Ludwigshafen / Metropolregion Rhein-Neckar – Kampf angenommen: Eulen punkten in der “Hölle Süd” – (gek) – Die Ballwerfer der TSG Ludwigshafen-Friesenheim haben beim HBW Balingen-Weilstetten für ihr erstes Erfolgserlebnis in der TOYOTA Handball-Bundesliga gesorgt. Es war in vielen Szenen nichts für Handballästheten, was die Akteure beim 30:30 (15:13) auf die Platte brachten, denn Kampf war überwiegend Trumpf in der SparkassenArena, der schmucken neuen “Hölle Süd”. Gegen Ende standen die Schützlinge von Trainer Thomas König sogar kurz davor, beide Zähler mit auf den Heimweg zu nehmen. In den hektischen Schlussminuten reichte dem Neuling ein mehrfacher 2-Tore-Vorsprung aber nicht, um zu siegen. Dennoch überwog bei den Rothemden letztlich die Freude, bei einem direkten Konkurrenten gepunktet zu haben, für den ein Sieg über den Liga-Novizen eigentlich Pflicht gewesen war. Mit dem ersten, hoch verdienten Punktgewinn verließen die Eulen das Tabellenende und kletterten auf Rang 14.
Der HBW hatte Anwurf, und Regisseur Benjamin Herth machte, bei angezeigtem Zeitspiel, das erste Tor. Felix Lobedank und Vladimir Temelkov legten nach. Zu diesem Zeitpunkt hatte Keeper Nikola Marinovic bereits zwei Siebenmeter gestochen. Gegen Gabor Ancsins Geschoss war er in der siebten Minute aber ohne Abwehrchance. Nach Gunnar Dietrichs Anschlusstreffer ging für den HBW die Post ab. Der bullige, weder sich noch andere schonende Frank Ettwein netzte zum 4:2 ein, Benjamin Herth erhöhte – nach einem Fangfehler von Ancsin zuvor – auf 5:2, und Felix Lobedank traf – im Anschluss an ein Stürmerfoul von Benjamin Matschke – ebenfalls per Gegenstoß. Die Formation von Dr. Rolf Brack baute in den nächsten Minuten ihre Führung auf fünf Tore aus und hielt diese bis zur 20. Minute. Im letzten Drittel der ersten Halbzeit kämpften sich die Eulen mit großem Engagement stetig heran. Ein Doppelschlag durch Abwehrchef Gunnar Dietrich brachte in Minute 24 das 10:12, die TSG war wieder dran. Als Frank Ettwein in der gleichen Minute nach einer Ringereinlage gegen Evgeni Pevnov eine Zeitstrafe erhielt, war er damit noch gut bedient. Alexander Becker, der eine klasse Partei machte, schloss in der 27. Minute einen Konter erfolgreich zum 13:11 ab, und Stefan Bonnkirch, bester Friesenheimer Akteur an diesem Abend, traf ebenfalls per Gegenstoß, nachdem zuvor Benjamin Matschke einen HBW-Angriff abrupt stoppen und diesen Konter einleiten konnte. Zwei Tore Rückstand zur Halbzeit verhießen einen spannenden zweiten Abschnitt.
In den ersten Minuten nach Wiederbeginn zeigte die König-Truppe ihre ganze Entschlossenheit und glich durch Stefan Bonnkirchs zweites Kontertor zum 15:15 aus (33.). Durch zwei verwandelte Strafwürfe von Alex Becker lagen die Pfälzer in der 41. Minute erstmals in Front. In Unterzahl gelang Felix Lobedank dann das 20:20, und auch Johan Boisedu traf bei einem Mann weniger. Die Führung wechselte wieder, als Jens Bürkle und Sascha Ilitsch eingenetzt hatten, doch Christian Dissinger glich zum 24:24 aus. Der Juniorennationalspieler brachte seine Farben knapp neun Minuten vor dem Ende erneut in Front. Als Benjamin Herth TSG-Torwart Kevin Klier mit einem Aufsetzer düpieren wollte, ging dieser Ball zum Entsetzen der HBW-Fans über das Gehäuse. Evgeni Pevnov, der am Kreis ackerte und rackerte, ließ durch sein viertes Tor die Stimmung bei den mitgereisten TSG-Fans noch mehr steigen. Im folgenden Siebenmeterduell blieb Benjamin Herth Sieger gegen Kevin Klier. Im Gegenzug schmetterte Christian Dissinger die Kugel zur erneuten 2-Tore-Führung in den HBW-Kasten. Mit seinem nächsten Goal antwortete Balingens bester Werfer, Felix Lobedank, der nach Stefan Bonnkirchs erfolgreichen Aufsetzer zum 28:29 in den Winkel traf. 150 Sekunden vor dem Ende trug sich Stefan Bonnkirch nochmals in die Torschützenliste ein. Die Spannung stieg ins schier Unermessliche, nachdem Vladimir Temelkov den 29:30-Anschluss hergestellt hatte. Der Mazedonier rückte dann nochmals in den Mittelpunkt. Nach einem Freiwurf von Christian Dissinger, den Nikola Marinovic parierte, kam Evgeni Pevnov an das Arbeitsgerät. Auf ziemlich rustikale Art ging Vladimir Temelkov den TSG-Kreisläufer an, der den Ball verlor. Das Spiel lief weiter und auf der gegenüberliegenden Seite erschallte der Pfiff. Die Ausgleichschance per Siebenmeter ließ sich Benjamin Herth nicht entgehen, und der 25-Jährige sorgte für das 30:30, bei dem es auch blieb.
