Ludwigshafen / Metropolregion Rhein-Neckar. Die Festspiele Ludwigshafen 2024
Prominente Gäste, ein vielfältiges hochkarätiges Tanzprogramm und Gastspiele hochrangi-ger deutschsprachiger Bühnen prägen das Programm der 20. Festspiele Ludwighafen 2024. In einer Pressekonferenz stellte Pfalzbau Bühnen-Intendant Tilman Gersch mit seinem Team das Programm des Herbstfestivals vor. 38 Vorstellungen und 31 verschiedene Veranstaltungen umfasst der Spielplan, der mit einer ganzen Reihe von Höhepunkten glänzt. Eröffnet wird das Programm am 12. Oktober mit René Polleschs letzter Produktion an der Berliner Volksbühne ja nichts ist okay mit Fabian Hinrichs in verschiedenen Rollen, gefolgt von der aus der vergangenen Spielzeit nachgeholten Serebrennikov-Inszenierung Der schwarze Mönch nach Anton Tschechow vom Thalia Theater Hamburg. Tilman Gersch steuert als Eigenproduktion diesmal Carlo Goldonis Komödie Das Kaffeehaus bei. Andersens Erzählun-gen ist in einer bildkräftigen Aufführung des Residenztheaters München für die ganze Fami-lie von Jherek Bischoff, Jan Dvorak und Philipp Stölzl zu sehen. Lars Eidinger bringt Brechts frühes lyrisches Werk Hauspostille musikalisch begleitet von Hans-Jörn Brandenburg als ra-dikal funkelndes Gesamtkunstwerk auf die Bühne und der Theaterklassiker Der Raub der Sabinerinnen vom Burgtheater Wien mit Birgit Minichmayr in der Rolle des Theaterdirektors Striese sorgt für einen amüsanten Ausklang der Festspiele.
Im Tanz, der wieder von der BASF SE gefördert wird, gastieren ebenfalls große internationale Ensembles: Zum Auftakt der Festspiele zeigt das Ballet du Grand Théâtre de Genève Sidi Larbi Cherkaouis packendes Tanzstück Ukiyo-e. Die italienische Compagnia NaturalisLabor widmet sich in ihrem rasanten Tangoabend Shakespeares Drama Othello, das Hip-Hop-Stück der Compagnie Käfig Zéphyr lässt sich von Meer und Segeln inspirieren und die für ihren temporeichen und akrobatisch innovativen Tanzstil bekannte Company Wayne McGregor gastiert mit zwei Produktionen. Das Ballett Zürich zeigt Cathy Marstons anrührende und sensible tänzerische Verarbeitung des Lebens der Cellistin Jaqueline du Pré The Cellist und als Kontrast dazu holt Intendant Tilman Gersch die preisgekrönte, zum Berliner Theatertref¬fen eingeladene Tanzperformance Ophelia‘s Got Talent von Florentina Holzinger nach Lud¬wigshafen. Das libanesisch-spanische Choreographen-Duo Guy Nader und Maria Campos begibt sich in seinem dynamischen Stück Made of Space auf eine visuelle und klangliche Reise durch Zeit, Raum und den Körper. Das Tanzstück Carcaça vereint unterschiedliche Tanzstile und stellt Fragen nach Tradition und Gemeinschaft. Eine Berliner Musikergruppe lädt unter dem Titel Sing dela Sing zum Mitsingen ein. After-Show-Konzerte, Lesungen von Denzi Ohde und Esther Slevogt, die Reihe Wort und Wein und eine Podiumsdiskussion zum Thema Zur Debatte: Demokratie mit u.a. Jana Simon, Harald Martenstein und Herfried Münkler vervollständigen das Programm.
Intendant Tilman Gersch zieht das Fazit: „Die Festspiele Ludwigshafen entführen ein weiteres Mal in zauberhafte theatralische Welten, bieten große Inszenierungen und spiegeln die internationale Tanzszene mit einem extrem vielfältigen Programm.“
Das Programm der Festspiele Ludwigshafen
Schauspiel
ja nichts ist ok
Von Pollesch/Hinrichs
Die Festspiele Ludwigshafen eröffnen am 12.10.24 das Schauspiel mit dem letzten Stück des im Februar verstorbenen Dramatikers und Intendanten René Pollesch. Ja nichts ist ok: Das klingt wie eine Antwort auf das fabelhafte Pollesch/Hinrichs-Stück Geht es dir gut?, mit dem die Volks¬bühne bei den vergangenen Festspielen gastierte. Noch immer treibt Fabian Hinrichs haltlos durchs Universum der aktuellen Diskurse, diesmal gleich als ganze WG. Fabian, Claudia, Stefan und Paul teilen ihren Alltag, ihre Gedanken und ihren Darsteller. Hinrichs verwandelt sich in alle vier Figuren und entwickelt ein Kabinettstück der Schauspiel¬kunst, stets im Spannungsfeld zwischen Boulevard und Melancholie. Immer aberwitziger wird der Wechsel der Kostüme und Befindlichkeiten. Der Abend gibt Anlass zur Heiterkeit und kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eben nichts wirklich ok ist.
