Ludwigshafen / Metropolregion Rhein-Neckar – Im Wahlkampfprogramm der SPD nahm das Konzept der Bürgerversicherung 2017 eine bedeutende Rolle ein. Die Hoffnung: mehr Gerechtigkeit für alle Versicherten und ein umfassender Versicherungsschutz. Doch die Frage bleibt weiterhin, ob sich ein solches Modell überhaupt umsetzen lässt.
Die Idee der SPD ist keinesfalls neu. Ein erster Entwurf einer sogenannten Bürgerversicherung, die private und gesetzliche Krankenversicherungen ablösen soll, gab es bereits 2003. Doch heute ist die Diskussion über eine mögliche Umstellung des deutschen Versicherungssystems hitziger denn je.
Was kann eine Bürgerversicherung wirklich leisten?
Befürworter des Konzeptes stützten sich auf die Verbesserung der sozialen Gerechtigkeit. Man möchte die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen steigern und somit deren Leistungskataloge verbessern. Die Umstellung auf eine Grundversicherung für alle soll vor allem der deutschen Mittelschicht zugutekommen. Zukünftig sollen die Beiträge an allen Einkünften gemessen werden. Außerdem sieht der Plan der Befürworter vor, dass Ablehnungen von Kunden durch die Versicherer aufgrund medizinischer Vorgeschichte nicht mehr möglich sein wird. Dabei entfallen auch Zusatzbeiträge.
Werden Krankenversicherungen dadurch wirklich gerechter?
Was auf dem Papier für viele Bürger nach einer guten Alternative zu dem aktuellen Versicherungssystem aussieht, birgt jedoch auch seine Schattenseiten, wie von den Gegnern der Bürgerversicherung beständig betont wird. Zum einen scheint die Umsetzung der vorgeschlagenen solidarischen Finanzierung nicht in dem Maße realisierbar zu sein, wie es zu Beginn dargestellt wurde. Versicherte mit einem ausreichenden Einkommen werden sich zudem nicht mit dem Leistungskatalog der neuen Bürgerversicherung nicht zufriedengeben. Private Krankenversicherungen vergleichen im Netz ist heute natürlich reine Formsache, um sich einen umfassenderen Schutz zu sichern. Somit wird im Grunde die Zweiklassenmedizin, die man mit einer Umstellung bekämpfen möchte, sogar noch verstärkt gefördert.
Eine Verschlechterung aus Sicht der Patienten
Insbesondere seit dem Wahlkampf im letzten Herbst erfährt das Bürgerversicherungskonzept einen großen Zuspruch innerhalb der Bevölkerung. Viele Versicherte zeigen sich bereit, freiwillig in eine solche Versicherung zu wechseln. Kritiker hingegen halten das angedachte System keinesfalls für gerechter. Ihrer Meinung nach stellt die Durchsetzung der Bürgerversicherung für Patienten und Versicherte eine deutliche Verschlechterung statt eine Verbesserung in der Versorgung dar. Ganz zu schweigen davon, dass mit einer Umstellung ein Verlust von mehreren Tausend Arbeitsplätzen einhergehen könnte.
Auch die gesetzlichen Krankenkassen sprechen sich gegen die Bürgerversicherung der SPD zulasten ihrer Kunden aus. Sie befürchten, dass durch eine Umstellung, die Mehrkosten der höheren Arzthonorare für privat Versicherte, Mehrkosten für gesetzlich versicherte Patienten entstehen. Zwar sieht man bei den gesetzlichen Krankenkassen ein, dass die Bürgerversicherung auf lange Sicht gesehen eine finanzielle Entlastung für den Staat darstellen kann, doch sollte ein Umstieg wohl überlegt und gut geplant sein. Laut Ulrich Silberbach, dem Vorsitzenden des Beamtenbundes, sei das Modell der SPD jedoch nicht in der Lage, finanzielle oder strukturelle Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung zu lösen. Auch werde die Krankenversicherung für Patienten durch das neue Modell nicht unbedingt gerechter, weshalb die deutschen Krankenkassen zur Vorsicht appellieren.
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