Mannheim/Metropolregion Rhein-Neckar, 12. März 2018. „Unsere Innenstädte müssen dauerhaft attraktiv und vor allem erreichbar bleiben“, fordert Manfred Schnabel, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar. Um die verkehrliche Erreichbarkeit von Innenstädten zu sichern, empfiehlt die IHK einen 3-Stufen-Plan. „Unser 3-Stufen-Plan sieht ein schrittweises Vorgehen vor.
Zuerst müssen akute Verkehrsprobleme entschärft, dann sämtliche innovative Konzepte genutzt werden, um sich in der dritten Stufe für die Verkehrsbedarfe der Zukunft zu wappnen“, erläutert Schnabel anlässlich der Vorstellung der IHK-Studie „Verkehrliche Erreichbarkeit der innerstädtischen Wirtschaft“. Diese untersucht die Situation in den Städten Mannheim, Heidelberg und Mosbach und gibt darauf basierende Handlungsempfehlungen.
„Wir als IHK ermutigen die Städte unserer Region zu einem umfassenden Dialog, um die Zukunft des innerstädtischen Verkehrs gemeinsam und lösungsorientiert zu diskutieren. Unsere heute vorgestellten IHK-Positionen bieten hierzu einen ersten Aufschlag und sensibilisieren für die Belange des Wirtschaftsverkehrs. Wir sind der Meinung, dass Ökologie und wirtschaftliche Vernunft sich auch im Verkehr nicht ausschließen, sondern miteinander vereinbar sind“, signalisiert Schnabel Gesprächsbereitschaft für die Wirtschaft der Region.
Dass die Innenstädte nicht nur heute, sondern vor allem auch in Zukunft vor großen Herausforderungen stehen, belegen die Ergebnisse der IHK-Studie „Verkehrliche Erreichbarkeit der innerstädtischen Wirtschaft“. „Die zunehmende Digitalisierung, die stärkere Vernetzung von Verkehr und Infrastruktur sowie die Reurbanisierung bestimmen zunehmend die Innenstadt von morgen“, erläutert Ralf M. Beckmann vom Planungs- und Gutachterbüro Stadt + Handel die Trends der Zukunft. Beckmann fasst die zentralen Ergebnisse der regionalen Haushalts- und Unternehmensbefragungen der IHK-Studie zusammen: „Die Mehrheit der Kunden aus dem Umland reist nach wie vor mit dem Pkw in die Innenstädte. Die Unternehmen kritisieren vor allem die schlechte Erreichbarkeit für Lieferverkehre in Innenstädten.“
Die Studienergebnisse bekräftigen die Forderungen der Wirtschaft nach Verbesserungen in der verkehrlichen Erreichbarkeit. Um die Verkehrsprobleme langfristig mit Bedacht zu lösen, schlägt IHK-Präsident Schnabel einen 3-Stufen-Plan vor. Im ersten Schritt müssen rasch Maßnahmen ergriffen werden, um akute Verkehrsprobleme zu entschärfen. „In unserer Region gibt es viele Verkehrsbehinderungen. Auf den Zufahrtswegen zu den Städten staut es sich und der ÖPNV ist zu den Hauptverkehrszeiten ebenfalls stark ausgelastet. Innenstädte leiden ganz besonders unter diesen verkehrlichen Engpässen, sodass akuter Handlungsbedarf besteht. Hierzu müssen in erster Linie die bestehenden Verkehre verflüssigt und Staus beseitigt werden.
Beispielsweise müssen Durchgangs- und Suchverkehre vermieden werden. Um die Aufenthaltsqualität in Städten zu erhöhen, sollte der ruhende Verkehr, wenn möglich aus dem öffentlichen Raum in nahe gelegene Parkhäuser verlagert werden. Hierbei müssen auch intelligente Konzepte für das Anwohnerparken gefunden werden.
Weiter bekräftigt Schnabel die Forderungen der Wirtschaft, ein gemeinsames regionales Verkehrsmodell in der Metropolregion Rhein-Neckar für die Prognose und Simulation von länderübergreifenden Verkehrsströmen einzuführen und die Baumaßnahmen, insbesondere das Großprojekt „Hochstraße Nord“, gesamthaft in der Region abzustimmen. „Die Bedeutung des Wirtschaftsverkehrs muss deutlich höher priorisiert werden. Wir benötigen eine engere Verzahnung der Belange der Wirtschaft mit städtischen Planungen, zum Beispiel durch Wirtschaftsverkehrsbeauftragte und Arbeitskreise für innerstädtische Logistik. Dies wäre für unsere Städte und die gesamte Region sehr wichtig“, unterstreicht Schnabel die notwendige engere Abstimmung zwischen Wirtschaft und Verwaltung.