Das Kaffeehaus
Von Carlo Goldoni
Die neue Eigenproduktion der Pfalzbau Bühnen spielt auf einem Platz im Zentrum einer mittelgroßen Stadt. Besonders schön ist er nicht, dafür aber lebendig. Ridolfo hat hier vor kurzem eine Kaffeebar eröffnet. ‚Sauber bleiben‘ ist seine Devise. Er will durch zuverlässige Qualität überzeugen, der Kunde soll sich wohl und sicher fühlen. Ein ambitioniertes Vorha-ben, denn gleich nebenan befindet sich eine Spielhalle. Dort wird rund um die Uhr gezockt, so mancher hat schon sein Vermögen verspielt und geahnt, dass das nicht mit rechten Din-gen zugehen konnte. Ridolfos Café wird zum Anziehungspunkt für Menschen mit Abgründen. Er, der es mit allen gut meint, gerät in die Rolle des Mediators und damit in Dauerstress. Goldoni trifft auf Ludwigshafen, es inszeniert Tilman Gersch, die Premiere findet am 01.11.24 statt.
Der schwarze Mönch
Von Kirill Serebrennikov
Nach Anton Tschechow
In immer neuen, überraschenden Varianten behandelt der russische Regisseur Kirill Serebrennikov die Frage nach der menschlichen Freiheit. Auch hier, in seiner Adaption einer Tschechow‘schen Novelle, geht es um Entgrenzung, um die Sehnsucht nach Genialität und Erlösung. Serebrennikovs Inszenierungen sind sinnliche Gesamtkunstwerke mit einer über-wältigenden Bildersprache. Der schwarze Mönch eröffnete das Festival d’Avignon 2022 und wird seither mit großem Erfolg am Thalia Theater Hamburg gezeigt. Im Mittelpunkt steht der Wissenschaftler Andrei Wassiljewitsch Kowrin. In einer Phase der Erschöpfung und Labilität erscheint ihm ein schwarzer Mönch, der ihm Einzigartigkeit und Größe bescheinigt. Kowrin fühlt sich bestärkt und gewinnt Selbstbewusstsein. Seine neue Lebensfreude strahlt aus, er ist beliebt und kann sich endlich verheiraten. Seine Frau aber akzeptiert seine Phantasien nicht, für sie sind es bloße Wahnvorstellungen. Kowrin verabschiedet sich vom schwarzen Mönch und verliert alles – in Ludwigshafen zu sehen am 15. und 16.11.24.
Hauspostille: Lars Eidinger liest, singt und spielt Bertolt Brecht
Der Schauspieler Lars Eidinger hat ein besonderes Verhältnis zu Bertolt Brecht. In Joachim Langs Spielfilm Brechts Dreigroschenfilm verkörperte er ihn bereits persönlich. In Ludwigs-hafen wird er am 24.11.24 aus dessen Gedichtsammlung Hauspostille lesen, singen und spielen. Ein wilder Brecht arbeitet sich hier an den Rändern des Asozialen ab. Er feiert die Verfluchten und säuft mit den Geächteten. Verführte, ertrunkene Mädchen in „seichten, braunver¬sumpften Teichen“, Mordlust, Geilheit, Gier und rohe Gewalt, kurz alles Abgründi-ge, Schmutzige, das die brave Elterngeneration verschämt hinter blütenweißen Gardinen ver¬steckt, zerrt Brecht tabulos ans Licht und entlarvt dabei lustvoll Scheinheiligkeit und Doppel¬moral. Lars Eidinger hat als Schauspieler ein Faible für Figuren, die etwas zu verber-gen haben. Er nimmt einen tiefen Atemzug vom wilden Brecht und bringt dessen Lyrik mit der musikalischen Begleitung von Hans Jörn Brandenburg als radikal funkelndes Gesamt-kunst¬werk auf die Bühne.
