Neustadt / Metropolregion Rhein-Neckar(red/ak) – Als einen „schlafenden Riesen“ haben Experten von dwif-Consulting GmbH und inspektour GmbH die Tourismusregion Pfalz bezeichnet. Zwar seien im System Tourismus in der Region genügend Ressourcen vorhanden, und die Pfalz zähle mit insgesamt 5 Millionen Übernachtungen zu den Schwergewichten unter den Tourismusdestinationen in Rheinland-Pfalz. Allerdings verhindern nach Meinung der Fachleute hohe lokalpolitische Kirchtürme und eine kleinteilige Tourismusstruktur unterhalb des Pfalz.Touristik e.V. eine weit bessere Position der Pfalz. Die Einschätzung
der Fachleute zählt zu den ersten Ergebnissen des Prozesses der neuen Tourismusstrategie
für die Pfalz. Den Zuschlag für diese Aufgabe hatte die Pfalz.Touristik an eine Bietergemeinschaft der beiden renommierten Tourismusberatungsunternehmen aus München und Hamburg vergeben, die nun in einem ersten Schritt die aktuelle Situation des Pfälzer Tourismus analysiert haben. Nachdem gerade die Corona-Pandemie deutlich gemacht hat, wie wichtig handlungsfähige Organisationen im Tourismus sind, erhofft sich die Pfalz.Touristik von dem Prozess Handlungsempfehlungen auf vielen Gebieten. Im Mittelpunkt stehen dabei Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Datenmanagement, Nachhaltigkeit und die Organisations- und Finanzierungsstruktur. „Wir möchten mit diesem
Strategieprozess das Fundament für die Zukunft des Pfälzer Tourismus legen“, sagt der Vorsitzende der Pfalz.Touristik, Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld. „Mit den Beratern haben wir große Expertise und umfangreiches Wissen über andere Urlaubsregionen in die Pfalz geholt.“ Hintergrund des Prozesses, an dem ein großes Spektrum an Akteuren beteiligt ist, ist auch die neue Tourismusstrategie des Landes Rheinland-Pfalz.
Die bisherige Analyse von dwif und inspektour basiert auf verschiedenen Bausteinen. Dazu zählen umfangreiche Daten- und Materialauswertungen, repräsentative Imagebefragungen, Fachgespräche mit regionalen Akteurinnen und Akteuren sowie eine Online-Befragung der touristischen Leistungserbringer, an der sich über 200 Personen in der Pfalz beteiligt haben. Eine erste Auswertung zeigt, dass die Pfalz als Urlaubsregion recht bekannt und nachgefragt ist. Auch steht die Pfalz im Vergleich zu wichtigen Wettbewerbern bei vielen entscheidenden Kennzahlen gut da. Gleichwohl hat sich die Entwicklungsdynamik
in der Region sehr unterschiedlich gestaltet. Beispielsweise zeigten vor Beginn der
Coronakrise gerade die Städte besonders hohe Entwicklungssprünge, während einzelne Teilbereiche stagniert oder sogar geschrumpft sind. Besorgnis äußerten die Berater bei der quantitativen und qualitativen Entwicklung der Hotellerie in der Fläche und zum Niveau der Digitalisierung im Gastgewerbe.
So schneiden nach ihrer Analyse wichtige Wettbewerber der Pfalz etwa bei den Qualitätsbewertungen von Betrieben und Einrichtungen besser ab.
Bei einer Befragung von touristischen Akteuren, an der sich z. B. Gastgeber, Freizeiteinrichtungen, Winzer, Vertreter von Touristinformationen und politische Vertreter gleichermaßen beteiligten, zeigte sich ein erfrischendes Selbstbewusstsein. So sind die Akteure überzeugt, dass ihre einzigartige Landschaft, die sich durch das Nebeneinander von Weinregion und Pfälzerwald auszeichne, in Kombination
mit der Lebensfreude und Gastfreundschaft der Pfälzer eine Besonderheit darstelle. Als die herausragenden touristischen Leuchttürme der Region wurden das Biosphärenreservat Pfälzerwald, das Hambacher Schloss und die Deutsche Weinstraße benannt. Als Schwächen wurden hingegen klar die kleinteiligen Tourismusstrukturen, das fehlende einheitliche Marketing sowie die Qualität des Beherbergungs- und Gastronomieangebots in der Fläche identifiziert. Die Gutachter sehen in dieser Situation die Gefahr, dass man sich angesichts durchaus vorhandener positiver Entwicklungen auf dem Erreichten ausruht. Sie nehmen auch wenig Bereitschaft wahr, anden vorhandenen Strukturen etwas zu ändern. Dabei besitzt die Pfalz nach ihrer Überzeugung großes Potential. Wenn die Organisationsvielfalt etwas ausgedünnt, mehr Ressourcen auf Destinationsebene gebündelt und eine klare Aufgabenteilung gelebt würde, in der nicht alle Ebenen ähnliche oder sogar die gleichen Aufgaben übernehmen, könnte die Pfalz touristisch noch viel besser dastehen und
zukünftig sogar mit einer Dachmarke auftreten.