Altrip / Metropolregion Rhein-Neckar – „Wir befinden uns idyllisch in der Sackgasse“, beschrieb das Bürgermeister Jürgen Jacob der grünen Europaabgeordneten Franziska Brantner bei ihrem Informationsbesuch in Altrip. Die junge Parlamentarierin, die seit vergangenem Juni die Metropolregion Rhein-Neckar in Brüssel und Straßburg vertritt, informierte sich dieser Tage beim Ortsoberhaupt und Vertreter der Bürgerinitiative „Hochwasser und Naturschutz“ (BIHN) über die Auswirkungen des geplanten, 70 Millionen Euro teuren Polders Waldsee/Altrip/Neuhofen.
Anhand von Kartenmaterial erläuterte die BIHN der Europaabgeordneten die Auswirkungen bei Polderflutung. Dabei wiesen sie insbesondere auf die Fluchtwegeproblematik, die verschlechterte Druckwassersituation und die unwiderrufliche Zerstörung der Naturschutzgebiete hin, in denen zahlreiche strenggeschütze Tierarten leben. Eine von zwei Verbindungsstraßen stünden unter Wasser. Der zweite Fluchtweg führt über den Rheinhauptdeich, der durch den zusätzlichen und kurz vor dem Bau befindlichen Rehbachpolder an der (Kreisstraße 7) bei längerem Hochwasser von zwei Seiten durchweicht wird. Und da der Wasserstand im Polder vier Meter über Ortsniveau liegt, wäre die Zeit für eine Evakuierung im Falle eines Deichbruchs minimal.
Schon jetzt steigt das Grundwasser, bei längerem Rheinhochwasser an die Geländeoberfläche., wissen die Anwohner aus leidvoller Erfahrung. Nirgendwo sonst sei eine Gemeinde so direkt betroffen von einem Polderbau wie hier, erklärt der Fraktionsvorsitzende der Grünen im örtlichen Gemeinderat, Toni Krüger. Wenn jetzt noch einmal 124 Hektar, das entspricht zwölf Prozent der Gemarkungsfläche, als Polder ausgewiesen werden sollen, werden die Gebäude der Hausbesitzer noch über das bisherige Maß hinaus in Mitleidenschaft gezogen, unterstrich Bürgermeister Jacob.
„Kein Wunder, dass sich die Leute wehren“, so Franziska Brantner, die die Ängste der Altriper ernst nimmt. Es sei gut, dass das Bundesverwaltungsgericht vor knapp zwei Monaten entschieden habe, sich der Sache anzunehmen, weil sie von „grundsätzlicher Bedeutung“ sei. Da nun der Europäische Gerichtshof dazu Stellung nehmen soll, könnte endlich der Naturschutz eine Chance haben, hofft Bürgermeister Jacob.
Durchaus vorstellbar, so die Europaabgeordnete, dass der Planfeststellungsbeschluss, weil die naturschutzrechtlichen Vorgaben nicht ausreichend berücksichtigt wurden, an einem schwerwiegenden Fehler leidet. Zumal auch keine alternativen Standorte geprüft worden seien. Außerdem nimmt die geplante Hochwasserrückhaltung gleich mehrere Flora-Fauna-Habitat- und Vogelschutzgebiete in Anspruch. Auf alle Fälle, kündigte Franziska Brantner es an, wird Sie in Kürze eine Anfrage an die EU-Kommission in Sachen Altrip richten. Die soll herausfinden, ob die Planungen konform mit den neuen europäischen Hochwasserrisikomanagementrichtlinien sind, die seit dem 1. März dieses Jahres auch für Deutschland gültig sind und ob es nicht eine Neubetrachtung im Hinblick auf Hydrologie, Natur- und Umweltschutz geben muss.