Andersens Erzählungen
Musiktheaterstück von Jherek Bischoff, Jan Dvořák und Philipp Stölzl
Der dänische Schriftsteller Hans Christian Andersen beglückt seit Generationen die Kinder
und auch die Erwachsenen mit Märchenfiguren wie der Kleinen Meerjungfrau oder dem Hässlichen Entlein. Sein eigenes Leben war weniger glücklich, und ganz besonders litt er unter der unerfüllbaren Liebe zu seinem Freund Edvard Collin. Den Regisseur Philipp Stölzl hat das am Münchner Residenztheater zu einem zauberhaft schönen und melancholischen Musiktheaterstück inspiriert. Der Braut des verehrten Freundes erzählt Andersen die Ge-schichte der kleinen Meerjungfrau. Ein nüchternes biedermeierliches Zimmer verwandelt sich in eine schillernde Unterwasserlandschaft und in überirdisch schöne Schlösser, Figuren aus Andersens bekannten Märchen nehmen die Bühne in Besitz. Musik, Tanz und Schauspiel verweben sich am 29. und 30.11.24 zu einem tief berührenden Theaterabend voller Sinnlich¬keit und Phantasie.
Der Raub der Sabinerinnen
Schwank von Franz und Paul von Schönthan
In einer Fassung von Svenja Viola Bungarten und Anita Vulesica
Franz und Paul von Schönthan schufen 1883 mit der Komödie Der Raub der Sabinerinnen ein Theaterdenkmal, das in die Geschichte einging. Der in allen Situationen schlagfertige Schmie¬rentheaterdirektor Striese wurde von vielen berühmten Film- und Theaterschauspieler*in¬nen wie Albert Bassermann, Rudolf Platte, Gustav Knuth, Gert Fröbe, Willy Millowitsch, Katharina Thalbach oder Fritz Muliar verkörpert. In dieser Inszenierung des Wiener Burg¬theaters, zu Gast am 13. und 14.12.24, spielt ihn die Ausnahmeschauspielerin Birgit Minichmayr. Mit pointierten Missver¬ständnissen und vielen Verwechslungen gilt Der Raub der Sabinerinnen bis heute als bedin¬gungslose Liebeserklärung an das Theater.
Tanz
Ukiyo-e
Das fulminante neue Werk von Sidi Larbi Cherkaoui, Leiter des Ballet du Grand Théâtre de Genève, ist eine Meditation über unsere Fähigkeit Resilienz. Das Tanzstück ist nach den „Bildern der schwebenden Welt“ benannt, der berühmten künstlerischen Bewegung, die in Japan während der Edo-Zeit in den Halbwelten des städtischen Hedonismus ent¬standen ist. Ukiyo-e ist ein Plädoyer für ein inneres Gleichgewicht angesichts der Vergäng¬lichkeit. Das Bühnenbild Alexander Dodges, der sich von der „unmöglichen Treppe“ des Künstlers M.C. Escher anregen ließ, zeigt ein Konstrukt von Treppen, in denen sich die Tänzer verlieren. Diese beweglichen, labyrinthischen Strukturen sollen sowohl an den Aufstieg als auch an den Abgrund erinnern. In den Bewegungsabfolgen sind die Körper auf¬gefordert, sich zu vereinen, in Dialog zu treten und sich gegenseitig zu infizieren. Die Auffüh¬rung am 18. und 19.10.24 wird live von Szymon Brzóskas neuen Kompositionen für Strei¬chertrio und Klavier und Alexandre Dai Castaings rhythmischen, perkussiven und elektroni¬schen Kreationen begleitet.
Othello Tango
Nach dem durchschlagenden Erfolg des Tanzstücks Romeo y Julieta Tango widmet sich das Ensemble Compagnia NaturalisLabor in seinem Tangoabend erneut einem der bekanntesten Shakespeare-Texte.
Inspiriert von der Tragödie Othello spürt Choreograph Luciano Padovani am 22.10.24 dem emotionalen Subtext der dramatischen Handlung nach und zieht die Zu¬schauer in den Stru-del der verzerrten Realitätswahrnehmung der Titelfigur, der Projektion seiner überborden-den, alles verzehrenden Eifersucht. Das Drama entwickelt sich kreisför¬mig: Innerhalb eines liturgischen Rahmens zu Beginn und am Ende dekliniert der faszinie¬rende Tanzabend die Liebe in all ihren Nuancen, von der zärtlichen und erotischen Entde¬ckung der Anfänge über die gelebte Leidenschaft, die ständig zunimmt, an Kraft gewinnt und schließlich ihre zerstö-rerische Kraft entfaltet. Der verborgene Dirigent der Ereignisse ist Jago, ein ebenso brillanter wie neidischer Strippenzieher, der die Realität auf subtile und trügeri¬sche Weise manipuliert.
