Mannheim/Metropolregion Rhein-Neckar. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar wertet den Entwurf eines neuen Landesgrundsteuergesetzes kritisch. Die Unternehmen der Region befürchten, in Zukunft stärker belastet zu werden. „Wenn wie geplant erstmals seit mehr als 50 Jahren die Grundstücke neu bewertet werden, ist – bei unveränderten kommunalen Hebesätzen – in vielen Fällen von einer Erhöhung der Steuerlast auszugehen“, warnt IHK-Präsident Manfred Schnabel. Die von Bundes- und Landesregierung angestrebte Aufkommensneutralität ist richtig, letztlich aber ein „Hoffnungswert“, so Schnabel. „Ob das Versprechen der Landesregierung auf Aufkommensneutralität eingelöst wird, liegt in der Hand der Kommunen, denn alle Parameter zur Regelung des Grundsteueraufkommens liegen auf kommunaler Ebene.“
Um steigende Belastungen der Unternehmen zu vermeiden, müssten die Kommunen aktiv gegensteuern, in dem sie die aus der Neubewertung der Grundstücke resultierenden Erhöhungen der Bemessungsgrundlage in Form der Bodenrichtwerte durch eine entsprechende Senkungen ihrer Hebesätze kompensieren. Und selbst bei einer Aufkommensneutralität auf kommunaler Ebene kommt es noch zu erheblichen Verschiebungen zwischen einzelnen Stadtgebieten oder auch kleinräumigen Lagen. Besonders betroffen sind hiervon Gewerbestandorte in begehrten Lagen. „Unternehmen in den Innenstädten, also insbesondere Hoteliers, Gastronomen und Händler, aber auch Unternehmenszentralen, werden in Zukunft voraussichtlich mehr Grundsteuer zahlen müssen“, befürchtet Schnabel.
„Wir beobachten in diesem Zusammenhang mit Sorge, dass in den Kommunen des IHK-Bezirks – trotz bislang sprudelnder Gewerbesteuer – seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vermehrt an der Grundsteuer-Schraube gedreht wird“, erläutert Schnabel seine Befürchtungen. In diesem Jahr haben elf von 83 Gemeinden im Bezirk der IHK Rhein-Neckar die Hebesätze der für die Unternehmen relevanten Grundsteuer B erhöht. Das sind deutlich mehr Erhöhungen als in den vergangenen drei Jahren. Auch in rechtlicher Hinsicht äußert die IHK Bedenken: „Je länger man sich mit der Erhebung der Bodenrichtwerte in der Praxis beschäftigt, desto größer werden die Zweifel, ob sie als Basis für eine gleichförmige Besteuerung wie sie das Bundesverfassungsgericht gefordert hat, geeignet sind, zweifelt Schnabel und prognostiziert weitere Klagen auch zur neuen Grundsteuer. Die IHKs hatten sich deshalb für eine wertunabhängige, rein flächenorientierte Grundsteuer eingesetzt. Wenn eine neue Steuer gleich von Beginn an zu einer ungleichmäßigen Besteuerung führt, hilft es wenig, wenn die Aktualisierung der Werte im Zeitverlauf weniger bürokratisch ist als beim Vorläufermodell.
Hintergrund
Bisher wurde als Grundlage der Grundsteuer der sogenannte Einheitswert ermittelt. Er basierte in Baden-Württemberg auf den Bodenwertverhältnissen von 1964. Da die Ermittlung der Wertansätze extrem aufwendig war, fand sie letztmals im Jahr 1964 statt. Am 10. April 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht die bisher gültige Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt, weil die Gleichmäßigkeit der Besteuerung – nicht zuletzt aufgrund der ausgesetzten Aktualisierung – nicht gewährleistet ist (1 BvL 11/14).
Mit dem neuen Landesgrundsteuergesetz soll dies geändert werden. Für Grundstücke wird künftig eine neue Bemessungsgrundlage gewählt, die auf die Grundstücksfläche und den Bodenrichtwert basiert. Der Bodenrichtwert wird von kommunalen Gutachterausschüssen festgelegt und orientiert sich an dem Verkehrswert. Es ist zu befürchten, dass dieser neue Ansatz bei Erhaltung der aktuellen Hebesätze in vielen Fällen zu einer deutlich höhere finanzielle Belastung führen wird. Für die Umsetzung müssen allein in Baden-Württemberg 5,6 Millionen Objekte neu bewertet werden. Der Umstellungsaufwand für die Reform beläuft sich nach Schätzungen des Landes in den kommenden acht Jahren auf rund 260 Millionen Euro. Davon entfallen 82 Millionen Euro auf die Unternehmen im Land.
Eine Übersicht über die Grundsteuer-Hebesätze in der Region finden Sie unter www.rhein-neckar.ihk24.de, Suchbegriff/Nummer 3978010.