Stimmen zum Spiel:
TSG-Trainer Thomas König: “Wir wollten gewinnen. Ich denke, als Aufsteiger ist das unterm Strich ein gewonnener Punkt. Wir haben gezeigt, dass wir in der ersten Liga punkten können. Jetzt müssen wir noch zeigen, dass wir auch gewinnen können. Betrachtet man die Endphase des Spiels, war es aber ein verlorener Punkt, denn die Möglichkeiten zu gewinnen waren da. Wenn Dietrichs Wurf kurz vor dem Ende ins Tor geht, gewinnen wir das Spiel. Oder als Pevnov ein Abpraller zu fassen bekommt, aber gestört wird. Als wir mit zwei Toren führen, kassieren wir zwei einfache Tore. Insgesamt überwiegt aber die Freude über den Punktgewinn. In der zweiten Halbzeit haben wir gezeigt, dass wir in der Liga angekommen sind. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, sie hat ein tolles Spiel abgeliefert. Überragend bei uns die Leistung von Stefan Bonnkirch, der das Letzte aus sich herausholt. Er ist ein ganz wichtiger Baustein.”
HBW-Coach Dr. Rolf Brack: “In der Anfangsphase hatten wir mit fünf Paraden eine gute Torwartleistung. Aber in der Folge hatten wir auf der Torhüterposition große Probleme. Ich bin mit dem einen Punkt zufrieden, und wir sind hier mit einem kleinen blauen Auge davongekommen. Die Abläufe auf der Mitte sind nicht klar und im Angriff werfen wir in der zweiten Halbzeit viermal den Ball beim Kontern weg. Die Saison wird eine ganz heiße Geschichte, darauf muss sich die Mannschaft einstellen.”
Benjamin Chatton, Manager des HBW: “Mit dem einen Punkt müssen wir zufrieden sein. In unserem Spiel war sehr viel Unsicherheit, und es ist offensichtlich, dass das Verständnis besser werden muss. Die Runde wird kein Selbstläufer. Marinovic hält vier Siebenmeter. Dann habe ich nicht verstanden, dass der Torwart beim 5. und 6. Siebenmeter gewechselt wurde.”
Christian Dissinger: “Den Start haben wir verschlafen. Nach 15 Minuten sind wir wach geworden und haben uns dann rangekämpft. Am Ende haben wir es verpasst, den Sack zuzumachen, wenngleich das Ergebnis vom Verlauf her gerecht ist. Dennoch ist der Punkt ein eher verlorener, weil wir hätten gewinnen können.”
Benjamin Matschke: “Das ist ein Punkt und fertig. Vom Spiel her bin ich zufrieden, man merkt eine Steigerung. Unsere Abwehr steht stabil, aber wir müssen noch hinzulernen.”
Die Statistik:
HBW Balingen: Marinovic, Zoubkoff; Lobedank (8), Herth (8/5), Sauer, Wilke (1), Ettwein (2), Schlinger, Strobel, Mitkov (1), Temelkov (2), Bürkle (3), Boisedu (4), Ilitsch (1); Trainer: Dr. Rolf Brack
TSG Friesenheim: Klier, Bender, Pfeiffer; Grimm (1), Dietrich (6), Müller (3), Pevnov (4), Matschke, Ancsin (1), Becker (3/2), Dissinger (5), Gaubatz, Bonnkirch (7); Trainer: Thomas König
SR: Ralf Damian (Bingen) & Frank Wenz (Mainz) ? Zuschauer: 2 150 ? Zeitstrafen (in Min.): 16:12, Mitkov (16.), Lobedank (16.), Bürkle (20.), Ilitsch (22.), Ettwein (24.), Herth (38. und 43.), Sauer (41.) – Pevnov (13.), Grimm (20.), Müller (23.), Dietrich (28.), Bonnkirch (52.), ? Siebenmeter: 6/5 : 6/2, Herth scheitert an Klier (15.) – Marinovic bleibt Sieger gegen Matschke (4.) und Grimm (5) sowie gegen Müller (17. und 22.) ? Team-Time-out: 28:07 – 15:15 und 58:43
Spielfilm: 3:0 (6.), 6:2 (10.), 9:4 (15.), 11:8 (22.), 13:11 (27.), 15:13 (HZ) – 17:17 (35.), 19:20 (41.), 22:23 (46.), 25:25 (50.), 27:29 (56.), 30:30 (EN)