Zéphyr
Nach seiner Kreation Vertikal, die den Hip-Hop in die Lüfte katapultierte, setzt Mourad Merzouki in Zéphyr das Spiel mit Naturkräften fort: Von der Schwerelosigkeit zum Wind-hauch, von der Vertikalen zur Horizontalen führt er eine 90-Grad-Drehung durch und imagi¬-
niert eine neue Poetik des Raums, in der ein sanfter, leichter Wind weht, der Zéphyr.
Mit der Vision, einen unbekannten Archipel zu erkunden, lässt Mourad Merzouki seine Tän-zerinnen und Tänzer am 26.10.24 gegen den Wind antanzen. Den Ausgangspunkt der Expedi¬tion verortet er in der Vendée im Westen Frankreichs, benannt nach dem gleichnamigen Fluss. Die Geschichte der Region, die sich 1793 zum Aufstand gegen die Französische Revolu¬tion aufschwang, faszinierte Mourad Merzouki und beflügelte seine Phantasie. Er fühlte sich in seinem eigenen Streben nach Freiheit darin bestätigt, mit seinen Träumen und Entschlos¬senheit im Gepäck. Mit Zéphyr erfüllte er sich den Wunsch, sich gemeinsam mit seinen Tän¬zerinnen und Tänzern auf ein einzigartiges Abenteuer einzulassen: im Nahkampf mit dem Wind, der in einer atemberaubenden Bewegungschoreographie zu spüren ist.
Deepstaria und UniVerse: A Dark Crystal Odyssey
Der britische Choreograph Wayne McGregor hat den Tanz durch seine ungewöhnlichen Sichtweisen radikal neu definiert und wurde hierfür mehrfach ausgezeichnet. Angetrieben von einer unstillbaren Neugier auf vielfältige Kunstformen, wissenschaftliche Disziplinen und technologische Interventionen brachte er verblüffende und multidimensionale Werke her¬vor.
Die am 7.11.24 erstmals in Deutschland aufgeführte neue Kreation Deepstaria stützt sich auf die neuesten Erkenntnisse der KI, der Akustikforschung und der räumlichen Datenverarbei-tung. Inspiriert von einer rätselhaften Quallenart mit klingendem Namen zaubert Wayne McGregor ein hochsensorisches, meditatives, reines Tanz- und Klangerlebnis, das unsere tiefe Beziehung zur Leere und unsere eigene Sterblichkeit reflektiert. Mit Hilfe der Vanta-black-Technologie und untermalt von der suggestiven Musik des Oscar-prämierten Sound-designers Nicolas Becker erzeugt der Choreograph eine unergründliche Dunkelheit und entwirft eine Umgebung, die die traditionellen Wahrnehmungshierarchien durcheinander-bringt.
UniVerse: A Dark Crystal Odyssey zieht wie eine bewegende und aufrüttelnde Meditation über die Klimakrise in den Bann. Inspiriert von Jim Hensons Kultklassiker Der dunkle Kristall
über einen kranken Planeten und eine gespaltene Rasse, zeigt UniVerse eine von Extremen zerrissene Erde, die dringend der Heilung bedarf. Ein atemberaubendes digitales Setting und hochmoderne Kostüme schaffen eine verblüffende Mischung aus Fantasie und Dokumentar¬film. McGregors spannende Choreographie geht einen Dialog ein mit eingesprochenen Tex-¬
ten, die die Untrennbarkeit von Mensch und Natur thematisieren. Die außergewöhnlichen Tänzer der Wayne McGregor Company bringen diesen modernen Öko-Mythos eindrucksvoll zum Ausdruck und werfen am 9.11.24 die Frage auf, wie wir zusammenkommen können, um wieder ein Ganzes zu sein.
The Cellist
Cathy Marstons Ballett The Cellist wurde für das Londoner Royal Ballet kreiert und folgt der Lebensgeschichte der englischen Cellistin Jacqueline du Pré. Für eine kurze Zeit erhellte ihr Stern den Musikhimmel, bis er von jetzt auf gleich erlosch. Heute sind du Prés Musikalität, ihre unmittelbare Natürlichkeit und Präsenz Legende. Als Instrumentalistin, aber auch als Frau ist Jacqueline du Pré eine Ausnahmeerscheinung. Sie dringt nicht nur in eine Männer-domäne vor, sondern geht konsequent ihren eigenen Weg. Als sie den jungen Dirigenten Daniel Barenboim kennenlernt, scheint das Glück vollkommen, bis die Diagnose Multiple Sklerose Jacqueline du Prés Karriere beendet. 1987 stirbt sie in London. Bis heute hat ihr Spiel Generationen von Cellistinnen und Cellisten beeinflusst.
