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Mannheim – „Wunsch- und Wahlrecht bei der Pflegeheimsuche muss an erster Stelle stehen“


Mannheim / Metropolregion Rhein-Neckar.
Altenpflegeheime der Stadt Mannheim, AWO, Caritas und evangelische Pflegeheimanbieter kritisieren deutlich die Belegungssteuerung der Stadt Mannheim und fordern deren Rücknahme
Eine vertraute Umgebung, die Nähe zu Angehörigen oder der Wunsch nach Betreuung in einer bestimmten Einrichtung – so könnten die möglichen Gründe eines Pflegebedürftigen bei der Suche nach einem Pflegeheimplatz lauten. Für Menschen, die finanzielle Unterstützung von der Stadt Mannheim brauchen, wird die Wahl jetzt eingeschränkt: Die Gründe für die Wahl eines „teuren“ Heimes werden aufwendig geprüft und die Aufnahme ggf. abgelehnt. So sieht es die im Gemeinderat beschlossene Belegungssteuerung der Stadt vor.
Eine schmerzhafte Entscheidung für die Betroffenen – eine gravierende Beschneidung des sogenannten Wunsch- und Wahlrechts jedes Einzelnen, so das Fazit der drei Wohlfahrtverbände AWO, Caritas und Diakonie sowie der Vertreter der Evangelischen Heimstiftung, Evangelischen Pflege Mannheim und Altenpflegeheime Mannheim. Die vorgeschriebene Einzelfallprüfung halten sie für nicht praktikabel, insbesondere wenn eine akute Notsituation vorliegt, die eine schnelle Entscheidung erfordert.

„teure“ und „belegbare“ Heime

Nach Vorstellung des städtischen Fachbereichs Arbeit und Soziales und wie vom Gemeinderat im Rahmen der Haushaltsbeschlüsse im Dezember 2017 verabschiedet, sollen Pflegebedürftige, die vom Sozialamt unterstützt werden, bestimmte Heime nicht mehr beziehen dürfen. Die Stadt hat eine Liste mit den „zehn teuersten Heimen Mannheims“ erstellt, die nur in begründeten Einzelfällen von ihnen gewählt werden können. Dabei bezieht sich das Sozialamt auf den im Sozialgesetz vorgesehenen „Mehrkostenvorbehalt“. Dagegen wehren sich die oben genannten Pflegeanbieter: Durch die städtische Belegungssteuerung würden jene Häuser benachteiligt, die sich durch gute Tariflöhne, gute Personalschlüssel und aufwändige bauliche Investitionen für eine qualitativ hochwertige Pflege einsetzten. Dieses Signal sei kontraproduktiv zu den derzeitigen politischen Diskussionen, in denen deutlich der Beschluss gefasst wurde, die Pflege aufzuwerten.

Faktoren der Preisgestaltung

Nach Aussage der Vertreter der Verbände gibt es viele Faktoren, die bei der Preisgestaltung eine Rolle spielen. Die Landesheimbauverordnung Baden Württemberg und die darin enthaltene Einzelzimmervorgabe ist beispielsweise ein Grund, warum Heime „teurer“ sind, auch teurer als beispielsweise in Rheinland-Pfalz, wo es solche gesetzlichen Vorgaben nicht gibt. Zudem sind der Personalschlüssel über einen Rahmenvertrag auf landespolitischer Ebene und die konkreten Pflegesätze in Pflegesatzvereinbarungen mit der Stadt Mannheim festgelegt worden. Dabei spielt die Tarifbindung eine wichtige Rolle, vor allem auch in den so genannten niedrigen Lohngruppen wie Hauswirtschafts- oder Pflegehelfer. „Wir alle wollen, dass Menschen, die in Pflegeheimen leben nicht nur gut und mit Würde gepflegt werden, sondern sie sollen sich selbstverständlich auch über die Pflege hinaus wohl fühlen. Dafür sind u.a. die vielen sogenannten Hilfskräfte zuständig. Sie sind Beschäftigte mit einer eher geringen Qualifikation, die aber eine wichtige Arbeit leisten. Diese Beschäftigte bezahlen wir ebenso nach Tarif wie die Fachkräfte und das wollen wir auch, denn sonst würden wir ja prekäre Arbeitsplätze anbieten, das kann auch die Politik nicht wollen“, wie Angelika Weinkötz, Vorständin der AWO Mannheim betont.
„Untragbar und nicht akzeptabel“

