Ludwigshafen / Metropolregion Rhein-Neckar – Gestern kamen an der Hochschule Ludwigshafen am Rhein Unternehmensvertreter, Mitarbeiter der IHK sowie Lehrende und Studierende der Hochschule zu den dritten Ludwigshafener Wirtschaftsgesprächen zusammen. In diesem Jahr widmete sich die Veranstaltung unter dem Titel „Fachkräfte 2020: gewinnen – (er)halten – weiterentwickeln“ den Zukunftsanforderungen an den Mittelstand. Das vom Transferbüro der Hochschule gemeinsam mit der IHK Pfalz ausgerichtete Forum mit Vorträgen und Workshops verbindet Theorie und Praxis, Wirtschaft und Wissenschaft, und will zum beiderseitigen Nutzen Impulse setzen.
Ludwigshafen am Rhein, 13.05.2016: Die Arbeitswelt verändert sich derzeit dynamisch. Neben dem demografischen Wandel stellen die sich rasant verstärkenden Digitalisierungsprozesse mit ihren gesellschafts- und berufsbezogenen Implikationen eine zentrale Herausforderung für das System Arbeit dar. Was kann und muss heute schon in Angriff genommen werden, um den sich abzeichnenden Herausforderungen gewachsen zu sein und weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben? Zentraler Schlüssel sind hierbei die Beschäftigten eines Unternehmens. Es wird in Zukunft immer wichtiger, die richtigen Instrumente einzusetzen, um geeignete Nachwuchs- und Fachkräfte zu finden beziehungsweise die bestehende Belegschaft zu halten und zu qualifizieren. Darin waren sich alle Teilnehmer – Unternehmensvertreter, IHK Pfalz und Angehörige der Hochschule Ludwigshafen – gestern einig. Doch was genau können gerade kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) tun, um im Konkurrenzkampf mit der Großindustrie um die besten Köpfe und fähigsten Hände zu bestehen? Die Impulsvorträge von Silke Eilers und Michael Meier gaben hier ebenso wichtige Anregungen wie die anschließende Diskussion in den Workshops.
Nach der Begrüßung durch Hochschulpräsident Prof. Dr. Peter Mudra und Dr. Tibor Müller, Leiter des Geschäftsbereichs Innovation, Umwelt, und Energie der IHK Pfalz, stellte Silke Eilers vom renommierten Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) als Projektverantwortliche die regionalen Bündnisse Attraktiver Arbeitgeber vor und beleuchtete das Zukunftsthema ‚Fachkräftesicherung‘ aus wissenschaftlicher Perspektive. „Fachkräftesicherung ist die zentrale unternehmerische Herausforderung in ganz Rheinland-Pfalz und die Unternehmen sind sich dessen weitestgehend auch bewusst“, so die Expertin. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen würden bereits durch sehr innovative, kreative und ganz individuelle Konzepte an der Problemlösung arbeiten und könnten durch die flachen Hierarchien und kurzen Wege in den KMU oft schneller und flexibler reagieren als Großkonzerne. Zentraler Baustein einer strategischen und vorausschauenden Personalplanung sei dabei auch die Netzwerkarbeit in der Region. „Durch Vernetzung von Wirtschaft, Region, Verbänden und Kammern lässt sich die Attraktivität eines Standorts nicht nur verbessern, sondern auch nach außen wahrnehmbar kommunizieren. Was ein Unternehmen allein nicht schafft – zum Beispiel Kinder- oder Ferienbetreuung anzubieten – schaffen sie im Verbund. Hier gibt es sowohl in der Metropolregion Rhein-Neckar als auch in der Pfalz gelungene Beispiele“, erläuterte Eilers.
Viele der Ideen, die Silke Eilers vorstellte, hat sein Unternehmen bereits erfolgreich in die Tat umgesetzt: Michael Meier, Geschäftsführer der EM-Technik GmbH aus Maxdorf, stellte in seinem Vortrag das innovative Vorgehen seines produzierenden Unternehmens bei der Fachkräftesicherung vor, für das es 2014 durch das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium ausgezeichnet wurde. Die EM-Technik GmbH, ein hochspezialisierter Hersteller von Kleinstarmaturen und -verschraubungen aus Kunststoffen mit insgesamt 160 Mitarbeitern, hat zur Fachkräftesicherung mehrere Strategien entwickelt: Zunächst einmal setzt Meier wie viele seiner Kollegen auf Ausbildung im eigenen Betrieb – über 80 Prozent aller Azubis bildet der Mittelstand aus. Dabei fährt er zweigleisig. Zum einen bildet die EM-Technik GmbH – Stichwort Vernetzung – im Verbund mit der Albert-Frankenthal GmbH als überbetrieblicher Ausbildungswerkstatt und zab Frankenthal, die sich um die pädagogische Beratung und Nachhilfe kümmern, dual aus. Gleichzeitig arbeiten sie aber auch eng mit Hochschulen wie der Hochschule Ludwigshafen oder der Hochschule Mannheim zusammen, um frühzeitig Führungsnachwuchs zu rekrutieren. Stipendien, Gremienarbeit, Vergabe von Studien-, Bachelor- und Masterarbeiten sowie das Anbieten von Praxissemestern, Praktika und Ferienjobs haben sich hier für EM-Technik bewährt. „Unsere Azubis sind oft Jahrgangsbeste, ebenso unsere dualen Studierenden“, sagt er nicht ohne Stolz. Hinzu kommen flexible Arbeitszeitmodelle – 13 verschiedene bietet der Zwei-Schichtbetrieb derzeit an –, ergonomische Arbeitsplätze, spezielle Schreibtischleuchten, regelmäßig erneuerte Sozial- und Aufenthaltsräume mit viel Tageslicht, wöchentliches Life Kinetik-Training, gekühlte Produktionshallen und Arbeit in eigenverantwortlichen Teams schon für den Führungskräftenachwuchs. Und auch die Arbeit am Image und soziales Engagement sind für Meier wichtig: „Durch Kooperationen und Sponsoring-Projekte wie einem Bewerbertraining mit Schulen in Maxdorf und Neustadt oder der Unterstützung des Jugendgemeinderat und Jugendhauses Maxdorf machen wir uns in der Region bekannter. Vielleicht ist es dann eines Tages so, dass die Kinder in Maxdorf nicht mehr fragen, wo arbeiten deine Eltern, sondern, in welcher Abteilung von EM-Technik arbeiten deine Eltern“, schließt er augenzwinkernd.
Viele der Impulse aus den beiden Vorträgen nahmen die Teilnehmer – der dialogischen Tradition der Wirtschaftsgespräche entsprechend – anschließend mit in die Workshops: „Arbeitgeberattraktivität steigern“, „Gesunde Beschäftigte – gesunder Betrieb“ sowie „berufliche Aus- und Weiterbildung als Erfolgsfaktor“ waren die Themen, die die Gäste zusammen mit Prof. Dr. Elke Raum, Prof. Dr. Rainer Völker, Andreas Friesenhahn (alle Hochschule Ludwigshafen) und Dirk Michel von der IHK Pfalz tiefergehend diskutierten, bevor die Wirtschaftsgespräche beim entspannten Get together ausklangen.
Auch im nächsten Jahr sollen die Wirtschaftsgespräche im Frühsommer wieder stattfinden. „Und beim vierten Mal ist dann aus der Tradition vielleicht schon ein Brauchtum geworden“, nahm Claudia Wingerter, Transferbeauftragte der Hochschule und Organisatorin der diesjährigen Wirtschaftsgespräche, zum Abschluss schmunzelnd ein Bonmot aus der Begrüßung von Mudra und Müller wieder auf.