Kaiserslautern/Speyer (is) / MetropolregionRhein Neckar – In den letzten zweieinhalb Jahren haben nahezu alle 237 katholischen Kindertagesstätten im Bistum Speyer erfolgreich ein eigenes Leitbild entwickelt. Damit haben sich die Einrichtungen ein klares katholisches Profil gegeben und ein Leitsystem formuliert, an dem sich ihre Arbeit orientiert. Zum Abschluss des Leitbildprozesses, der im Januar 2012 mit der Präsentation der diözesanen Leitlinien zur Profilentwicklung startete, hatte das Bistum gestern Abend zu einer Feier in Kaiserslautern eingeladen. Rund 300 Vertreterinnen und Vertreter von Kindertagesstätten, der Träger und des Caritasverbandes waren der Einladung gefolgt. Die Veranstaltung stand unter dem Thema „Von den diözesanen Leitlinien zum Leitbild – auf dem Weg zu einem Leitbild für jede katholische Kindertageseinrichtung im Bistum Speyer“.
„Ein Prozess, der viele und vieles bewegt hat, geht heute zu Ende“, begrüßte der Leiter der Abteilung Kindertagesstätten im Bischöflichen Ordinariat, Joachim Vatter, die Gäste. Nach den vielen gesetzlichen Änderungen und neuen Anforderungen an die Kitas in den letzten Jahren, sei es für die Einrichtungen notwendig gewesen, sich mit ihren Trägern über ihre Arbeit auseinanderzusetzen und ihr Profil herauszuarbeiten.
Unterstützt wurden die Kindertagesstätten auf ihrem Weg zur Entwicklung eines Leitbildes durch Angebote des Bistums und der Fachberatung des Caritasverbandes, wie Heinz Peter Schneider, Referent der Abteilung Kindertagesstätten im Bischöflichen Ordinariat, erklärte. Kita-Teams und Trägervertreter nahmen an Seminaren und Workshops teil. Mit Besuchen vor Ort und Rückmeldungen zu den Entwürfen wurden die Beteiligten in dem Prozess begleitet. Außerdem wurde eine Arbeitshilfe zum Thema Leitbildentwicklung zur Verfügung gestellt.
Positiv habe sich bei der Erstellung der Leitbilder ausgewirkt, dass vor Ort verschiedene Gruppen durch den Prozess ins Gespräch kamen und so die verschiedenen Erwartungen an die Kitas geklärt werden konnten. „Eine zweite Erfahrung aus dem Leitbild-Projekt ist, dass sich mit Blick auf die neue Pfarreistruktur 2015 zahlreiche Personen aus Kitas und Pfarreien erstmals in dieser bald regulären Konstellation trafen. Benachbarte Kitas nahmen sich erstmals in den Blick und arbeiteten zusammen. Erste Arbeitsstrukturen wurden geschaffen, die hoffentlich über das Projektende hinaus bestehen werden“, erläuterte Schneider. Als einen weiteren wichtigen Aspekt im Leitbildprozess bewertete er die persönliche Auseinandersetzung aller Beteiligten mit Glaubens- und Lebensfragen, die in vielen Rückmeldungen aus den Kitas als besonderer Gewinn beschrieben werde.
Kernpunkte aller Leitbilder seien trotz aller Unterschiede das Christliche Menschenbild und die Verbindung von Glauben und Leben. Aus der Gottes-Ebenbildlichkeit des Menschen und der damit unauslöschlichen Würde jedes Menschen lasse sich das Recht eines jeden Kindes auf Erziehung und Bildung klar ableiten. „Glaube und Leben“ reduziere sich nicht auf einzelne Aktionen, Feiern oder religionspädagogische Einheiten sondern durchdringe „gleichsam wie ein Sauerteig den Alltag einer Kita“. Im Hinblick auf den Prozess „Gemeindepastoral 2015“ wertete Schneider die Leitbilder in den katholischen Kindertageseinrichtungen als wichtigen Schritt auf dem Weg zur Erneuerung der Seelsorge.
Talkrunde: Was hat der Leitbildprozess gebracht?
Die von Schneider geschilderten Erfahrungen wurden in einer kurzen Talkrunde mit Vertretern der Träger, aus Gemeinden und Kindertagesstätten sowie Generalvikar Dr. Franz Jung bestätigt. Moderiert wurde die Runde zum Thema „Was bringt uns ein Kita Leitbild? Was hast der Leitbildprozess gebracht?“ von Thomas Eschbach. „Es war schwierig, die unterschiedlichen Erwartungen an die Kitas klar zu formulieren, aber wir sind jetzt stolz auf das Ergebnis“ so Pfarrer Eric Klein aus der Pfarreiengemeinschaft Lautzkirchen, Träger mehrere Kindertagesstätten. Im Prozess sei klar geworden: „Kita ist ein wichtiger Teil der Gemeinde, dort wird Gemeinde wirklich lebendig.“ Von einem neuen, positiven „Umgang auf Augenhöhe“ mit allen Beteiligten durch den Prozess berichtete Petra Ruffing, Leiterin der Kindertagesstätte St. Valentin in Schönenberg-Kübelberg. „Der Bezug zum Leitbild ist jeden Tag da.“ Prisca Forthofer, Fachberaterin für Kindertageseinrichtungen beim Caritasverband, betonte, dass es für die Beteiligten gut gewesen sei, sich Zeit für die Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben zu nehmen und die Grundsätze eines katholischen Profils der Kitas zu formulieren. Der Verwaltungsrat seiner Pfarrei habe zunächst diskutiert, ob man die Anregung „aus Speyer“ aufgreifen wolle, einen Leitbildprozess durchzuführen, erklärte Jörg Hemmerling, Mitglied im Verwaltungsrat der Pfarrei St. Hildegard in St. Ingbert. Die Sammlung von Ideen dafür im Verwaltungs- und Pfarrgemeinderat, in der Kita, bei den Eltern und Kindern sei auf eine enorme Resonanz gestoßen, sodass daraus ein Leitbild entwickelt werden konnte. Pastoralreferentin Ute Garth aus der Projektpfarrei Queidersbach betonte, dass die Entwicklung des Leitbildes letztlich ein geistlicher Prozess für alle Beteiligte gewesen sei.
