Ludwigshafen / Rhein-Neckar – Patienten brauchen mehr Rückzugsmöglichkeiten – Abteilung für Psychiatrie im Krankenhaus „Zum Guten Hirten“ dauerhaft überbelegt – Antrag auf Planbettenerhöhung gestellt
Die Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Ludwigshafener Krankenhaus „Zum Guten Hirten“ ist seit ihrem Bestehen dauerhaft ausgelastet oder gar überbelegt. Betrug die Belegung im vergangenen Jahr noch 113 Prozent, ist sie in diesem Jahr bisher auf 121 Prozent angestiegen. In Spitzenzeiten sind die drei Abteilungen mit 130 Prozent belegt. Aus diesem Grund hat das Krankenhaus jetzt beim Sozialministerium einen Antrag auf Planbettenerhöhung gestellt. Chefarzt Dr. Jörg Breitmeier rechnet sich gute Chancen aus, dass der Antrag genehmigt wird. Dann wird es statt der bislang 60 Betten 74 geben, die Zahl der teilstationären Betten soll um vier auf 24 erhöht werden. Diese Erweiterung würde Entlastung auf allen Gebieten schaffen, darüber ist sich Breitmeier mit seinem „hochmotivierten Team“, bestehend aus Ärzten und Pflegepersonal, Therapeuten und Sozialarbeitern, einig. Rein statistisch würde das Krankenhaus dann eine 100-Prozent-Belegung erreichen. Eine bauliche Veränderung würde die Erhöhung nicht sofort nach sich ziehen, „aber zumindest würden wir für die Arbeit, die wir ohnehin leisten, dann auch bezahlt werden“, formuliert es Chefarzt Breitmeier. Das wiederum hätte zur Folge, dass das Personal entsprechend dem Bedarf aufgestockt werden könnte.
Eine Station, die in Spitzenzeiten mit 30 statt 20 Patienten belegt ist, fordert von allen Beteiligten viel ab, berichtet Pflegeleiterin Birgit Grossmann. In einem Dreibettzimmer werde ein viertes Bett aufgestellt zu Lasten einer Sitznische, im Aufenthaltsraum kommen Patienten unter, Rückzugsmöglichkeiten werden immer weniger, in Gemeinschafts- und Essensräumen werde es einfach eng. Auch die Gruppenangebote sind entsprechend anders zu organisieren. Dazu kommen die Patientinnen und Patienten, die ohnehin psychisch sehr angespannt sind und entsprechend wenig belastbar. „Vertrösten“ könne man sie in den seltensten Fällen, „wenn sie unsere Zuwendung brauchen oder frisch aufgenommen werden, dann muss alles sofort sein“, so die Erfahrung der Pflegeleiterin.
Für die durchweg hohe Belegung gibt es nach Aussage Breitmeiers keine einfache Erklärung. Das Krankenhaus ist für Ludwigshafen Vollversorger, also verpflichtet Patienten aus dem Einzugsgebiet aufzunehmen. In mehr als 30 Prozent der Fälle habe die Einweisung etwas mit Intoxikation oder Sucht zu tun; die Zahl der chronisch psychischen Erkrankung sei konstant, aber die Hemmschwelle, im Krankenhaus Hilfe zu suchen, sei gesunken. Dabei macht sich jetzt die Arbeit bezahlt, die bereits seit neun Jahren im „Guten Hirten“ geleistet wird: Patienten werden auch teilstationär und ambulant betreut, es werden verlässliche Bindungen aufgebaut, im Zweifelsfall kommen Kranke täglich zum Essen und zur Medikamentengabe; dadurch sei auch die Hemmschwelle geringer, von sich aus zu kommen, wenn die Betroffenen merken, dass sie alleine nicht mehr zurecht kommen. Die durchschnittliche Verweildauer konnte durch diese umfassende Arbeit radikal gesenkt werden auf jetzt nur noch 16 Tage. „Dafür kommen die Leute häufiger im Jahr zu uns“, ist Breitmeier mit der Entwicklung insgesamt zufrieden. (brid)