Cathy Marston stellt Jacqueline du Prés geradezu symbiotische Beziehung zu ihrem Instru-ment in den Mittelpunkt ihres Balletts. Dabei wird das Cello selbst zum Protagonisten, durch den Jacqueline du Prés Geschichte erzählt wird. Marston stellte sich das Cello als Menschen vor, der von einem Tänzer verkörpert wird, und so war es ganz natürlich, ihm Emotionen zu geben. Die Frage, wie es wäre, wenn dieses Instrument Gefühle, Erin -nerungen und Erfahrungen hätte, ist zentral für Marstons Konzept. In innigen, verzweifelten, existenziellen Pas de deux verleiht sie dem Violoncello tänzerische Kontur und erzählt vom Seelentanz einer Jahrhun¬dertkünstlerin. Das Ballett Zürich ist mit The Cellist am 21. und 22.11.24 auf den Pfalzbau Bühnen zu Gast.
Made of Space
Mit ihrer jüngsten Arbeit Made of Space schließen das libanesisch-spanische Choreogra-ph*in¬nen-Gespann Guy Nader und Maria Campos und ihre Compagnie GN/MC aus Barce-lona nach Time Takes The Time Time Takes (2015) und Set of Sets (2018) ihre Trilogie rund um die The¬men Rhythmus, Zeit, Raum und Vergänglichkeit ab. Nader und Campos kreieren hier Bewegungsmaterial, das präzise und filigran wie ein Uhrwerk ineinandergreift und Tänzer*innen wie Publikum in Atem hält. Hochdynamische Schrittkombinationen kulminie-ren in Sprüngen, Würfen und Drehungen, die am 26.11.24 in einem rauschhaften Tempo den reinen Tanz feiern. Die treibende Kraft für den unaufhaltsamen Bewegungsfluss ist die facet¬tenreiche Live-Musik der beiden Schlagwerk-Virtuosen Daniel Munarriz und Joan Pérez-Villegas, komponiert von Miguel Marin. Besetzt mit sieben Tänzer*innen verspricht Made of Space ein furioses Finale der bewegten Metaphern für Lebenszyklen aus Entstehen und Ver¬gehen. Das Choreographen-Duo GN/MC genießt Kultstatus wegen ihrer fließend dahinglei¬tenden Arbei¬ten, die mit technischen Bravoureinlagen gespickt sind.
Ophelia’s Got Talent
Florentina Holzinger spielt in ihren multidisziplinären Bühnenshows mit der Dekonstruk¬tion künst¬lerischer Stile, um sie aus weiblicher Perspektive neu zu deuten und beherrschbar zu ma¬chen. Tabuüberschreitungen werden dabei als Mittel der Befreiung und Selbstermächti-gung wahrgenommen. Seit 2019 gehört Florentina Holzinger zum festen Stab der Volksbüh-ne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin. Ophelia’s Got Talent hatte dort im September 2022 Premie¬re und ist seither regelmäßig ausverkauft. Eine Talentshow entwickelt sich zum Par-cours der Mutproben, und nackt sein ist dabei noch die geringste Herausforderung. Florentina Holzinger motiviert ihr Ensemble zu Höchstleistungen unter und über der Wasser¬oberfläche. Wie immer geizt sie nicht mit Effekten, der Nervenkitzel ist ihr Prinzip und Mar¬kenzeichen. Ein durchweg gut aufgelegtes Frauenensemble feiert sich in einem Akt der Ent¬grenzung, einem Ritt durch die verschiedensten Genres, einer unterhaltsamen Revue per¬siflierter Männerfantasien.
Nach Tanz und A Divine Comedy ist die zum Berliner Theatertreffen 2023 eingeladene und laut Kritikerumfrage von Theater heute als „Inszenierung des Jahres“ ausgezeichnete Produktion nun am 6. und 7.12.24 auf den Pfalzbau Bühnen zu sehen.