Im zweiten Schritt müssen die Potenziale innovativer Konzepte ausgeschöpft werden. „Die Wirtschaft unterstützt zukunftsorientierte Ansätze, ist sie doch selbst der Treiber von Innovation und Entwicklung“, untermauert Schnabel die Forderungen nach nachhaltigen und innovativen Entwicklungen.
Die Wirtschaft unterstütze alle Ansätze, um Emissionen zu reduzieren und die Luft- und Aufenthaltsqualität in Städten zu verbessern, wie beispielsweise die Elektrifizierung von Busflotten. Der Ausbau des ÖPNV und des Fahrrad- und Fußwegenetzes sei ein wichtiger Ansatz, schließlich sei auch die Wirtschaft nicht daran interessiert, im Stau zu stehen. Auch die Innenstadtlogistik werde sich wandeln müssen. „Wir schlagen die Errichtung von Mikro-Hubs an innenstadtnahen, zentralen Standorten vor.
Von hieraus können dann die innerstädtischen Unternehmen und die Bewohner mit umweltfreundlichen Fahrzeugen, wie zum Beispiel E-Scooter und auch Lastenrädern, beliefert werden“, so Schnabel. Die IHK schlägt für die Standortsuche zentral gelegene Standorte vor. Dabei ist es aus Sicht der IHK herausfordernd, geeignete Flächen zu finden, die innerhalb der Gemeinde bereitgestellt und von Logistikdienstleistern akzeptiert werden. „Zudem ist es wichtig, die äußere Erreichbarkeit der Innenstädte zu gewährleisten.
Dabei muss in erster Linie die Pkw-Erreichbarkeit von Parkhäusern und Parkflächen an zentralen innerstädtischen Achsen sichergestellt werden“, fordert Schnabel.
Im dritten Schritt gilt es, sich für die Verkehrsbedarfe der Zukunft zu wappnen. Trotz aller technischen Innovationen und neuen Konzepte werde es auch in der Zukunft einen hohen Bedarf an Personen- und Warentransporten geben, folgert Schnabel aus den Ergebnissen der IHK-Studie. „Verkehre werden in Zukunft nicht weniger, sondern anders“, verdeutlicht der IHK-Präsident große zukünftige Herausforderungen. Dabei gelte es, trotz steigender Verkehre, die Umweltbelastung zu reduzieren und dadurch Wirtschaftswachstum und Verkehrsbelastungen voneinander zu entkoppeln. Der steigende Online-Handel werde zu mehr Gütertransporten führen und die Trends zu Elektromobilität und autonomem Fahren die Nutzung von Pkws sogar noch verstärken. „Wir fordern daher, den Aus- und Neubau von Verkehrsinfrastruktur nicht zu vernachlässigen. Wir sollten insbesondere die Kapazitäten bei den Rheinquerungen erhöhen, sowohl für den Pkw- und Lkw-Verkehr als auch für den ÖPNV“, untermauert Schnabel diese langjährige Forderung der Wirtschaft. Das löse zwar die akuten Probleme nicht von heute auf morgen, gebe der Metropolregion Rhein-Neckar aber eine langfristige Perspektive für ein weiteres Zusammenwachsen. „Wir sind es den nächsten Generationen schuldig, heute die Investitionen vorzunehmen, die für den Verkehr von morgen erforderlich sind. Gleichzeitig müssen die aktuellen Weichen so flexibel gestellt werden, dass keine Lösungswege bereits im Vorhinein verbaut werden“, mahnt Schnabel abschließend zur dritten Stufe.
Schnabel geht auch auf die aktuelle Debatte um Diesel-Fahrverbote ein. Zwar seien Fahrverbote gemäß Leipziger Urteil rechtlich möglich, aber gleichzeitig an hohe Hürden gebunden. So seien Verbote nur das letzte Mittel zur Luftreinhaltung und müssten verhältnismäßig sein, also Übergangsfristen und Ausnahmen beinhalten. „Unser Ziel ist es, Fahrverbote gänzlich zu vermeiden“, fordert Schnabel. Die IHK setzt auf innovative Lösungen, die auch wirtschaftlich tragfähig sind. Aus Sicht der Wirtschaft muss auf EU-Ebene eine Verständigung über Richtwerte, Technische Normen und Messverfahren hergestellt werden. „Auf lange Sicht muss es das Ziel sein, vollständig auf emissionsfreie Fahrzeuge zu setzen und zwar technologieoffen“, so Schnabel abschließend.
Die IHK-Studie „Verkehrliche Erreichbarkeit der innerstädtischen Wirtschaft“ untersucht die zukünftigen Herausforderungen für Innenstädte – ganz allgemein und konkret in den Städten Mannheim, Heidelberg und Mosbach. Die Studie ist praxisnah angelegt und baut auf verschiedenen empirischen Ergebnissen auf (schriftliche Unternehmensbefragung, telefonische Haushaltsbefragung, Unternehmerworkshops). Die Studie sowie weitere Informationen finden Sie
unter: www.rhein-neckar.ihk24.de/innenstadtstudie