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Heidelberg – Auf Erfolgskurs: Patenprojekt für minderjährige Ausländer – 25 Mentoren aus Heidelberg unterstützen jugendliche Flüchtlinge auf dem Weg in ein selbständiges Leben

Ein funktionierendes Tandem: Mentor Dr. Wolfgang Reh (links) ist für den heute 18-jährigen Adel Ratgeber und Unterstützer. Adel flüchtete 2015 als Minderjähriger ohne seine Familie aus Afghanistan. Durch das Patenprojekt „PaminAH“ lernte er seinen Mentor kennen. Foto: Philipp Rothe

Heidelberg / Metropolregion Rhein-Neckar(red/ak) – Im Juni 2016 startete „PaminAH“, ein Patenprojekt für minderjährige Ausländer in Heidelberg, die ohne ihre Eltern nach Deutschland geflüchtet sind. Ehrenamtliche Mentorinnen und Mentoren unterstützen die Jugendlichen darin, im Alltag Fuß zu fassen und Perspektiven für ein Leben fernab der Heimat zu entwickeln. Eine Erfolgsgeschichte: Gut eineinhalb Jahre nach dem Start haben sich bereits 25 „Tandems“ aus Mentoren und sogenannten UMAs (unbegleiteten minderjährigen Ausländern) gefunden. Das Projekt ist eine Kooperation der Stadt Heidelberg mit der Jugendagentur Heidelberg. Ermöglicht wird es durch die Spendenaktion „HD hilft!“ der Heidelberger Serviceclubs.

Begleitung beim Lernen und bei der Berufsfindung

PaminAH ist als Mentoring-Projekt konzipiert, bei dem ein erfahrener Mentor einen jugendlichen Mentee individuell unterstützt und vorwiegend in den Bereichen Bildung und Berufsorientierung wie ein Pate begleitet. Die Ehrenamtlichen, zwölf Männer und 13 Frauen im Alter zwischen 25 und 74 Jahren, verbringen in der Woche durchschnittlich mindestens zwei und mehr Stunden mit einem Jugendlichen. Die Gruppe der Mentoren ist bunt gemischt: einige sind bereits in Rente, andere Pädagogen, Lehrer, Juristen oder in der IT-Branche beschäftigt. Die Ehrenamtlichen unterstützen die Jugendlichen beim Spracherwerb und in Mathematik, wo die meisten großen Aufholbedarf haben. Ziel ist in der Regel, den Hauptschulabschluss zu erreichen. Zu der durchgängigen Unterstützung beim Spracherwerb und gemeinsamen Freizeitaktivitäten kommen zunehmend Begleitung bei Fragen der Berufsfindung und bei Behördengängen hinzu. Auch mit Blick auf die Asylfrage leisten viele der Ehrenamtlichen ihren Beitrag, helfen bei der Vorbereitung auf die Interviews, vernetzen in den regelmäßigen Mentoren-Treffen ihre Kompetenzen und unterstützen sich gegenseitig in ihren Anliegen.

Möglichkeiten über die Jugendhilfe hinaus

„Das Patenprojekt leistet einen Beitrag, der über die Unterstützung der Jugendhilfe und der Schule hinausgeht“, sagt Doris Fischer, die das Projekt bei der Jugendagentur koordiniert. Denn neben der Versorgung und pädagogischen Betreuung in der Jugendhilfe und Schule haben die UmA über einen Paten die Möglichkeit, Lebenswelten außerhalb dieser Systeme kennenzulernen. „Über ein solches Angebot, das die Jugendhilfe etwa in einer Wohngruppe nicht anbieten kann, haben die Jugendlichen die Möglichkeit, eine beständige Beziehung zu erleben“, erklärt Fischer. „Sie treffen nicht nur Gleichaltrige, sondern haben einen erfahrenen Mentor mit dem sie beispielsweise über unterschiedliche gesellschaftliche Wertvorstellungen diskutieren können und darüber, was es bedeutet, hier fernab der Heimat zu leben.“ Außerdem eröffne sich dadurch die Möglichkeit einer andauernden Beziehung, auch über die Zeit hinaus, in der die Jugendlichen durch die Jugendhilfe unterstützt werden.