Kindertagesstätten als pastoraler Ort innerhalb der Pfarrei
Generalvikar Dr. Franz Jung bezeichnete in seinem Beitrag zum Thema “Gemeindepastoral 2015 und Kita-Leitbildprozess“ die Kindertagesstätten als “pastoralen Ort innerhalb der Pfarrei”, der neu zu entdecken und zu profilieren sei. Mit der Entwicklung eines Leitbildes sei ein erster Schritt dazu getan. Er zitierte Papst Franziskus, der in seiner Enzyklika “Evangelii Gaudium” das Pfarrprinzip betone. So sollten alle Initiativen und Einrichtungen ihrem Evangelisierungsauftrag nicht nebeneinander nachkommen, sondern die Anbindung an die örtliche Pfarrei suchen. Auch das Bistum halte am Territorialprinzip mit der Gliederung in Pfarreien fest. Es sei notwendig, die einzelnen Träger der Seelsorge neu zu entdecken und miteinander zu vernetzen. Der Maßnahmenkatalog für die Pfarreien, der ihnen für ihren Weg zu einem neuen Seelsorgekonzept vorgeschlagen werde, sei vergleichbar mit dem, der auch von den Kindertagesstätten anzugehen sei: die Erarbeitung eines Leitbildes und eines pastoralen Konzeptes, die Sozialraum- und Pfarreianalyse, das Erarbeiten von Qualitätsbausteinen und die Orientierung an Standards, die Vernetzung im Sozialraum Pfarrei mit anderen Trägern sozialer Einrichtungen sowie die Orientierung an den vier leitenden Prinzipien des 2015-Prozesses “Spiritualität”, “Evangelisierung”, “Anwaltschaft” und “Weltkirche”.
Leitbildprozess und Qualitätsmanagement in Kitas und Pfarreien erforderten einen langen Atem. Leitbilder und pastorale Konzepte müssten in absehbarer Zeit sicher wieder überarbeitet werden, aber dies sei kein Grund zur Entmutigung. Unvollkommenheit sage Papst Franziskus, sei kein Grund die Hände in den Schoß zu legen, sondern Ansporn, sich immer neu auf den Weg zu machen. Es gehe um einen “freudigen Aufbruch” auch wenn in den nächsten Jahren “vieles zu Grabe getragen werden müsse, weil es nicht mehr geht”. Papst Franziskus sage, dass “man dazu kein Gesicht wie bei einer Beerdigung machen” müsse. Denn in dem Neubeginn stecke auch die Freude, der Geist, die das Evangelium schenke. Generalvikar Jung ermutigte alle Beteiligten dazu, sich der “Mühsal des Aufbruchs” zu stellen.
Er kündigte an, dass das parallel zur Leitbildentwicklung bis 2015 laufende Qualitätsmanagement-Projekt SpeQM, an dem im Bistum Speyer bisher 19 katholische Kindertageseinrichtungen beteiligt sind, in vier Staffeln bis 2020 auf alle Kitas des Bistums ausgeweitet werden soll. Damit werde der Prozess fortgesetzt, der mit dem 2003 entwickelten Gütesiegel des Verbandes Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) begonnen wurde.
Einen Eindruck von der Kreativität, mit der die Kindertagesstätten ihre Leibilder entwickelten und präsentierten, vermittelten Mitarbeiterinnen der Kindertagesstätte St. Dominikus in Harthausen. Sie führten ein Schwarzlichttheater zum Titel ihres Leitbildes „Hände“ auf. Herbert Adam, Referent für Seelsorge, sorgte für die musikalische Umrahmung der Feier. Zum Schluss des Abendprogramms erzählte er eine Geschichte zum „roten Faden“, dem Symbol, das den Prozess begleitete.
Im Bistum Speyer besuchen derzeit rund 13 500 Kinder die 237 Kindertagesstätten, die von den katholischen Kirchengemeinden und sonstigen kirchlichen Institutionen wie den Elisabethenvereinen und dem Caritasverband getragen werden. Die Einrichtungen stehen allen offen – unabhängig von Konfessions- oder Religionszugehörigkeit. Für die Kita-Arbeit stellt die Diözese jährlich rund 17 Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln zur Verfügung.