Edingen-Neckarhausen / Metropolregion Rhein-Neckar – Aktuelle Situation: Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat in einer Pressemitteilung am 10.10.2016 veröffentlicht, dass ein unerwünschter Stoff in den Neckar eingeleitet wurde. Dabei handelt es sich um Trifluoressigsäure, das sich in Verbindung mit Wasser in Trifluoracetat (TFA) wandelt. Davon sind alle Wasserwerke, die vom Uferfiltrat des Neckars beeinflusst sind, ab etwa Höhe Bad-Wimpfen betroffen.
Auch im Trinkwasser von Edingen-Neckarhausen wurden bei ersten Proben Nachweise von Trifluoracetat geführt. Im Amtlichen Mitteilungsblatt und auf der Gemeindehomepage haben wir darüber ausführlich informiert. Anbei sind die aktuellsten Messergebnisse der Wasserentnahmestellen im Gemeindegebiet:
Messergebnisse zum Herunterladen (PDF-Datei)
Darüber hinaus finden Sie auf unserer Homepage unter dem Stichwort „Trinkwasser“ (http://www.edingen-neckarhausen.de/index.php?id=132&L=0) in einer Übersicht weitere Ergebnisse der regelmäßigen Wasseranalysen der drei Pumpwerke in der Gemeinde.
Häufig gestellte Fragen und Antworten zum Thema:
>> Wie ist die Gesundheitsgefahr von TFA einzuschätzen?
Die Gesundheitsgefährdung durch TFA wird als sehr gering eingeschätzt. Trifluoracetat ist sehr gut wasserlöslich, mobil und stabil gegenüber Umwelteinflüssen. Daher ist laut dem Technologiezentrum Wasser , einem neutralen Institut des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW), keine Anreicherung von TFA in Lebewesen zu erwarten, d.h., der Stoff wird schnell wieder aus dem Körper ausgeschieden.
Hinweise darauf, dass bei den derzeit bekannten Höchstgehalten Verwendungseinschränkungen notwendig sind, liegen zu TFA nicht vor.
Schutzmaßnahmen wie z.B. abkochen des Wassers o.ä. sind nicht indiziert. Dennoch gehört der Stoff nicht ins Trinkwasser.
>> Gibt es einen Grenzwert für TFA?
Es gibt keinen vorgegebenen Grenzwert. TFA ist in der Trinkwasserverordnung 2001 sowie in der Verordnung zum Schutz der Oberflächengewässer 2016 (OGewV) nicht aufgeführt. Die Substanz ist nach bisheriger Kenntnislage nicht genotoxisch (erbgutschädigend). Verunreinigungen im Trinkwasser sind aber aus Versorgungsgründen zu minimieren
Das Umweltbundesamt hat TFA bereits 2008 als nicht relevanten Metabolit (nrM, gem. Pflanzenschutzgesetz) bewertet. Da die zum Zeitpunkt der Erstbewertung vorliegende Datengrundlage keine Aussagen zur subchronischen bzw. chronischen Toxizität zuließen, wurde zunächst ein gesundheitlicher Orientierungswert (GOW) für Trinkwasser von 1,0µg/l festgelegt. Der daraus abgeleitete Maßnahmewert liegt bei 10µg/l.
Nach Bekanntwerden der Belastungen im Neckar und Rhein wurde das UBA seitens der Umweltministerien Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gebeten, den GOW für TFA zu überprüfen und ggf. neu zu bewerten. Im Ergebnis der Überprüfung wurde der GOW für TFA Ende Dezember 2016 durch das UBA auf 3µg/l angehoben und im Januar 2017 neu veröffentlicht.
>> Was bedeutet „Maßnahmewert“?
Das Ministerium für Ländlichen Raum Baden-Württemberg hat aus dem GOW-Wert einen vorsorglichen Maßnahmewert von 10 Mikrogramm, also 10 Millionstel Gramm pro Liter (10 µg/l), abgeleitet. Der Maßnahmewert ist der Wert, ab dem Maßnahmen zur Minderung der Konzentration eines Stoffes eingeleitet werden.
>> Wie ist aktuell die Belastung?
Im Trinkwasser von Edingen-Neckarhausen wurden Proben am 29.09. und 25.10.2016 Nachweise von Trifluoracetat geführt und geringfügige Überschreitungen festgestellt.
Seitdem werden in regelmäßigen Abständen (derzeit alle 3 Monate) weitere Messungen durchgeführt, um die Entwicklung der Werte beurteilen zu können.
Am Berichtsanfang finden Sie die aktuellen Messergebnisse vom 14.03.2017.
>> Welche Maßnahmen zur Absenkung der TFA-Werte wurden bislang ergriffen?
