Heidelberg / Metropolregion Rhein-Neckar(red/ak) – Wo ist die nächstgelegene Bushaltestelle? Lassen sich Fahrgemeinschaften bilden? Oder: Wann kann ich Urlaub nehmen? Beim Treffen der Teilnehmenden am Projekt „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“ in der Graf von Galen-Schule wird deutlich, dass der Start der Qualifizierung unmittelbar bevorsteht. Ab dem 6. November werden sieben Männer und Frauen mit einer sogenannten geistigen Behinderung befähigt, als „Experten in eigener Sache“ angehenden Lehr-, Fach- und Leitungskräften ihre Lebenswelten, spezifischen Sichtweisen und Bedarfe zu vermitteln, zum Beispiel in der Lehre an Fach- und Hochschulen. Erklärtes Ziel des Projekts ist es, den künftigen „Bildungsfachkräften“ dauerhaft Existenz sichernde Arbeitsplätze nach der Vollzeit-Qualifizierung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu schaffen.
Die beiden Heidelberger Hartmut Kabelitz und Helmuth Pflantzer, Thilo Krahnke aus Wiesloch, Thorsten Liehl aus Mannheim, Anna Neff aus Aglasterhausen sowie die beiden Mosbacher Luisa Carlino und Michael Gänßmantel lernten bei diesem Treffen die Räumlichkeiten im Stadtteil Pfaffengrund kennen, in denen sie in den kommenden drei Jahren befähigt werden, vor Studierenden, Fachschülern oder anderen Interessengruppen über ihr Leben mit einer Behinderung zu berichten. Alle arbeiten bislang noch in Werkstätten für behinderte Menschen der Lebenshilfen Heidelberg und Wiesloch, der Gemeindediakonie Mannheim oder der Johannes-Diakonie in Mosbach und Schwarzach. Daher waren zu dem Treffen auch Mitarbeitende der Werkstatt-Sozialdienste sowie Angehörige gekommen.
Die Stadt als ein von zahlreichen Kooperationspartnern hatte es ermöglicht, die Qualifizierung zentral am Wissenschaftsstandort Heidelberg durchzuführen. Sie stellt unter anderem die Räumlichkeiten für die Schulung zur Verfügung. Durchgeführt wird das landesweit einzigartige Projekt von der Fachschule für Sozialwesen der Johannes-Diakonie Mosbach in Kooperation mit dem Institut für Inklusive Bildung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Die Neckarsulmer Dieter Schwarz Stiftung unterstützt das Projekt maßgeblich.
Auf Hochschulebene bestehen Kooperationen mit der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. Bereits ab dem Sommersemester 2018 werden Lehrveranstaltungen von den Teilnehmenden der Qualifizierung durchgeführt. Außerdem sollen in Arbeitsgruppen Formate entwickelt werden, die langfristig zu festen Bestandteilen der Hochschulausbildung für verschiedene pädagogische Professionen werden können.
Ziel des Treffens in der Graf von Galen-Schule war für Projektleiter Stephan Friebe, Qualifizierungsleiterin Sarah Maier und Projektkoordinatorin Nina Rudolph, neben dem Beantworten organisatorischer Fragen insbesondere die Teilnehmenden vor Beginn der Qualifizierung zusammenzubringen und zu vernetzen. „Die meisten der Teilnehmenden haben sich seit Ende Juni nicht mehr gesehen, als sie der Öffentlichkeit vorgestellt wurden“, so Stephan Friebe. Auch er fiebert nach langer Vorbereitungsphase dem Start der Qualifizierung entgegen. „Das ganze Team freut sich auf den Beginn.“ Das Interesse am Projekt steige spürbar. Für Friebe nachvollziehbar: „Wir starten schließlich ein Projekt, das es in dieser Form in Baden-Württemberg noch nicht gab und das großen Einfluss auf die inklusive Lehre an Hochschulen haben wird.“