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Rhein-Pfalz-Kreis – Zweite Verlegung von Stolpersteinen: Gedenken an Mutterstadter NS-Opfer

Am 8. Mai 2023 – genau 78 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs – fand die zweite Stolpersteinverlegung in Mutterstadt statt.

20 Stolpersteine wurden vor 10 Wohnhäusern in die Gehwege eingelassen. Die Verlegung begann wieder, wie auch beim ersten Mal im Jahr 2022, vor dem Anwesen in der Friedensstraße 8. Dieses Mal bekam eine zweite Familie, die hier wohnte, fünf Stolpersteine.

Bereits vor einigen Jahren wurde von Vereinen und von privater Seite Interesse an der Teilnahme an dem Kunstprojekt geäußert. Im Januar 2020 entschieden Kulturausschuss und Gemeinderat, auch in Mutterstadt NS-Opfern mit Stolpersteinen zu gedenken. Die würfelförmigen Betonsteine werden direkt in den Boden vor der letzten freiwillig gewählten Wohnstätte eines Opfers eingelassen und sind mit einer Messingtafel versehen, in die eine Inschrift eingemeißelt ist. Sie gibt an, wer dort wohnte, die Lebensdaten und den Grund der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Der Künstler Gunter Demnig hat seit 1996 nahezu 100000 solcher Gedenksteine verlegt, nicht nur in Deutschland.

Diesmal kam Herr Demnig nicht zur Verlegung nach Mutterstadt, erteilte aber der Gemeindeverwaltung die Erlaubnis, die Steine selbst in die Gehwege einzulassen. Hierbei leisteten die Mitarbeiter des Bauhofs hervorragende Arbeit, sowohl bei der Vorbereitung der Verlegestellen, beim Einsetzen der Steine als auch bei der Nacharbeit.

Insgesamt 22 Einzelpersonen und Personengruppen wie Vereine haben je 120 Euro für einen Stein gespendet. „Die Opfer haben ein Recht auf Erinnerung und wir müssen diese Erinnerung wahren“, zitierte Bürgermeister Hans-Dieter Schneider den Bundespräsidenten bei seiner Begrüßung in der Friedensstraße. Hier lebte die Familie Fritz und Maria Dellheim, deren jüngste Tochter Isolde anwesend war. Ihren Stein stiftete Irmgard Metzger, eine Zeitzeugin, die 1938 den Synagogenbrand in Mutterstadt gesehen hat. Isolde Frühling geb. Dellheim spendete den Stolperstein für ihren Vater Fritz, während Hans-Jürgen Külbs einen Stein für seine Mutter Ruth Külbs geb. Dellheim setzen ließ.
Orts-Chronist Volker Schläfer berichtete den Anwesenden vom Schicksal der Familie, die nur überlebte, weil die Mutter katholisch getauft war. Die Kinder galten als „Halbjuden“ und so blieb ihnen die Deportation nach Gurs 1940 erspart. Der Vater musste sich mehrmals vor den Nazis verstecken, was ihm mit Hilfe von Familie Unold gelang. Ab März 1945 sollten auch „Halbjuden“ in ein KZ und so floh die gesamte Familie in Richtung Edenkoben, den Amerikanern entgegen.

An den nächsten Verlegestellen verlasen Schülerinnen und Schüler der IGS die Schicksale der Opfer. Ihr Lehrer Martin Saxer und der Schulleiter Jens Pellkofer betonten, dass an geschichtlichen Themen interessierte Schüler unterstützt und mit der Gemeinde vernetzt werden sollen.

Ein weiteres NS-Opfer, das einen Stolperstein bekam, war Ludwig Löb, der mit seiner Familie in der Rheingönheimer Straße wohnte. Er war damals der 1. Vorsitzende des MGV 1873 Frohsinn Mutterstadt e. V. Ende März 1933 wurde er von den Nationalsozialisten gezwungen, dieses Amt niederzulegen. Einige Monate später wurden alle „Nichtarier“ aus dem Verein ausgeschlossen. Der jetzige 1. Vorsitzende Gerold Magin entschuldigte sich für dieses Unrecht. Mit dem Stein für Ludwig Löb gedenkt der MGV im Jahr seines 150-jährigen Bestehens auch allen seinen ehemaligen jüdischen Mitgliedern.

In der Eckenerstraße wohnte Josef Köhler, der als SPD-Mitglied 1933 in Schutzhaft genommen wurde. Im Lager Neustadt wurden diese politischen Häftlinge von den Nazis misshandelt und gequält. Den Stolperstein stiftete sein Enkel Stefan Josef Köhler, der sich mit einer spontanen Ansprache an seinen Großvater erinnerte.

Bürgermeister Hans-Dieter Schneider spendete einen Stolperstein für Fritz Schalk. Er begründete dies mit der Würdigung mutigen, politischen Engagements. In der Speyerer Straße bekam Ferdinand Löb I einen Stolperstein, der als jüdischer Sozialdemokrat im Gemeinderat von den Nazis verfolgt und schließlich ermordet wurde. Diesen Stein stiftete Volker Schläfer, der auch Mitglied des Historischen Vereins ist.

Der Gewerbeverein 1900 Mutterstadt e. V. spendete zwei Stolpersteine für Bernhard und Jenny Löb, die in der Neustadter Straße 2 ein Ladengeschäft betrieben.

An der letzten Verlegestelle in der Dannstadter Straße, wo Emma Marum wohnte, die mit 83 Jahren das älteste jüdische Opfer war, verabschiedete Volker Schläfer alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung.

Ein herzlicher Dank gilt den Spenderinnen und Spendern, den Schülerinnen und Schülern, außerdem Bauhof-Mitarbeiter Marvin Metzger für die Verlegung der Steine und dem „Stolpersteine-Team“, bestehend aus Dr. Christina Wolf (Gemeindearchiv, Recherche), Volker Schläfer (Recherche), Michael Hemberger (Öffentlichkeitsarbeit) und Gunther Holzwarth (Teamleitung).

Für die nächste Verlegung von 20 Stolpersteinen und einer „Stolperschwelle“, die an die Synagoge erinnern soll, steht bereits ein Termin im September fest. Gunter Demnig wird an diesem Tag wieder dabei sein. Außerdem wird er am Abend vor der Verlegung auf Einladung des Historischen Vereins einen Vortrag über das Kunstprojekt „Stolpersteine“ halten. Darüber hinaus sind noch weitere Verlegungen in den nächsten Jahren geplant. Obwohl nun schon insgesamt 47 Stolpersteine an Mutterstadter NS-Opfer erinnern, gibt es doch noch zahlreiche jüdische, politische und Euthanasie-Opfer, die einen Stein bekommen sollten. 20 weitere Personen haben sich schon vormerken lassen, um einen oder mehrere Steine zu spenden.

Text: Dr. Christina Wolf

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