte Schuldenbremse kein Tabuthema sein. Wer an der Schuldenbremse festhält, gefährdet den Industriestandort Deutschland!“, so Hahl.
Die IG Metall, ergänzt Hahl, führe jetzt nur kleinere, kurze Aktionen durch. „Wir können aber jeden Tag noch einen Zahn zulegen. Eine weitere Eskalation ist möglich. Es liegt einzig und allein an Südwestmetall und den Arbeitgebern, wie die nächsten Tage verlaufen werden.“
Quelle IG Metall Mannheim