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Mannheim – Stadt muss Familie anderen Betreuungsplatz in Kindertageseinrichtung in Wohnortnähe zuweisen!


Mannheim / Metropolregion Rhein-Neckar(red/ak) – Im Falle eines Rechtsstreits einer Familie vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim ist nun der Beschluss ergangen, dass die Stadt Mannheim der Familie, die per einstweiligen Rechtsschutz einen neuen Betreuungsplatz gefordert hatte, einen solchen Platz zuweisen muss. Dieser muss in 30 Minuten vom Wohnort aus erreichbar sein und einen Betreuungsumfang von sechs Stunden täglich bieten. Die Stadt hatte der Familie bereits einen solchen Platz in einer Einrichtung angeboten, den diese jedoch aufgrund der Höhe der Betreuungsgebühren sowie aufgrund der pädagogischen Ausrichtung der Einrichtung abgelehnt hatte.

Das Gericht folgt in der Begründung seines Beschlusses insoweit der Argumentation der Stadt, als dem Betreuungsplatzangebot in der angebotenen Einrichtung hinsichtlich der Kosten nicht der Einwand der finanziellen Unzumutbarkeit entgegengehalten werden kann. Bereits 2017 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Höhe der Kita-Beiträge ausdrücklich nicht entscheidend für die Erfüllung des Rechtsanspruchs ist (https://www.bverwg.de/261017U5C19.16.0: „Bei dem Nachweis eines Betreuungsplatzes ist nicht zu prüfen, ob der zu entrichtende Teilnahmebeitrag dem Kind zuzumuten ist.“).

Hintergrund dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist, dass alle Eltern grundsätzlich die Möglichkeit haben, einen Erlass bzw. eine Übernahme der Kosten beim Jugendamt zu beantragen. Im Fall mangelnder finanzieller Möglichkeiten der Eltern ist eine solche Kostenübernahme gemäß § 90 SGB VIII möglich und individuell zu prüfen. Hierzu müssen die Eltern allerdings einen entsprechenden Antrag stellen und ihre Einkommensverhältnisse offenlegen. Auch im konkreten Fall hätte ein solcher Antrag auf Kostenerstattung vermutlich zu einer weitgehenden Übernahme der Kosten durch die Stadt geführt.

Ferner heißt es in der Begründung, dass bei der Zumutbarkeit eines Betreuungsplatzes vor allem auch auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes abzustellen ist. Insoweit sieht der Verwaltungsgerichtshof in diesem konkreten Einzelfall die angebotene Einrichtung, die dreisprachig ausgerichtet ist, mit ihrem Bildungsanspruch in qualitativer Hinsicht als nicht bedarfsgerecht an, da dem Kind mit seinen ganz individuellen Bedürfnissen hier eine Überforderung drohe. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch nicht, das die angebotene Einrichtung grundsätzlich als nicht rechtsanspruchserfüllend anzusehen ist, im Regelfall ist sie dies.

„Das Wahlrecht der Eltern im Rechtsanspruchsfall mit Blick auf die pädagogische Ausrichtung einer Einrichtung betrifft allerdings eine Grundsatzfrage. Eine Entscheidung eines Gerichts, dass die pädagogische Ausrichtung entscheidend für die Erfüllung des Rechtsanspruchs ist, könnte weitreichende Konsequenzen haben, die alle Kommunen im Land vor enorme Herausforderungen stellen würde und zu massiven sozialen Ungleichheiten führen könnte. Denn dann könnten beispielsweise auch Eltern aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen einen Platz bei einem kirchlichen Träger, einer Kita mit besonderer Ausrichtung auf Sport, Sprachbildung oder mit reformpädagogischem Konzept einfordern oder ablehnen, und die Kommune wäre dann verpflichtet – zumindest für Eltern, die den Klageweg beschreiten und sich diesen leisten können – einen entsprechenden Platz in Wohnortnähe bereitzustellen. Zudem könnte dies dazu führen, dass Familien, die beispielsweise aufgrund der vom Gemeinderat verabschiedeten Vergabekriterien vorrangig Anspruch auf einen Betreuungsplatz hätten, gegenüber Eltern, die einen solchen gerichtlich einklagen, das Nachsehen hätten. Die Ziele der Stadt Mannheim, mehr Bildungs- und Chancengleichheit für alle Kinder zu schaffen, könnten so konterkariert werden“, erläutert Bildungsbürgermeister Dirk Grunert die Problematik eines sehr weitgehenden Wahlrechts bei vorhandenem Rechtsanspruch.