Der Wasserversorgungsverband Neckargruppe, der das Trinkwasser fördert und an die Gemeinde zur Weiterverteilung liefert, wurde vom Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises aufgefordert, Maßnahmen zur Absenkung der TFA-Werte im Trinkwassernetz unter den gültigen Maßnahmewert von 10µg/l bis zum 31.12.17 zu ergreifen. Darüber hinaus ist eine Planung und die Durchführung von Maßnahmen zur schnellstmöglichen Absenkung der Werte unter den gültigen GOW (gesundheitlicher Orientierungswert) von derzeit 3µg/l bis spätestens 31.12.25 erforderlich. Der Wasserversorgungsverband Neckargruppe hat in Abstimmung mit der Gemeinde Edingen-Neckarhausen und dem Gesundheitsamt bereits am 11.10.2016 den Brunnen mit dem höchsten gemessenen Wert vorsorglich vom Netz genommen. Eine Reduzierung der TFA-Belastung durch Zumischung ( „verdünnen“) von weniger belasteten Brunnen, z.B. von Brunnen der Stadtwerke Heidelberg bzw. der MVV ist aus technischen Gründen leider nicht möglich. Daher wird der Wasserversorgungsverband voraussichtlich bis Ende 2017 die Wasserförderung einstellen müssen und den Wasserbedarf von Edingen-Neckarhausen vollständig von seinen beiden Verbandsmitgliedern Stadtwerke Heidelberg und MVV beziehen.
>> Wer ist der Einleiter und seit wann ist der Stoff im Neckar?
Da der Wert mangels Grenzwert und rechtlicher Vorgabe bisher nicht kontrolliert wurde, ist uns nicht bekannt, seit wann der Stoff im Neckar ist. Zuständig hierfür ist das Regierungspräsidium Stuttgart als Überwachungsbehörde. Laut Behörden steigt der Wert im Neckar ab der Höhe Bad Wimpfen an. Das Regierungspräsidium Stuttgart steht mit der als Verursacher der Einleitung festgestellten Firma Solvay Fluor GmbH in Kontakt. Laut Presseinformation wurden die TFA-Frachten im Abwasser der Firma Solvay zwischenzeitlich zwar reduziert, aber nicht gestoppt. Genaue Daten, insbesondere darüber welche Frachtmengen über welchen Zeitraum in den Neckar eingeleitet wurden, liegen der Gemeinde und dem Verband bislang noch nicht vor. Konkrete Aussagen hierzu wurden seitens der Gemeinde und des Verbandes beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft bzw. den nachgeordneten Behörden (RP) angefordert. Die Antwort steht noch aus.
>> Wo kommt der Stoff her?
Trifluoressigsäure wandelt sich im Wasser in sein Anion Trifluoracetat (TFA) um. Trifluoressigsäure wird u.a. als Lösungsmittel für Proteine in der Biotechnologie, bei der Reinigung von pharmazeutischen und biotechnologischen Produkten sowie in Laboren der chemischen Industrie genutzt.
>> Ist die TFA-Problematik Grund für die Erhöhung des Wasserbezugspreises zum 01.04.2017?
Ja. Die Gemeinde Edingen-Neckarhausen bezieht ihr Trinkwasser vom Wasserversorgungsverband „Neckargruppe“, einem Zweckverband, dem die Gemeinde Edingen-Neckarhausen, Heidelberg und Mannheim angehören. Mannheim hat in der Vergangenheit nur selten Wasser vom Zweckverband bezogen. Hauptabnehmer waren Heidelberg und Edingen-Neckarhausen zu jeweils ca. 50 %. Seit Bekanntwerden der TFA-Belastung im Oktober 2016 bezieht Heidelberg kein Wasser mehr vom Zweckverband, wodurch dieser Einnahmeausfälle von ca. 250.000 Euro zu verzeichnen hat. Der für die Unterhaltung der Pumpwerke und des Leitungsnetzes entstehende Aufwand, der im Rahmen der Gebührenkalkulation auf den Wasserbezugspreis umgelegt wird, muss nun also ausschließlich auf die Wassermenge, die an Edingen-Neckarhausen abgegeben wird umgelegt werden. Konnte die Gemeinde das Wasser bis 2016 für rund 0,27 Euro/m³ vom Wasserversorgungsverband beziehen, so hat sich der Bezugspreis ab 2017 auf rund 0,67 Euro/m³ erhöht. Dies führt zur Erhöhung der vom Endverbraucher zu zahlenden Wassergebühr ab 04/2017.
>> Was unternimmt der Zweckverband und die Gemeinde gegen die TFA-Belastung?
Der Verband hat neben den technischen Maßnahmen zum Fremdwasserbezug bereits rechtliche Schritte eingeleitet um Unterlassungs- und Schadenersatz-ansprüche gegen den Verursacher oder die Genehmigungsbehörde geltend zu machen. Ein solches Verfahren dauert erfahrungsgemäß jedoch sehr lange und der Ausgang ist ungewiss.
>> An wen kann man sich bei weiteren Fragen wenden?
Bei Fragen hierzu wenden Sie sich an die Gemeinde Edingen-Neckarhausen oder den Wasserversorgungsverband „Neckargruppe“.
Auskünfte erteilen Ihnen Elke Hugo, Telefon: 06203/808220, Arno Kaiser, Telefon: 06203/808247 oder Claus Göhrig Telefon: 06203/808222.