Carcaça
In seinem neuesten Stück geht Marco da Silva Ferreira, von Hofesh Shechter entdeckt und zweifellos einer der einfallsreichsten Choreographen seiner Generation, Fragen nach Tradition und Gemeinschaft nach. In seinem Projekt vereint der aufstrebende Choreograph
unterschiedliche Tanzstile von Streetdance über Clubbing bis zu Volkstänzen und begibt sich
auf die Suche nach den gemeinsamen Wurzeln und ihrer Bedeutung für die Gegenwart. Die Tänzer stehen in schwarzen Bodys mit raffinierten Cut-outs auf der Bühne, die immer wieder mit bunten Kleidungsstücken wirkungsvoll kombiniert werden. Es entstehen dynamische, mit Kraft und spielerischer Eleganz ausgeführte Gruppenszenen, in denen die komplexen, aber mit einfachen Turnschuhen ausgeführten Schritte eine eigene Klangkulisse auf der Bühne entstehen lassen. Diese Körper-Klänge werden vom Schlagzeug João Pais Filipes und der elektronischen Musik von Luis Pestana live begleitet und bilden einen vorwärtstreibenden Soundtrack, der Elemente traditioneller Musik (z. B. Fanfaren und Märsche), postmoderner Musik und Techno-Trance und Dub miteinander verbindet – zu sehen am 10.12.24.
Extras
Auch in diesem Jahr laden wir während der Festspiele wieder in den Salon Populaire. Die Autorin Deniz Ohde und die Theaterkritikerin Esther Slevogt lesen aus ihren Werken, mo-deriert von der Journalistin Shirin Sojitrawalla. Bei einer Diskussion mit dem Titel Zur Debatte: Demokratie gehören der Politikwissenschaftler Herfried Münkler und der Autor Harald Martenstein zu den Gästen, die Moderation übernimmt die Zeit-Autorin Jana Simon.
Nach ihrem preisgekrönten Romandebüt Streulicht erzählt Deniz Ohde in Ich stelle mich schlafend von den dunklen Seiten einer Liebe – und die Geschichte einer Befreiung. Sie zeichnet das Porträt einer Frau, die sich aus einer toxischen Beziehung und von emotionalen Abhängigkeiten befreit. Der Roman ist die Rekonstruktion eines versuchten Femizids und eine eindringliche Beschreibung patriarchaler Strukturen und deren Einfluss auf unser Leben.
2015 widmeten die Festspiele Ludwigshafen dem Deutschen Theater Berlin eine Werkschau, und auch danach war das hervorragende Ensemble mehrfach auf den Pfalzbau Bühnen zu Gast. Im vergangenen Jahr veröffentlichte die Journalistin Esther Slevogt mit Auf den Brettern der Welt eine brillant recherchierte Historie dieser bedeutenden Institution. Auf den Brettern der Welt zeigt mit großer Liebe zum Detail, wie sich politische Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte in der Kunst spiegelten.
Die Diskussion Zur Debatte: Demokratie fragt nach der aktuellen Situation und Zukunft unserer Regierungsform. Weltweit ist eine Stärkung autokratischer Systeme und populisti-scher Politiker zu registrieren. Aber ist das wirklich ein Indiz für schwindende Liberalität? Oder geht es jetzt vor allem darum, die Demokratie selbst zu befragen und zu verändern, um sie zukunftsfähig zu machen? Die Journalistin und Autorin Jana Simon spricht mit Nina Gbur, Harald Martenstein und Herfried Münkler über die aktuellen politischen Herausforderungen.
Schon zum Auftakt der regionalen Reihe Wort & Wein geht es um Genüsse. Passend zu Tilman Gerschs Neuinszenierung von Carlo Goldonis Komödie Das Kaffeehaus erörtern wir den Begriff der Kaffeehaus¬kultur und werfen einen Blick in bekannte Cafés und Röstereien vor Ort.
Der Untertitel „Alle singen – all night long“ ist Programm bei der Veranstaltung Sing dela Sing: Vom ersten Moment bis zur letz¬ten Note singen begeisterte Amateure gemeinsam aktuelle Popsongs. Die Texte gibt es lie¬bevoll aufbereitet per Videoprojektion, drei gefragte Popmusik-Profis begleiten das Ganze, und innerhalb weniger Minuten macht das gemeinsa-me Singen alle unendlich glücklich. Die Menschen wollen singen, und bei Sing dela Sing trauen sich auch die Leute, die es sonst vielleicht nur unter der Dusche oder im Auto tun.
Kartentelefon 0621/504 2558
Quelle Theater im Pfalzbau
Foto © Thomas Aurin
MRN News