Brühl/Metropolregion Rhein-Neckar – „Wir müssen noch einiges tun für Tagesmütter, um ihr Potential für die Kinderbetreuung überhaupt nutzen zu können“, fasste Brühls Bürgermeister Dr. Ralf Göck nach einem Gespräch mit drei Brühler Tagesmüttern zusammen. Angesichts des nahenden „Rechtsanspruchs“ für unter 3Jährige hatte er die Tagesmütter ins Rathaus eingeladen, um ihre Sorgen und Nöte wieder aufzunehmen und das Potential abschätzen zu können.
Nach dem letzten Gespräch mit der Tagesmütterinitiative vor einigen Jahren war man übereingekommen, dass die Gemeinde Brühl die Aus- und Fortbildung durch Übernahme der entsprechenden Kursgebühren beim Rhein-Neckar-Kreis oder beim Kinderschutzbund fördert. Dass dies für sie und ihre Kolleginnen reibungslos klappe, dafür dankten die Betroffenen, haben im Moment aber an anderen Stellen wohl schwer „zu kämpfen“: Ihre Arbeit werde erschwert, weil sie kaum noch auf ihre Kosten kämen. „Seit 15 Jahren mache ich das schon“, berichtete Martina Naber, „aber spiele jetzt mit dem Gedanken aufzuhören“. Seit wenigen Jahren gebe es immer weniger Selbstzahler, sondern fast ausschließlich Betreulinge „übers“ Jugendamt des Kreises, der bei der Bezahlung der Tagesmütter spare wo er nur könne. „Alles müssen wir abfragen und nachweisen und tragen auch noch das Ausfallrisiko“, berichtete auch Manuela Schwab, die seit drei Jahren die „Mäusekinder“ unter drei Jahren in Brühl betreut, „wenn Eltern am Ende doch nicht förderungswürdig sind“. Häufig müsse es schnell gehen, das Kind werde aufgenommen und dann stelle sich heraus, dass niemand zu bezahlen bereit sei, weder das Jugendamt noch die Eltern. Auch bei Krankheit einer Tagesmutter oder bei mehr als vier Wochen „Ausfall“ des Kindes wegen Krankheit oder Urlaub falle der Umsatz komplett weg, „aber unsere Kosten wie Miete, Heizung usw. laufen weiter“. Tanja Gentner-Narloch denkt nicht zuletzt deshalb ans aufhören, aber auch aus familiären Gründen. Dass sie kein eigenes Wohnzimmer hätten, ihre eigenen Kinder in den Schulferien kaum ausschlafen könnten, solche Begleiterscheinungen des Jobs nehmen sie in Kauf: „Kindern beim großwerden die Hand reichen zu können und zum Dank ihr Lachen zu sehen oder eine Umarmung zu spüren, das ist es, was uns trotz aller Schwierigkeiten immer wieder motiviert“, so Manuela Schwab.
Bürgermeister Dr Ralf Göck, der neu auch für die Kinderbetreuung zuständige Amtsleiter Lothar Ertl und Sachbearbeiter Thomas Weis hörten viel Idealismus für diese Tätigkeit, aber auch viel „Enttäuschung“ aus den Worten der engagierten Frauen, denen es nicht leicht gemacht werde. Ob Erzieherinnen oder Lehrerinnen in Elternzeit z.B. eine solche Tätigkeit auch nur vorübergehend anstreben, sei nach diesen Praxisberichten kaum anzunehmen. Göck wird ein Gespräch mit dem Jugendamt des Rhein-Neckar-Kreises anregen, denn die neue Landesregierung habe dem Kreis deutlich mehr Mittel für die Tagespflege zur Verfügung gestellt, „und davon sollte nicht nur bei den Eltern, sondern auch bei den Tagesmuttern etwas ankommen.“ Die Tagespflege, so der Brühler Bürgermeister, müsse deutlich attraktiver für die Frauen werden, denn sie sei ein flexibler Baustein in der Kinderbetreuung, der manchen „besonderen“ Fall gut auffangen könne.
BU:
Die Tagesmütter Manuela Schwab, Martina Naber und Tanja Gentner-Narloch im Gespräch mit Lothar Ertl, Thomas Weis und Ralf Göck (jeweils von links nach rechts).