Neustadt / Lambrecht / Ludwigshafen / Metropolregion Rhein-Neckar (rbe/mrnnews) – Der bislang noch nicht aufgetauchte Maximilian Kuwalewsky hat sich am Wochenende überraschend an die Redaktion von MRN-News gewandt. Dies erfolgte nach einer, in Eigeninitiative der Mutter, über Facebook verbreiteten Aufforderung, dies zu tun. Die Aufforderung tätigte Sie kurzfristig, in der Hoffnung, dass Maximilian sich erneut melden würde.
In einem anonym gesendeten Anruf, meldete sich am Freitagabend dann zunächst eine unbekannte männliche Person bei uns, die behauptete, mit Maximilian in Kontakt zu stehen. Trotz Versuchen näheres zur Identität des Anrufers zu erfahren, konnten weder der Aufenthaltsort, noch der Name und aufgrund fehlender Anruferkennung, auch keine Telefonnummer, in Erfahrung gebracht werden. Auf Nachfrage, ob es möglich sei, dass Maximilian sich eigenständig am Telefon zu erkennen gibt und einige Worte zu seinen Erlebnissen mitzuteilen, meldete sich dann die Stimme eines Jungen mit den Worten: “Hallo, ich bin Max und mir geht’s gut und ich will wieder zu meiner Mutter…”. Diesen Teil des Gesprächs konnten wir mit Zustimmung mitschneiden.
Auf Nachfrage sprach der Junge darüber, dass er im Heim u.a. durch “Erzieher” “geschlagen” und “fest angepackt” worden sei. Auch seine Geschwister hätten ähnliche Dinge erlebt.
Anruf von Maximilian:
Weiteres konnte wegen einer Unterbrechung des Telefonates nicht aufgenommen werden.
Wir haben den Mitschnitt der Mutter vorgespielt, die darin die Stimme ihres Sohnes erkannt hat und den Anrufer damit als Max identifizieren konnte.
Am Samstag Nachmittag ist uns dann, während eines Recherche-Termins in Lambrecht, unerkannt, ein Brief an ein geparktes Redaktionsfahrzeug überbracht worden, der nach Ende des Termines aufgefunden wurde. Zum Auffindungszeitpunkt hielten sich in der Nähe des Autos mehrere Menschen auf, weswegen eine Rückverfolgung des Einwerfers nicht zielgerichtet möglich war.
Der Wortlaut des Briefes, der an die Mutter des Jungen gerichtet war, wiederholte in etwa die Aussagen des am vorigen Tag stattgefundenen Telefonates. Weiterer Inhalt waren Grüße von Max an seine Familie. Der Junge äußerte erneut die Hoffnung nicht mehr ins Jugendheim zurückkehren zu müssen und mit seinen Geschwistern wieder zu seiner Mutter nach Hause zu können.
Beim Vergleich des neuen Briefes, mit dem Mitte der Woche bei den Großeltern eingegangenen ersten Brief, liessen sich auf den ersten Blick deutliche Übereinstimmungen der Schrift feststellen, was es wahrscheinlich macht, dass dieselbe Person ihn geschrieben hat. Die Schrift des ersten Briefes konnte zuvor bei einem Abgleich mit Schulunterlagen, zu sehr hoher Wahrscheinlichkeit, dem Jungen zugeordnet werden. Die Mutter identifizierte den Brief ebenfalls als Max’ Handschrift.
Unter welchen Umständen und wo der Brief verfasst wurde und ob Max die Inhalte des Briefes/der Briefe selbst erdacht hat, oder ob darauf Einfluß genommen wurde, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit 100%iger Sicherheit beantwortet werden. Die Aussagen der Mitteilungen decken sich aber mit Indizien des Falles und früheren Aussagen des Jungen, was darauf schliessen lässt, dass es sich tatsächlich um die eigenen Gedanken des Jungen handelt. Genaueres weiß hier nur Maximilian selbst.