Regina Hertlein, Vorsitzende des Caritasverbandes Mannheim, stellt fest: „Es ist untragbar, dass die Stadt Mannheim das Wunsch- und Wahlrecht der pflegebedürftigen Menschen einschränkt. Sie können nicht im Heim ihrer Wahl leben und sterben, jedenfalls sofern sie auf die Unterstützung der Allgemeinheit angewiesen sind. Oftmals handelt es sich um Menschen, die in ihrem Leben sehr viel gearbeitet haben, jedoch keine hohe Rente beziehen. Dies missachtet in hohem Maße die Lebensleistung der Betroffenen.“

Auch Matthias Weber geschäftsführender Direktor vom Diakonischen Werk Mannheim, ergänzt, die beschlossene Steuerung klänge auf den ersten Blick erst einmal plausibel und unspektakulär. „Bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass hier ein sehr hoher Preis gezahlt wird für ein vermutlich geringes Kostensparpotential. Das Wunsch- und Wahlrecht der Bürgerinnen und Bürger wird faktisch eingeschränkt. Wir fordern: Alle Mannheimer Bürger sollen das Recht haben, sich unter allen Anbietern das Pflegeheim ihrer Wahl auszuwählen. Das sind wir den Menschen und dem Pflegestandort Mannheim schuldig.“
„Eine Lenkung der Pflegeplatzbelegung und eine preisliche Kategorisierung, damit ein Eingriff in das freie Wahlrecht der betroffenen Menschen, ist somit mit dem Hinweis, dass in den zehn Heimen „unverhältnismäßige Mehrkosten“ nicht vom Sozialhilfeträger übernommen werden, völlig fehlgeleitet, untragbar, unwürdig und nicht akzeptabel“, betont auch Peter Grewe, Geschäftsführer der Evangelische Pflegedienste Mannheim.
„Mehrkosten durch angemessen bezahltes Personal bei verhältnismäßig guten Personalschlüsseln sind Ergebnisse von Verhandlungen mit den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger aufgrund gesetzlich festgelegter Möglichkeiten“, sagt auch Ralf Bastian, Evangelische Heimstiftung, Heimdirektor vom Seniorenzentrum Rheinauer Tor.
Für alle ist klar: Pflegebedürftige befinden sich in einer Ausnahmesituation. „Wie sieht die Praxis aus? Oft erfolgen Aufnahmen aus dem Krankenhaus direkt in die Einrichtungen. Im Mittelpunkt steht dann in erster Linie die Versorgung der pflegebedürftigen Menschen. Eine Prüfung der Finanzierung des Heimplatzes kann oft erst nach Einzug erfolgen“, sagt Andrea Wäldele, Geschäftsführerin der Altenpflegeheime Mannheim GmbH. „Es ist nicht akzeptabel, dass Menschen solchen Bedingungen ausgesetzt werden. Damit wird das Wunsch- und Wahlrecht deutlich eingeschränkt!“
„Keine Stadt in Baden-Württemberg verfährt mit dieser Regelung. Dabei geht Mannheim ganz klar einen Sonderweg, der landesweit auf Kritik stößt“, ergänzt Beatrix Vogt-Wuchter, Abteilungsleiterin für Alter, Pflege, Gesundheit beim Diakonischen Werk Baden, die landespolitische Sicht.

Eines steht für alle Verantwortlichen fest: Auf den Schultern der Pflegebedürftigen sollte die Haushaltskonsolidierung nicht ausgetragen werden. Ihre Forderung lautet, die Pflegeheimlenkung auszusetzen und dem Wunsch- und Wahlrecht des Einzelnen höchste Priorität einzuräumen. Hierzu haben die Akteure einen Informationsflyer veröffentlicht, in dem Betroffene über ihre Rechte informiert und auf das Wunsch- und Wahlrecht hingewiesen werden.(JeLa)
Foto DW/Lammer: Vertreter der Pflege in Mannheim sprechen sich aus. (v.l.n.r.): Ralf Bastian, Matthias Weber, Jeannette Henkel, Angelika Weinkötz, Andrea Wäldele, Beatrix Vogt-Wuchter, Regina Hertlein, Peter Grewe und Thomas Becker.
Quelle Diakonisches Werk
der Evangelischen Kirche Mannheim

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