Speyer / Metropolregion Rheinneckat (is). Anziehungspunkt für Gläubige aus der ganzen Region waren die festlich gestalteten Weihnachtsgottesdienste im Speyerer Dom. Allein an Heilig Abend drängten sich rund 2000 Gläubige in die Kathedrale, um sich vom Weihnachtssingen des Domchores auf das Fest einstimmen zu lassen und anschließend die Mitternachtsmesse mitzufeiern.
“Weihnachten wird im Gemüt entschieden”, betonte Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann in seiner Predigt am ersten Weihnachtsfeiertag. Das meine nicht nur Stimmung, auch nicht gefühlsduselnde Sentimentalität. Das Weihnachtsgeheimnis strahle ins Gemüt des Menschen und damit in dessen “innersten Dreh- und Angelpunkt, in dem alles zusammenkommt, Geist und Herz, Seel’ und Sinn”. Kein anderes Fest habe solche Bilder des Glaubens, die den Menschen so unmittelbar berühren könnten. “Sie sprechen vom Ursprung des Lebens und vom Urvertrauen in seine Güte, sie sprechen von der Treue und Verlässlichkeit Gottes zu uns Menschen, der sich unserer Welt wehrlos wie ein Kind ausliefert, um uns den Sieg der Liebe und das Vertrauen in seine Wahrheit einzuprägen.” Und so erwache der Lebensmut, der den Mut zur Hingabe und Liebe hervorbringe.
In vielen Ereignissen des letzten Jahres zeige sich, dass die Frage nach dem Vertrauen, der Glaubwürdigkeit und der darin gründenden Zuversicht entscheidend sei, erklärte der Bischof weiter. “Das Jahr begann mit der großen Atomkatastrophe – und so mit dem entscheidenden Zusammenbruch jedes blinden Vertrauens in die Technik und den Fortschritt. Es endet mit der Finanzkrise in der EU, die im innersten Kern eben auch eine Vertrauenskrise ist.” Vertrauen sei das Schlüsselwort in allen Bereichen der Gesellschaft, weil ohne Vertrauen keine Zukunft zu bewältigen sei. “Vertrauen ist das Schlüsselwort, weil die Glaubwürdigkeit so vieler Instanzen in unserer Zeit beschädigt ist – in der Kirche, in der Politik, in der Gesellschaft.” Hier hinein spreche die weihnachtliche Botschaft: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude. Heute ist euch der Retter geboren, Christus, der Herr.“ Der Glaube gebe dem Vertrauen einen tragfähigen Grund. “Er kann uns im besten Sinne gutmütig und guten Mutes machen”, so der Speyerer Bischof.
Weihbischof Otto Georgens verwies in seiner Predigt in der Christmette auf die Faszination, die von dem in Betlehem geborenen Kind ausgehe. Jesus sei mehr als ein Erforscher der Seele, Lehrer der Innerlichkeit oder ein Religionsvirtuose gewesen. Mit ihm sei etwas endgültig Neues in die Welt gekommen. „Jesus lebte dieses Neue mit seiner ganzen Existenz.“ Mit zwölf Jüngern habe er angefangen. „Er hat sie gelehrt, das eigene Leben mit dem der anderen zu verknüpfen, sich gegenseitig siebenundsiebzigmal am Tag zu verzeihen, sich nicht mehr um die Zukunft zu sorgen, sondern ganz im Heute zu leben und jeden Tag neu nach dem Plan Gottes zu fragen.“
Weil dieses neue Leben so unerhört und so anstößig war, sei Jesus schon nach kurzer Zeit umgebracht worden. „Weil es aber das Werk Gottes war und eine tiefe Faszination von ihm ausging, blühte es durch seinen Tod erst recht auf und ist seitdem die stille Hoffnung und die heimliche Sehnsucht der Welt“, betonte Georgens und fügte hinzu: „Niemals würden wir uns hier in der Nacht versammeln, wo wir doch spannendere Dinge tun oder zumindest gut schlafen könnten, wenn nicht mit Jesus die Hoffnung in die Welt gekommen wäre, dass sich unser Leben schon jetzt ändern könnte. Dass es sich ändern könnte zu dem, was die Hirten in der Nacht hörten: zu einem Leben, das Gott die Ehre gibt und der Welt Frieden schenkt.“