Nach der Kontaktaufnahme durch Maximilian hat sich nun vorerst bestätigt, dass er sich derzeit aus freien Stücken, wenn auch als Resultat unschöner Ereignisse, an einem aus seiner Sicht sicheren Ort aufhält. Es liegt zu vermuten, dass der Aufenthaltsort von Maximilian eventuell im weiteren Umfeld der Familie oder des Bekanntenkreises zu finden ist. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass Max sich bei einer bislang nicht dem Bekanntenkreis angehörenden, vormals fremden Person, oder gar mehreren Personen, aufhält, die ihm nach seinem Weglaufen zur Seite stehen oder an die er sich nach dem 20. Juni gewandt hat.
Der anonyme Anrufer betonte im Laufe des Telefonats, dass er für Max nur das Beste wolle und den Jungen, falls nötig, auch noch länger versorgen werde. Er sähe keine andere Möglichkeit, als dem Jungen momentan durch seine Unterstützung zu helfen, solange Max sich nicht freiwillig dazu entscheide, aus seinem Versteck hervor zu kommen.
Mit diesem Zwischenergebnis ist der Fall Maximilian, zumindest was den Vermisstenstatus angeht, geklärt. Inwieweit eine Lösung für die Zukunft des Jungen gefunden wird, ist allerdings weiter unklar.
Wichtig für ein baldiges Auftauchen des Jungen wäre, dass das Kind nicht länger ein Spielball der Interessen von Eltern und Behörden bleibt und eine neue Perspektive geboten kriegt. Der Aufenthalt in einem Jugendheim ist in diesem Fall definitiv die ungeignetste Variante.
Fest steht:
- Der Junge hat offensichtlich panische Angst, bei seiner Rückkehr wieder durch das Jugendamt in einem Heim untergebracht zu werden und möchte am liebsten im gewohnten Umfeld bei seiner Mutter bleiben, zusammen mit seinen Geschwistern, die ebenfalls nicht mehr im Heim bleiben möchten, und seinen Haustieren.
- Die Behörden bestehen weiterhin auf ihr derzeitiges Aufenthaltsbestimmungsrecht über den Jungen und seine Geschwister, können aber offenbar nicht für eine adequate Unterbringung sorgen.
- Im bisherigen Jugendheim von Maximilian herrschen offenbar Zustände, die es dringend zu überprüfen gilt.
- Die Mutter wiederum, kämpft darum, ihre Kinder zurückzubekommen, wird derzeit von behördlicher Seite aber als nicht erziehungsfähig eingestuft.
- Vom Vater war seit Maximilians Verschwinden bislang überhaupt nichts zu hören, weswegen sein Interesse an den Kindern wohl eher gering erscheint.
In jedem Falle bedarf es dringend einer Überprüfung der bisherigen Faktenlage und einer adequaten Neubeurteilung dieses Sorgerechtsfalles, um den Kindern der Familie gerecht zu werden und eine langfristige Lösung für alle Geschwister zu finden, mit der auch die Kinder zufrieden sind. Dies ist nur möglich, wenn die beteiligten Elternteile und Ämter nicht länger Ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellen. Das Wohl der Kinder sollte hier auf allen Seiten oberste Priorität haben. Die Kinder müssen dafür ebenfalls in den Entscheidungsprozeß miteingebunden werden.
Maximilian jedenfalls, wird wohl erst wieder aus seinem Unterschlupf auftauchen, wenn er die Gewissheit hat, zukünftig nicht mehr in ein Jugendheim zu müssen. Für alle Beteiligten gilt es deshalb, hierfür nun schnellstmöglich die Voraussetzungen zu schaffen, statt den Jungen weiter unter Druck zu setzen und von ihm zu verlangen, in eine ungewisse Situation zurückzukehren.
Definitiv müssen die Erlebnisse des Jungen, seiner Geschwister und anderer Heimkinder während der Unterbringung im Kinderdorf untersucht und die vom Jungen geäußerten Aussagen ernst genommen und aufgearbeitet werden. Hierfür werden wir uns weiter einsetzen.
(Recherche/Text: Raphael B. Ebler)