Die meisten Jugendlichen, die am Projekt teilnehmen, sind mittlerweile ein Jahr und länger in Deutschland. Sie besuchen in der Regel im zweiten Jahr die sogenannten VAB-O-Klassen (Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Beruf – ohne Deutschkenntnisse) der beruflichen Schulen, befinden sich also auf dem Weg zum Hauptschulabschluss und in die Ausbildung. In Richtung Volljährigkeit bewegen sich viele auf das Asylverfahren zu. „Im Spannungsfeld zwischen unklarer Bleibeperspektive einerseits und der Herausforderung, sich in einer fremden Lebenswelt mit fremdem Schul- und Ausbildungssystem zurechtzufinden, unterstützen die Ehrenamtlichen die Jugendlichen mit ihren jeweiligen Fähigkeiten und zeigen ihnen machbare Wege auf“, berichtet Maik Mühlbach, Abteilungsleiter beim Kinder- und Jugendamt der Stadt Heidelberg.

Initiative der Heidelberger Serviceclubs

Dass das Projekt zu einem großen Erfolg geworden ist, freut besonders die Heidelberger Serviceclubs, die mit ihrer großangelegten Spendenaktion „HD hilft!“ 2016 den Grundstein dafür gelegt haben. Rund 120.000 Euro an Spendengeldern sind bislang zusammengekommen, 34.000 Euro flossen in das Projekt PaminAH. „Unser Spendenprojekt und die Aktionen, die darauf folgten, zeigen, dass es uns gelungen ist, Menschen nachhaltig zu motivieren, sich für eine gelingende Integration dieser Kinder und Jugendlichen zu engagieren“, sagt Eva Rössy vom Lions Club Heidelberg Altstadt.

Das Beispiel Adel

Wie erfolgreich das Projekt PaminAH ist, zeigt das Beispiel von Adel: Der 18-Jährige aus Afghanistan kam Ende 2015 als einer von inzwischen mehr als 100 sogenannten unbegleiteten minderjährigen Ausländern (kurz: UMA) nach Heidelberg. Wie viele andere Jugendliche hat er ohne Eltern einen Fluchtweg von vielen tausend Kilometern bewältigt, um in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Durch das Projekt „PaminAH – Paten für minderjährige Ausländer in Heidelberg“ – war es gelungen mit dem Mathematiker Dr. Wolfgang Reh, einen ehrenamtlichen Paten für Adel zu finden.

Im Sommer 2016 präsentierte sich das „Tandem“ bei einem Pressetermin in der Jugendagentur Heidelberg. Damals hatte der 16-jährige Adel in bereits beeindruckendem Deutsch erklärt, er wolle mit Unterstützung seines Paten auf einen Beruf im medizinischen Bereich hinarbeiten.

Und heute? Adel ist mittlerweile volljährig. Einige Zeit wohnte er in einer Jugendhilfeeinrichtung im Stadtgebiet, seit Beginn des Jahres ist er in eine kleine Wohnung umgezogen, in der er selbständig wohnt. Er hat zunächst die Deutsch-Klasse (VABO) der Marie-Baum-Schule besucht und parallel dazu Deutschkurse an der Volkshochschule, wo er die Prüfung zum Sprachniveau B1 bestanden hat. Adel hat mehrere Schülerpraktika in Krankenhäusern absolviert. Er wurde an der Marie-Baum-Schule in eine deutsche Regelklasse mit Schwerpunkt Gesundheit und Pflege versetzt, die nach zwei Jahren zur Fachschulreife führt, die der Mittleren Reife entspricht. Das erste Halbjahr hat er bereits erfolgreich bewältigt. Anschließend würde er gerne eine Ausbildung zum Krankenpfleger aufnehmen.