„Das Grundproblem im Bereich Kita-Betreuung ist, dass der Bedarf nach Kinderbetreuung in unserer Stadt in den letzten Jahren massiv gewachsen ist, er ist stärker gewachsen als der Ausbau von Kitaplätzen umgesetzt werden konnte trotz Investitionen in zweistelligem Millionenbereich. Wir haben daraufhin in den letzten beiden Jahren nochmals zusätzliche Maßnahme ergriffen, wie die Einrichtung eines Kita-Ausbau-Koordinators, die Erstellung von Stadtteilkonzeptionen bis hin zur stärkeren baulichen Unterstützung durch die städtische BBS GmbH, um die bestehende Lücke an Kita-Plätzen schnellstmöglich zu schließen“, so Grunert.

Hintergrund: Verfahren Platzvergabe – Rechtsanspruch

Grundsätzlich haben Eltern mit einem Kind, für das sie eine vorschulische (oder Schulkind-) Betreuung wünschen, die Möglichkeit, sich für eine Betreuung in Kindertagespflege (null bis drei Jahre), oder aber in einer Kita für eine Krippenplatz (null bis drei Jahre) bzw. einen Kindergartenplatz (drei Jahre bis zum Schuleintritt) über die Servicestelle Eltern – auch bekannt als MEKI – Meldesystem Kinder – vorzumerken. Dabei haben die Eltern ein Wahlrecht und können im Bereich der Kitas fünf Wunscheinrichtungen gemäß ihren Vorstellungen angeben.

Platzvergabe erfolgt durch den jeweiligen Träger
Die Platzvergabe erfolgt dann jedoch nicht durch die Servicestelle Eltern, sondern durch die TRÄGER der jeweiligen Einrichtung selbst! – und zwar nach den jeweiligen Vergabekriterien – soweit vorhanden. Im Bereich der städtischen Kindertageseinrichtungen ist das ein Punktesystem, im dem bestimmte Kriterien wie Berufstätigkeit oder alleinerziehend etc. entsprechend gewertet werden. Die Freien Träger lehnen sich weitgehend an die Vergabekriterien, die der Gemeinderat für die städtischen Kitas beschlossen hat, an. Der jeweilige Kita-Träger benachrichtigt die Eltern dann selbst darüber, wenn sie einen Platz in seiner Einrichtung bekommen können.

Wenn die Eltern von keiner der fünf Wunscheinrichtungen eine Platzzusage erhalten haben bzw. dort kein Platz frei ist, haben sie die Option, den Rechtsanspruch des Kindes auf den Nachweis eines „zumutbaren“ Betreuungsplatzes bei der Stadt Mannheim als örtlich zuständigem Jugendhilfeträger geltend zu machen. Der Rechtsanspruch bemisst sich gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung an der Zumutbarkeit bezüglich der räumlichen/zeitlichen Entfernung zum Wohnort oder Arbeitsplatz (in der Regel 30 Minuten) sowie der Bedarfsgerechtigkeit, das heißt dem Betreuungsumfang (zum Beispiel sechs Stunden im Kindergarten).
Ausdrücklich NICHT entscheidend für die Erfüllung des Rechtsanspruchs ist die Höhe der Kita-Beiträge. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht 2017 so entschieden.
(https://www.bverwg.de/261017U5C19.16.0: „Bei dem Nachweis eines Betreuungsplatzes ist nicht zu prüfen, ob der zu entrichtende Teilnahmebeitrag dem Kind zuzumuten ist.“)

Kostenerstattung auf Antrag grundsätzlich möglich
Der nachvollziehbare Hintergrund dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist, dass alle Eltern grundsätzlich die Möglichkeit haben, eine Kostenerstattung/-zuschuss beim Jugendamt zu beantragen. Im Fall mangelnder finanzieller Möglichkeiten der Eltern ist eine Kostenübernahme gemäß § 90 SGB VIII möglich und individuell zu prüfen. Hierzu müssen die Eltern allerdings einen entsprechenden Antrag stellen und ihre Einkommensverhältnisse offenlegen – was viele Eltern nicht möchten.

Sofern also ein entsprechender zumutbarer und bedarfsgerechter freier Platz vorhanden ist, kann die Kommune diesen nachweisen. Wenn kein solcher Platz zur Verfügung steht, sucht die Stadt weiter gemeinsam mit der Familie nach individuellen Lösungen, dies kann beispielsweise die Bereitstellung eines Kindertagespflege-Platzes inklusive einer entsprechenden Kostenübernahme auch über den dritten Geburtstag des Kindes hinaus sein.

Wenn die Eltern den nachgewiesenen rechtsanspruchserfüllenden Platz ablehnen oder aber gar kein freier zumutbarer Platz vorhanden ist, haben die Eltern die Möglichkeit, den Rechtsanspruch auf den Nachweis eines Betreuungsplatzes gerichtlich geltend zu machen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, unter anderem bei besonderer Dringlichkeit auch einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (ohne Hauptsacheverfahren) mit einer Entscheidung des Gerichtes durch Beschluss (nicht Urteil).

Eine grafische Darstellung des Ablaufs findet sich hier: https://www.mannheim.de/sites/default/files/2021-12/grafik-Kita-Platzvergabe-Rechtsanspruch.pdf

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