Die „Pfälzerland“ tuckert gemütlich auf dem glitzernden Strom dahin. Auf dem offenen Oberdeck klicken die Auslöser der Smartphones. Zu schön glüht der Himmel in den Farben des Sonnenuntergangs, um das nicht für Familie, Freunde und die eigene Erinnerung festzuhalten. Die Silhouette des Speyerer Doms gibt’s gratis dazu. Von drinnen, aus der verglasten und überdachten Kabine, in der die meisten Fahrgäste Platz genommen haben, klingen die verführerisch-erotischen Klänge eines Saxophons nach draußen: „Take five“. Das Instrument wird bedient von einem Mann im weißen Anzug: Christoph Krzeslack hat sein musikalisches Programm an das Thema des Abends angepasst, und viele Füße wippen im Glenn-Miller-Sound.
Es geht um die Zeit der 1960er und 1970er Jahre, die Zeit der Kindheit und Jugend von Rainer Moritz, dem Leiter des Hamburger Literaturhauses. Er liest für die Passagiere aus seinem Buch „Ich Wirtschaftswunderkind“. Und so schwelgen die Gäste in Erinnerungen an Susanne Uhlen und Peggy March, an „Bonanza“ und „Raumschiff Enterprise“, blicken mit dem Autor zurück auf dessen frühkindliche Begeisterung für Pommes Frites und seinen ersten Kuss, während die „Pfälzerland“ vom Hauptstrom in den Altrhein abbiegt und sich in Richtung Reffenthal bewegt. Die Dämmerung fällt langsam herab auf die Rheinauen, und ein paar krummgewachsene Weiden auf einem Altrhein-Inselchen malen sich pittoresk vor den in allen Farben glühenden Abendhimmel. Die „Pfälzerland“ passiert dschungelartigen Auwald, einladende Sandstrände und Motoryachten, die hier in Reih und Glied vor Anker liegen. Die Stimmung an Bord ist entsprechend: entspannt, gelassen.
Während die Künstler auf dem Oberdeck die Gäste unterhalten, wird ein Stockwerk tiefer kräftig gewerkelt. Das Büffet, von der renommierten Küche des „Pfälzer Hofs“ in Römerberg-Mechtersheim bestückt, wird aufgebaut. Hübsch in Gläsern angerichtet, gibt es Häppchen aus Lachs, Geflügel- und Wurstsalat oder Tomaten mit Mozarella. Dazu eine Weinschorle oder ein Bierchen, serviert vom Team der „Pfälzerland“. Direkt beim Büffet haben die Damen vom Spei’rer Buchladen ihren Büchertisch aufgebaut. Schließlich möchte der eine oder andere sich später von Rainer Moritz sein Buch signieren lassen.
Musik, Literatur und Gaumenkitzel wechseln sich ab an diesem Spätsommerabend auf dem Rhein. Dreieinhalb Stunden dauert das Programm, das für alle Sinne etwas bietet. Die Gäste sind’s denn auch zufrieden, als sie um 22 Uhr die „Pfälzerland“ verlassen und wieder festen Boden unter den Füßen haben. Sie haben den Abend genossen.
„Die Karten wurden uns geradezu aus den Händen gerissen“, freut sich Erhard Steiger von der KEB. In den kommenden drei Jahren ist seinen Worten zufolge einmal jährlich eine weitere Auflage von „LiteraTour on Board“ geplant. „Die Idee haben wir bei den Kollegen in Mainz abgekupfert“, verrät er. Der Termin für die Veranstaltung werde bewusst mitten in die Woche gelegt. „Wir wollen keine Konkurrenz darstellen zu den Wochenendveranstaltungen.“ Um den Erfolg der neuen Veranstaltungsreihe ist Steiger nicht bange: „Die wird sicher ein Renner werden.“