„Adel hat sich hier gut integriert“, erzählt sein Mentor Wolfgang Reh. „Er besitzt eine hohe Lernmotivation in der Schule und hat einen guten Kontakt zu seinen Lehrern und Mitschülern aufgebaut.“ Reh weiß jedoch auch, dass sein Mentee aus seinem afghanischen Umfeld noch mit kontroversen Erwartungen konfrontiert wird, etwa in Bezug auf Gastfreundschaft oder „ehrenhaftem“ Verhalten. Wolfgang Reh ist stolz auf die Fortschritte seines Schützlings: „Adel ist inzwischen vorbildlich in der Lage sich selbständig zu organisieren, kauft selbständig ein, kocht und erledigt den Haushalt. Und: er mag inzwischen unsere Cafés mit Cappuccino und Kuchen.“

Adel fühlt sich im Tandem mit seinem Mentor gut: „Durch ihn habe ich mein erstes halbes Jahr auf dem Weg zur Fachschulreife geschafft. Er hat mir große Unterstützung in Deutsch, aber auch in Mathe gegeben. Ich konnte vorher kein Mathe. Jetzt habe ich im ersten Zeugnis eine Drei bekommen. Ich will nun weiter an meinem Ziel arbeiten. Zuerst möchte ich eine Krankenpfleger-Ausbildung machen. Vielleicht kann ich es schaffen, dann in Richtung Studium zu gehen.“ In Heidelberg, sagt Adel, habe er sich gut eingelebt: „Ich fühle mich wohl in der Wohnung und in der Schule und ich habe hier neue Freunde gefunden.“

Hintergrund:

Unbegleitete minderjährige Ausländer

Derzeit werden durch das Kinder- und Jugendamt der Stadt Heidelberg 113 unbegleitete minderjährige Ausländer nach vorausgegangener Inobhutnahme in Anschlusshilfen betreut und versorgt. Mehr als die Hälfte der jungen Flüchtlinge kommt aus Afghanistan, die übrigen vor allem aus Syrien und aus afrikanischen Ländern wie Äthiopien, Eritrea, Gambia und Somalia. Die überwiegende Zahl dieser Jugendlichen lebt in Heimen oder betreuten Wohnformen, nur wenige in Pflegefamilien.

Durch den allgemeinen Rückgang der Einwanderungszahlen werden regelmäßig nur noch drei bis fünf Jugendliche im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme in Kooperation mit dem Jugendhilfeträger Luise-Scheppler-Heim e.V. in dessen stationären Wohngruppen betreut. Da Heidelberg die vom Land vorgegebene Aufnahmequote erreicht hat, werden die meisten der regelmäßig neu aufgenommenen Jugendlichen im Rahmen der bundesweiten Verteilung weitergeleitet.

Für die unbegleiteten Kinder und Jugendlichen besteht Schulpflicht, ein Großteil besucht ein berufsvorbereitendes Bildungsangebot (VAB-O-Klasse) an einer beruflichen Schule in Heidelberg. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen hat bereits ein Praktikum absolviert, um sich hinsichtlich einer beruflichen Ausbildung zu orientieren. Sechs UMA befinden sich bereits in einem Ausbildungsverhältnis. Weitere Lernunterstützung ist häufig notwendig, wird aber über die reguläre schulische Ausbildung nicht abgedeckt. Auch hier unterstützt die Stadt mit Sprachförderung und anderen Angeboten.

Neben der Unterbringung und Versorgung richtet die Stadt ihr Augenmerk vor allem auch auf notwendige Integrationsmaßnahmen für die jungen Menschen. So konnte durch die erfolgreich verlaufene Spendenaktion „Heidelberg hilft“ in Kooperation mit der Jugendagentur ein Mentoring-Projekt zur Förderung der Integration in den Bereichen Sprache, Bildung und Übergang zu beruflichen Perspektiven bereits gut etabliert werden.

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